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Pranayama - Das Wissen über Prana, Teil 8



von Dr. Ralph Skuban


Im letzten Teil dieser Pranayama-Reihe haben wir uns Nadi Shodana, die reinigende Nasenwechselatmung, in verschiedenen Variationen angesehen: Als kurze energetische Reinigungspraxis mit nur neun Atemzügen bei freiem Fließen des Atems; und rhythmisiert mit einer kurzen Atempause (Kumbhaka) nach der Einatmung, wobei wir über vier Zählzeiten oder Matras einatmen, dann genauso lang hälten, um danach sechs Matras lang auszuatmen und nochmal zwei halten. Wir haben also mit einer Ratio von 4:4:6:2 geübt: Links ein, halten, rechts aus, halten, dann in umgekehrter Richtung. Wir wollen diese Praxis nun noch einen Schritt weiterführen und auf sanfte Weise ein weiteres Element der yogischen Atempraxis integrieren: Die Idee der Bandhas, spezieller Muskelaktionen während der Phase der Atemstille. Bevor wir das aber praktisch versuchen, ist es wichtig zu verstehen, warum die Yogis Kumbhakas und Bandhas üben.

Die alten Schriften berichten uns nichts von physiologischen Zusammenhängen im Kontext des Atmens. Sie atmeten einfach Vayu, Luft, und verbanden sich mit der darin vermuteten Lebenskraft Prana. In geradezu schwärmerischen Worten feierten sie die Wirkungen ihrer Übungen: „Das Wissen über Prana“, so heißt es in der Yoga Chudamani Upanishad, „ist das große Wissen.“ Und weiter: „Wer es hat, erkennt die Wirklichkeit.“ Über Sitkari, die „zischende Atmung“ heißt es in der Hatha Pradipika: „Durch diese Übung wird man ein zweiter Kamadeva (ein Gott der Liebe).“ Und Bhramari-Pranayama, bei dem man summend atmet, preist Svatmarama, der Autor der Hatha Pradipika, in überschäumenden Worten: „Diese Übung macht den Yogi zum König der Yogis, und der Geist taucht ein in Glückseligkeit.“ Wir mögen also Götter und Könige werden durch Pranayama. Das sind wahrlich keine kleinen Versprechungen, und sie dienten wohl primär dem Zweck, die Motivation für die intensive Atempraxis aufrecht zu halten, denn das Atmen ist immer schon der eigentliche Weg des Yoga gewesen und war, in Reinkultur geübt, eine anspruchsvolle Angelegenheit.


Pranayama - Das Wissen über Prana, Teil 8
© Spoortesh Honey/pexels.com


Prana, unserer Lebensenergie, steht im Zentrum der Praxis des Hatha-Yoga. Die Atempausen in Verbindung mit den Bandhas spielen dabei die entscheidende Rolle. Ich will es im Folgenden so kurz und konkret wie möglich halten im Versuch, das letztlich Unbegreifliche zu beschreiben, das die Atemarbeit des Yoga zu erreichen sucht, bevor wir uns dann selbst daran machen, „zu Königinnen und Göttern zu werden“.

Alles lebt. Alles ist Prana, sagt Yoga. Auch ich Du und ich. Die Tatsache, dass ich atme, beweist meine Lebendigkeit. Unsere Lebensenergie fließt in uns und durch uns in zahlreichen Gefäßen oder Nadis, feinste Strukturen, die mit den physischen Sinnen nicht erfasst werden können. Prana ist darin in beständigem Fluss und ermöglicht alle Lebensprozesse. Das Blut mag uns hier als ein Analogon dienen, auch der Fluss der Lymphe oder die Bewegung elektrischer Impulse durch unser Nervensystem. Dies freilich sind biophysische Vorgänge, Prana indes ist nicht physisch-materiell: Vielmehr ist es die Voraussetzung dafür, dass die biologischen Prozesse sich vollziehen können. Prana ist sozusagen proto-biologische Energie.


Ralph Skuban: Die Buteyko-Methode: Wie wir unsere Atmung verbessern für mehr Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alltag, Beruf, Yoga und Sport
Ralph Skuban (Autor)

Die Buteyko-Methode

Wie wir unsere Atmung verbessern für mehr Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alltag, Beruf, Yoga und Sport
Der russische Arzt Dr. Konstantin P. Buteyko (1923-2003) zählt zu jenen zu Lebzeiten nicht wahrhaft erkannten genialen Menschen, dessen Zeit offensichtlich erst heute gekommen ist! Der bedeutende Mediziner war vielleicht der tiefschürfendste Atem-Forscher, den der Westen jemals her-vorgebracht hat.
Dr. Buteyko erkannte aufgrund seiner Forschungsergebnisse, welche nachhaltigen Gesundheitsschädigungen durch ein permanent beschleunigtes und intensiviertes Atmen (Chronische Hyperventilation) eintreten. Die Ursachen dafür liegen in einer ungesunden Lebensweise, vor allem im täglichen Stress, dem die meisten Menschen ausgesetzt sind. Wird nun, so sein therapeutischer Ansatz, dieses falsche Atemverhalten korrigiert, treten außergewöhnliche Heilungen selbst lang-jähriger Erkrankungen auf.
Dr. Ralph Skuban, ein ausgewiesener Atem-Forscher und Pranayama-Experte, stellt Buteykos Ansatz in Theorie und Praxis vor. Er bezieht dazu auch die neueste Atem-Forschung mit ein und baut Brücken zu traditionellen Atemtechniken wie zum Beispiel im Yoga.
Die „Buteyko-Methode“ ist nicht nur eine wertvolle Ergänzung zu den bisher existierenden Atemtechniken, sondern ein revolutionärer Ansatz für mehr Gesundheit und Lebensqualität auf allen Ebenen - körperlich, emotional und geistig!


Yoga will nun mit Hilfe von Pranayama nicht weniger, als zur Quelle dieser Bewegung vorstoßen, die, obgleich alle Bewegung aus ihr kommt, selbst absolute Stille ist. Mit Hilfe von Atemprozessen möchten sie dazu die Prana-Bewegung in ihrem Körper temporär in eine völlige Ruhe überführen: Einen Moment lang soll sich im Kumbhaka keine Energie mehr bewegen. Es ist, wenn man so will, eine Art „Tod vor dem Tod“: Wo kein Vayu oder Prana mehr fließt, da ist auch kein physisches Leben mehr. Und wenn es gelingt, unsere physische Existenz einen Moment lang zu „suspendieren“ – quasi „in den Tod zu überführen“ – gelingt uns vielleicht ein Blick ins „Jenseits“, ins „Nicht-Physische“. Sogar auf den Grund des Seins selbst? Wer war ich, bevor ich geboren wurde? In der totalen energetischen Stille sucht Yoga nach der Essenz des Lebens.


 Prana, unserer Lebensenergie, steht im Zentrum der Praxis des Hatha-Yoga
© olia danilevich/pexels.com

In diesem Licht betrachtet ist das Üben langer Atempausen in Verbindung mit den Bandhas völlig konkludent: Wir schaffen Momente, in denen der Atem aufhört. Wir praktizieren zugleich muskuläre Verschlüsse, die alle Bewegung in unserem „Atemgefäß“ – Kumbhaka kommt von Kumbha, Gefäß – vorübergehend zum Erliegen bringen sollen. In diesem Ruhen nun will man zum Höchsten vordringen. Pranayama ist eine zutiefst spirituelle Praxis.

Doch auch unabhängig von diesen hochfliegenden Ideen, denen sicher nicht jeder etwas abgewinnen kann, ist das Üben von bewussten Atempausen heilsam: Richtig durchgeführt, lösen sie eine Entspannungsreaktion aus und, achtsam gesteigert, erhöhen sie unsere CO2-Toleranz, was der Gesundheit und Leistungsfähigkeit sehr zuträglich ist. Die Betonung der Kumbhaka-Idee im Hatha-Pranayama zeigt vor allen Dingen auch dieses: Nicht darum, viel zu atmen ging es den Yogis, sondern um das Weniger. Es lohnt sich, diese Idee auf sich wirken zu lassen …

Im Folgenden wollen wir nun versuchen, ein sanftes Kumbhaka und die Idee der Bandhas auf einfache Weise in unsere Praxis zu integrieren:



Wenn sich diese Art des Übens zu fordernd für dich anfühlt, du dich aber dennoch gerne mit Kumbhaka und Bandhas vertraut machen möchtest, kannst du offener und freier zum Beispiel auch so üben:



Und was manchmal auch sehr gut tut kann, ist ein so genannter Open Hold nach der Einatmung, das ist kein klassisches Hatha-Pranayama, wird aber von tibetischen Yogis geschätzt:


Denke bei alledem immer daran: Atmen ist kein Leistungswettbewerb. Es soll uns nähren und alles unterstützen, was uns im Leben wichtig ist. Genieße es und achte auf dich!

Beim nächsten Mal spüren wir den Bandhas noch etwas genauer nach. Bis dahin wünsche ich Dir viel Freude beim Atmen!

Herzlich, Euer Ralph




Dr. Ralph Skuban

Dr. Ralph Skuban
© www.skuban.de
 In der Philosophie des Ostens, in der Mystik überhaupt, fand RALPH SKUBAN die Tiefe des Suchens, um die es ihm geht; die Offenheit und Toleranz, die der institutionalisierten Religion zumeist fehlt, die Weisheit praktischer Psychologie – und dazu die Freude, eine tägliche Praxis in sein Leben zu integrieren. 

In den letzten Jahren begann RALPH SKUBAN Bücher zu schreiben und Seminare zu halten. "Östliche Philosophie ist keine trockene Theorie, sondern es geht ihr um die Frage nach einem guten Leben, nach Sinn und Tiefe, und vor allem um die Suche nach unserer spirituellen Essenz, dem inneren Licht, das eins ist mit dem Höchsten. Die Essenz der Upanischaden und aller mystischen Wege der Menschheit lautet: DAS bist du. Tat Tvam Asi."

Im November 2020 erschien sein neues Buch DIE BUTEYKO-METHODE. WIE WIR UNSERE ATMUNG VERBESSERN FÜR MEHR GESUNDHEIT UND LEISTUNGSFÄHIGKEIT IM ALLTAG, BERUF, YOGA UND SPORT

Direkt zur Website von Dr. Ralph Skuban: www.skuban-akademie.de

Instagramm-Adresse: @ralph_skuban


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