ANZEIGE
Atmen als Weg – Vom natürlichen Atmen zum Pranayama, Teil 7
von Dr. Ralph Skuban
Wenn Du diese Artikelserie zur Atemarbeit über die letzten Monate hinweg verfolgt und in die Praxis umgesetzt hast, hast Du bereits verschiedenste Facetten Deiner Atmung erlebt:

© Thirdman/pexels.com
- Die natürliche Zwerchfellatmung ist nicht nur die Basis jeder Atempraxis, sondern eines gesunden Atemprozesses überhaupt. Sie ist das Fundament. Es macht keinen großen Sinn, so meine ich, ohne diesen wichtigen Anker willentliche Veränderungen an unserer Atmung vorzunehmen.
- Die bewusste Erkundung und Weitung der Atemräume lässt uns die Bewegung des Atems erfahren, sowie den Raum, den er einnehmen kann. Die gezielte Weitung zeigt uns zudem, wie der Atem unserer Aufmerksamkeit folgt: Prana folgt Chitta, sagen die Yogis. Wo das Gewahrsein hinfließt, folgt ihm die Atmung. Der Geist ist der Reiter auf dem Pferd des Atems, wie die tibetischen Yogis uns lehren, beides innigst verwoben.
- Das Gleichmaß der Atmung (Samavritti), sowie dessen gezielte Verlängerung und Verlangsamung (Viloma, Dirgha) finden wir auch in modernen Atempraktiken (Slow Breathing und Paced Breathing), die zu trainieren ein Segen für unsere Herzgesundheit, Immunkraft und Stress-Resilienz sind. Das ist heute wichtiger denn je.
- Ab und an gehen wir wohl dosiert in die bewusste Atemfülle. Wir halten, solange wir uns gut damit fühlen und lassen schließlich in die Ausatmung los, um somatisch gespeicherten emotionalen Schmerz oder Spannung gehen zu lassen. Schicht für Schicht glätten wir die Spuren, die das Leben in unserem Geist und Körper hinterlässt. Befreiende Erfahrungen werden möglich.
- Die Rhythmisierung der Atmung (Gati Viccheda), sowie dessen spontanes Versiegen (Kevala) sind ein Geschenk der Stille, in der wir solange verbleiben, bis der natürliche Atem von selbst wieder kommt, neu geboren wird. Eine kreative und nährende Pause im Zyklus von Kommen und Gehen.
In ihrer Gesamtheit bilden diese Praktiken einen vollständigen Atemweg ab, der für ein ganzes Leben reicht: Übungen, die die Menschen unseres Kulturkreises gut und mit Gewinn durchführen können, sei das Ziel Wohlsein und Gesundheit oder auch das Erforschen unseres Wesens: Woher kommt der Atem? Woher kommt das Leben? Woher komme ich? Wer BIN ich? Mach Dir bitte dieses bewusst: Allein die Praxis des natürlichen Atmens schon – regelmäßig zwei mal zehn Minuten am Tag geübt – kann Dir helfen, spürbar mehr Bewusstheit, Kraft, innere Ruhe und Gesundheit zu erfahren. Buddha hat so geatmet. Ganz natürlich. Von der Nase nach unten in den Zwerchfellraum. Langsam. Loslassend. Leise. Nur das. Natürlich atmen.
Dieses Natürlich-Sein ist zur großen Herausforderung unserer Zeit geworden, denn wir leben in einer denaturierten Welt, von uns selbst so geschaffen. Wir zivilisieren uns zu Tode, wie der Autor Christoper Ryan es in seinem neuen Buch Civilized To Death so treffend auf den Punkt bringt. Der Atem spiegelt uns das, er fließt nicht mehr gleichmäßig und weich, leise und entspannt. Lassen wir uns wirklich auf das Natürlich-Sein ein, so ist dies schon ein vollständiger Atemweg in sich – Atmen wie ein Neugeborenes. Laotse, der das Tao Te King verfasst hat, hätte seine wahre Freude mit uns! Und ebenso Patanjali, den man in Yogakreisen kaum mehr vorstellen muss. Erst wenn wir vertraut damit sind, was natürliche Atmung bedeutet, was sie ist und wie sie sich anfühlt – wenn sie zu unserer Regelatmung im Alltag geworden ist – können wir gut damit beginnen, in den Atemprozess einzugreifen (so wir das dann noch wollen). Und was die alten Yogis anlangt: Sie tun das auf vielfältige Weise:
Sie verändern Rhythmik und Tempo. Sie loten die Möglichkeiten ihrer Atemräume aus, von maximaler Fülle bis hin zur totalen Leere. Sie atmen leise oder bewusst geräuschvoll, meistens durch die Nase, selten auch mal durch den Mund. Sie halten den Atem an – in der Fülle oder Leere bis zur Grenze des Möglichen oder in der natürlichen Mitte zwischen Ein- und Ausatmung. Sie arbeiten bisweilen kräftig und schnell mit dem Zwerchfell, alternieren den Strom des Atems, setzen gezielte Muskelaktionen und verbinden Summen oder Chanten mit der Atmung. Sie atmen entlang innerer energetischer Wege, beten, visualisieren usw. usf. – ein Panoptikum an Möglichkeiten. So nimmt es nicht Wunder, dass die klassischen Schriften des Hatha Yoga das Atmen als ihre Kernpraxis beschrieben und den Übenden ans Herz legten, sich täglich mehrere Stunden darin zu üben.
Soviel üben heute freilich die wenigsten. Dennoch können wir diese Ideen in die Praxis umsetzen, etwas sanfter vielleicht, als im alten Indien. Die wohl bekannteste aller yogischen Atemübungen ist Nadi Shodana. Mit dieser Atempraxis eröffnet die Hatha Pradipika ihr zweites Kapitel, das ausschließlich von Pranayama handelt – Übungen, denen wir in den folgenden Artikeln dieser Serie nachspüren wollen. Nadi Shodana heißt wörtlich „Reinigung der Nadis“ oder Energiekanäle. Im Praxisteil dieses Beitrags möchte ich Euch eine einfach zu übende Variation dieser Übung zeigen, die aufbaut auf dem, was wir nun schon über das Atmen erfahren haben.

© Ivan Samkov/pexels.com
Nadi Shodana – Variation 1: Neun reinigende Atemzüge
- Setze Dich bequem aufrecht hin. Die Betonung liegt hier auf bequem. Die Aufrichtung ist mehr innerlicher Natur als äußere Form. Sitze auf dem Boden oder auf einem Stuhl. Lehne Dich an, wenn Du Dich besser damit fühlst. Wichtig ist allein, dass der Oberkörper nicht zusammensinkt, damit Zwerchfell und Lunge Raum finden.
- Gebe Dir ein, zwei Minuten Zeit, Deinen Körper bewusst zu fühlen. Sinke mit Deinem Gewicht auf die Sitzunterlage. Wachse mit dem Oberkörper etwas in Richtung Himmel. Öffne sanft Deinen Herzraum. Entspanne Kiefer, Gesicht und Schultern.
- Nun beobachte ein wenig Deinen Atem – zum Beispiel mit einer der Atembeobachtungen, die ich in dieser Serie beschrieben habe. Ein oder zwei Minuten genügen.
- Nun beginne damit, den Atemstrom zu verändern: Schließe das rechte Nasenloch mit den Fingern der rechten Hand und mache drei Atemzüge allein durch das linke Nasenloch. Erlaube dem Atem, natürlich zu fließen in Rhythmus und Größe.
Ralph Skuban (Autor)
Die Buteyko-Methode
Wie wir unsere Atmung verbessern für mehr Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alltag, Beruf, Yoga und Sport
Der russische Arzt Dr. Konstantin P. Buteyko (1923-2003) zählt zu jenen zu Lebzeiten nicht wahrhaft erkannten genialen Menschen, dessen Zeit offensichtlich erst heute gekommen ist! Der bedeutende Mediziner war vielleicht der tiefschürfendste Atem-Forscher, den der Westen jemals her-vorgebracht hat.
Dr. Buteyko erkannte aufgrund seiner Forschungsergebnisse, welche nachhaltigen Gesundheitsschädigungen durch ein permanent beschleunigtes und intensiviertes Atmen (Chronische Hyperventilation) eintreten. Die Ursachen dafür liegen in einer ungesunden Lebensweise, vor allem im täglichen Stress, dem die meisten Menschen ausgesetzt sind. Wird nun, so sein therapeutischer Ansatz, dieses falsche Atemverhalten korrigiert, treten außergewöhnliche Heilungen selbst lang-jähriger Erkrankungen auf.
Dr. Ralph Skuban, ein ausgewiesener Atem-Forscher und Pranayama-Experte, stellt Buteykos Ansatz in Theorie und Praxis vor. Er bezieht dazu auch die neueste Atem-Forschung mit ein und baut Brücken zu traditionellen Atemtechniken wie zum Beispiel im Yoga.
Die „Buteyko-Methode“ ist nicht nur eine wertvolle Ergänzung zu den bisher existierenden Atemtechniken, sondern ein revolutionärer Ansatz für mehr Gesundheit und Lebensqualität auf allen Ebenen - körperlich, emotional und geistig!
Dr. Buteyko erkannte aufgrund seiner Forschungsergebnisse, welche nachhaltigen Gesundheitsschädigungen durch ein permanent beschleunigtes und intensiviertes Atmen (Chronische Hyperventilation) eintreten. Die Ursachen dafür liegen in einer ungesunden Lebensweise, vor allem im täglichen Stress, dem die meisten Menschen ausgesetzt sind. Wird nun, so sein therapeutischer Ansatz, dieses falsche Atemverhalten korrigiert, treten außergewöhnliche Heilungen selbst lang-jähriger Erkrankungen auf.
Dr. Ralph Skuban, ein ausgewiesener Atem-Forscher und Pranayama-Experte, stellt Buteykos Ansatz in Theorie und Praxis vor. Er bezieht dazu auch die neueste Atem-Forschung mit ein und baut Brücken zu traditionellen Atemtechniken wie zum Beispiel im Yoga.
Die „Buteyko-Methode“ ist nicht nur eine wertvolle Ergänzung zu den bisher existierenden Atemtechniken, sondern ein revolutionärer Ansatz für mehr Gesundheit und Lebensqualität auf allen Ebenen - körperlich, emotional und geistig!
- Nach drei Atemzügen öffne das rechte Nasenloch und verschließe links. Atme drei Atemzüge durch das rechte Nasenloch. Lass nichts mechanisch geschehen, alles so bewusst, wie Dir das möglich ist. Gedanken werden kommen. Das ist ok. Bringe einfach Dein Gewahrsein immer wieder zurück zum Atem.
- Nun mach drei Atemzüge durch die ganz geöffnete Nase, ganz entspannt. Das ist ein Zyklus: Neun Atemzüge. Dreimal links, dreimal rechts, dreimal durch beide Nasenlöcher.
- Nun spüre nach. Fühlst Du irgendwo Offenheit? Leichtigkeit? Entspannung? Vor allem das nimm wahr! Aber sag ‚Ja‘ zu allem, was Du spürst. Wenn Du mehr Zyklen atmen möchtest, wunderbar. Doch schon dieser eine schafft mehr Raum, mehr Fokus, mehr Da-Sein.
Nadi Shodana – Variation 2: Rhythmisierung und kurzes Kumbhaka
- Sitze bequem. Nimm Deinen Körper wahr. Beobachte eine Minute lang die natürliche Atmung.
- Dann verschließe das rechte Nasenloch und atme durch das linke ein. Nach der Einatmung verschließe links, öffne rechts und atme aus. Atme rechts wieder ein und über links wieder aus. Du alternierst den Atemstrom zwischen links und rechts. Mach das ein paar Atemzüge lang, bis Du Dich ins Atmen eingefunden hast.
- Nun rhythmisiere die Wechselatmung mit der 4:4:6:2-Idee aus dem letzten Heft: Über die Einatmung hinweg zähle innerlich bis vier, dann verschließe beide Nasenlöcher und bleibe genauso lang im Atemanhalt (Kumbhaka).
- Dann öffne rechts und atme über sechs Zählzeiten aus, zwei verbleiben dann noch für eine kurze, natürliche Pause nach der Ausatmung.
- Dann atme über rechts wieder ein, verschließe beide Nasenlöcher und halte wieder vier Zählzeiten, um dann über links auszuatmen.
- Dies ist ein Zyklus: Vier Zählzeiten (oder Matras, wie die Yogis sagen, in etwa werden das vier Sekunden sein) für die Einatmung, vier halten, dann folgt eine Ausatemphase von insgesamt acht Matras, wobei am Ende eine kurze Pause von etwa zwei liegt: 4:4:6:2
- Atme auf diese Weise fünf, zehn oder fünfzehn Minuten lang, gerne auch länger, wenn Du Dich wohl damit fühlst. Lass den Atemprozess so entspannt und unangestrengt sein wie möglich. Der Bauch bleibt weich. Gehe nur sanft in die Fülle, weniger ist oft besser als mehr. Der Fokus liegt auf dem Wechseln des Atemstroms, nicht auf der Fülle beim Einatmen. Erlebe den Rhythmus, spiele damit, passe ihn an, wenn nötig: Verkürze Ein- und Ausatmung, verlängere sie, wenn Du möchtest.
Sei immer im Spüren, wenn Du atmest (im Pranayama, wie auch im Alltag: Atembewusstheit bringt Bewusstheit in jeden Akt des Lebens). Und bleib nicht nur in der Atemwahrnehmung, sondern fühle den Körper als eine Ganzheit. Atme in jede Zelle. Spüre. Fühle. Und vor allem: Genieße es!
Bis zum nächsten Mal, Euer Ralph
- Wenn Sie diesen Drink 7 Tage lang zu sich nehmen, werden Sie leichter Pfunde verlieren.
- „PEOPLE PLEASING – Wie du den Mut findest, für dich selbst einzustehen“
- Astrophilosophie: Abenteuer Beziehungsleben: Sinnvolle Kommunikation

In den letzten Jahren begann RALPH SKUBAN Bücher zu schreiben und Seminare zu halten. "Östliche Philosophie ist keine trockene Theorie, sondern es geht ihr um die Frage nach einem guten Leben, nach Sinn und Tiefe, und vor allem um die Suche nach unserer spirituellen Essenz, dem inneren Licht, das eins ist mit dem Höchsten. Die Essenz der Upanischaden und aller mystischen Wege der Menschheit lautet: DAS bist du. Tat Tvam Asi."
Im November 2020 erschien sein neues Buch DIE BUTEYKO-METHODE. WIE WIR UNSERE ATMUNG VERBESSERN FÜR MEHR GESUNDHEIT UND LEISTUNGSFÄHIGKEIT IM ALLTAG, BERUF, YOGA UND SPORT
Direkt zur Website von Dr. Ralph Skuban: www.skuban-akademie.de
Instagramm-Adresse: @ralph_skuban
Magst Du, was wir bei LEBE-LIEBE-LACHE schreiben? Willst Du uns helfen, Menschen zu erreichen, denen das auch gefallen könnte? Wie? Ganz einfach: "teilen". Wir freuen uns sehr über Deine Wertschätzung.
ANZEIGE

Dr. Ralph Skuban: Pranayama - Teil 9

Pranayama - Das Wissen über Prana, Teil 8

Pranayama - Die großen Ziele der Atemarbeit im Yoga, Teil 6

Pranayama - Die Kraft des Absoluten, Teil 5

Pranayama - Atemübungen die unsere Resilienz stärken, Teil 4

Pranayama - von der Atembeobachtung zu gezielten Erkundung und Weitung der Atemräume - Teil 3

Pranayama - von der Atembeobachtung zu gezielten Erkundung und Weitung der Atemräume - Teil 2

Pranayama – das Herz des Yoga – Teil 1

Gott wohnt in der Stille des Atems

Wie wirklich ist die Wirklichkeit?

Drei Zustände des Bewusstseins

Ich weiß, dass ich unsterblich bin
Weitere Artikel:

Idealisiert, die 3 weiblichen Archetypen – Naturelle

Aromatherapie – Bewährte Kraft aus der Natur

Blasenentzündung natürlich heilen

Fitness-Check: Mit 3 Fragen zu einem klaren Gesundheitsbild

Federn als Zeichen für Sanftheit und Leichtigkeit

„Peace-Food – Friedens-Essen“ - Ernährung und mehr…

Die kosmische Reise durchs Sonnensystem - Teil 1

THC und CBD – das ist der Unterschied

Handlettering: Das neue Gehirnjogging für geistige Fitness

Holunderbeeren-Saft: Ein Glas pro Tag wirkt Wunder

Wie aus Schmerzen Perlen werden

Konsum versus Spiritualität?

Weiße Ritter Narzissten – Der Narzisst, der dich retten muss

Zu früh kommen: Was steckt dahinter und was kann man tun?
ANZEIGE
Neueste Artikel:
Unsere Autoren
Unsere TOP Hotel-Empfehlungen
Diese Hotels haben wir für Sie besucht
Nicht verpassen: