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Pranayama - Atemübungen die unsere Resilienz stärken, Teil 4
von Dr. Ralph Skuban
Es war mein Plan, im vierten Teil dieser Serie – nachdem wir in den vorausgehenden Teilen über die Atembeobachtung gesprochen haben, über die Erkundung der Atemräume, sowie über vorbereitende Pranayama-Übungen wie Viloma und Dirgha – mich nun der Kernidee des Pranayama zuzuwenden, dem Atemanhalt, Kumbhaka, und den Bandhas. Doch in dieser Situation, in der eine Pandemie in bislang nicht gekannter Weise in unser aller Leben eingedrungen ist mit noch unabsehbaren Folgen; in einer Zeit, in der neben den gesundheitlichen Gefahren so viele von uns auch existenziell in ihrer wirtschaftlichen Situation bedroht sind; in einer Zeit also, die von Unsicherheit, Spannungen, Sorgen und Ängsten gekennzeichnet ist: da spüre ich, dass ich keinen Beitrag über Kumbhaka und die Bandhas schreiben kann.

© cottonbro/pexels.de
Vielmehr möchte ich diese Gelegenheit nutzen, euch Atem-Ideen mitzugeben, die eine Hilfe sein können im Umgang mit emotionalen Herausforderungen; Übungen, die unsere Resilienz stärken, unsere Fähigkeit also, mit schwierigen Situationen umzugehen; und eine Übung zur Stärkung der Immunabwehr. Man muss nicht erst ein lange Jahre übender Pranayama-Experte werden, um von Atemarbeit profitieren zu können. Es gibt Praktiken, die jeder – hier und jetzt und sofort – ausführen kann, um mehr Losgelöstheit zu erfahren und dem Leben mit mehr innerer Stärke zu begegnen.
Hinweis: Auf der Website unserer Akademie findest du kostenlose MP3-Audio-Downloads, extra für diesen Beitrag erstellt – eine kleine Gabe in diesen schwierigen Zeiten: www.kaivalya-yoga.de/audio-download
Übung 1: Resilienz aufbauen mit Slow Breathing
Resilienz bezeichnet unsere Fähigkeit, mit Stress umzugehen. Je höher sie ist, desto schneller erholt sich unser „Körper-Gefühle-Geist-System“ von Stress. Dazu möchte ich Euch eine Übung vorstellen, von der im Kern natürlich schon die alten Yogis wussten, doch gerade in neuerer Zeit ist zu diesem Thema auch wissenschaftlich geforscht worden. Ich spreche hier von der Idee des Slow Breathing, der langsamen Atmung also. Patanjali rät uns im Yogasutra, den Atem zu verlangsamen. Doch was bedeutet das konkret? Man hat jüngst in Studien herausgefunden, dass ein Atemrhythmus von etwa sechs Atemzügen in der Minute, ausgeführt in einem Verhältnis von 1 zu 1,5 für Ein- und Ausatmung, bei allen Übenden die Herzratenvariabilität signifikant steigert.
Die Herzratenvariabilität bildet, vereinfacht ausgedrückt, die Fähigkeit des Herzens ab, auf permanent sich verändernde Umstände und Einflüsse zu reagieren. Kein Herz tickt gleichmäßig wie eine Uhr. Tut es das doch, sind Krankheit und Tod nicht weit, sagen die Weisen des Tao. Ein gesundes Herz ist flexibel. Von Schlag zu Schlag ändert es subtil sein Tempo. Diese Fähigkeit kann man auch mit Bio-Feedback messen. Und man kann sie trainieren, indem man das so genannte Pacing der Atmung übt, also den Atem systematisch rhythmisiert. Dazu musst du nur zwei Mal zehn Minuten am Tag üben.
So geht die Praxis:
- Stelle ein Metronom auf 60 Schläge pro Sekunde ein. Wenn du eine Uhr hast, die man ticken hört, ist das ebenfalls perfekt geeignet.
- Atme über vier Schläge ein und über 6 Schläge atme aus. Das ist ein Verhältnis von 1:1,5. Wenn du nach Ein- und Ausatmung eine kleine Pause machst, integriere diese in dieses Pacing, das heißt die ganze Einatem-Phase dauert vier Sekunden, die Ausatem-Phase sechs.
- Atme ausschließlich durch die Nase ein und aus (das gilt auch für die anderen Übungen hier).
- Verstärke deine Atmung nicht und atme in den Zwerchfellraum. Um das zu überprüfen, mache Folgendes: Lege eine Hand auf den Brustraum unterhalb des Schlüsselbeins. Die andere Hand lege zwischen Bauchnabel und Brustbeinspitze ab. Der obere Atemraum sollte sich nicht (oder kaum) bewegen. Die Atemaktivität findet im Zwerchfellbereich statt (diaphragmatische Atmung).
- Wende auch keine Glottis-Kontraktion an (der Klang von Ujjayi), sondern bleibe im natürlichen Atem, lediglich das Pacing steuerst du bewusst.
- Auf diese Weise atme sanft und rhythmisch-fließend über zehn Minuten lang morgens und abends.
- Nach einiger Zeit wird dir das Timing in Fleisch und Blut übergegangen sein, so dass du das Metronom nicht mehr benutzen musst. Doch ist dieser hörbare „Beat“ auch ein guter Fokus, der eine meditative Erfahrung unterstützt. Die Welle des Atems reitet auf diesem rhythmischen Fluss.
- Nach der Praxis solltest du dich klarer, wacher und entspannter fühlen. Wenn du das Üben anstrengend findest, reduziere die Atmung, mache also die Atemzüge kleiner. Viele Yogaübende machen hier immer wieder den Fehler, die Atmung zu sehr zu forcieren. Doch das Forcieren ist nicht die Idee. Und zudem ist es nicht gesund. Lasse den Atem gerade in der Größe in dich einströmen, wie er sein will. Nicht mehr, nicht weniger.
- Du atmest, langsam, sanft, diaphragmatisch und im Rhythmus von 1 zu 1,5. Ein sehr genussvoller Prozess, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat.
Emotionalen Schmerz lösen durch Atem anhalten
Ich will hier eine Grundidee aus den tibetischen Praktiken des Yoga aufgreifen und eine sehr einfach zu übende, aber doch auch intensive Praxis daraus machen: Das Atmen, um emotionalen Schmerz zu lösen.
Schwierige Emotionen wie Angst, Ärger, Groll, Anhaftung und so weiter, sagen die Yogis Tibets, hindern uns daran, die natürliche Offenheit, Weite und Präsenz des Geistes zu erfahren – sie sind in diesem Sinne Blockaden oder Schleier unseres wahren Wesens. Wesenhaft aber sind sie nichts als (Lebens-)Energie, die sich staut. Wo Stauungen sind, findet sich ein energetischer Überschuss, andernorts im Körper dafür ein Mangel. Diese Dysbalancen sind die Ursache von Krankheit. Gesundung bedeutet die Lösung dieser Blockaden.

© Mikael Blomkvist/pexels.de
Dafür nutzt man im tibetischen Yoga vor allem den Atem. Die Grundtechnik der folgenden Übung ist einfach beschrieben: Fühle den Schmerz. Atme in diesen Schmerz ein und halte den Atem dort an, solange du kannst und dich gut damit fühlst. Dann atme aus, lasse los und spüre nach.
Hier die Übung im Detail:
- Sitze bequem und komme einen Moment zur Ruhe.
- Wenn es ein Thema gibt, das dich gerade belastet, wende dich diesem zu, das heißt: Machst du dir zum Beispiel über etwas Sorgen, dann richte darauf aktiv deine Aufmerksamkeit.
- Dies nun ist wichtig: Beim Gedanken an dein belastendes Thema nimm deinen Körper wahr. Wo und wie reagiert er? Jede Emotion hat ihren Spiegel im Physischen: Womöglich verengt sich dein Herz; vielleicht fühlst du einen „Knoten“ oder Druck im Hals; im Bauch; im Unterleib; eine Spannung im Rücken; unter den Schultern … spüre deinem Thema somatisch nach.
- Nicht um das Nachdenken oder Verbalisieren geht es hier, nicht um die „Story“, sondern um das Erfahren des Problems auf der energetischen, also körperlichen, Ebene. Wie sieht der Schmerz (hier: Sorge) im Körper aus? Nehmen wir an, es ist ein Druckgefühl in der Magengrube: Wie groß ist diese Schmerzregion? Welche Form hat der Schmerz? Welche Farbe und Textur? Nähere dich dem Schmerz auf physische Weise, fast so, als wäre er ein eigenes Wesen, ganz konkret, hinschauen und spüren.
- Wenn du ihn „hast“, den Schmerz, dann atme ein: mache einen Atemzug so groß wie du magst, ganz untechnisch, einfach einatmen. Nach der Einatmung halte den Atem an. Bleibe mit deiner Aufmerksamkeit am Ort des Schmerzes. Halte die Energie dort, so lange du unangestrengt kannst. Dann lass los. Atme aus. Und mit der Ausatmung fließt ein wenig – wie wenig auch immer! – von dieser Schmerzenergie aus dir heraus.
- Jetzt spüre nach: Gehe wieder hin an die Stelle des Schmerzes. Ist etwas leichter an diesem Ort? Oder anderswo in deinem Körper? Halte Ausschau nach Leichtigkeit, Lösung. Das nehme bewusst wahr. Verbinde dich damit. Du hast den Schmerz wahrgenommen, nun nehme die Lösung wahr. Verbleibe einen Moment so. Dann wiederhole die Übung. Mache sie so oft, wie du dich wohl damit fühlst.
Ich nenne eine Praxis wie diese Vergebung. Vergebung im Sinne eines Loslassens von Schmerz. Echte Vergebung ist die Wiederherstellung eines Zustandes, wie er vor dem Akt des Verletzens war. Nach der Vergebung ist wie vor der Verletzung. Fast wie nicht geschehen. Wieder so frei wie zuvor.
Ralph Skuban (Autor)
,
Patrick Broome (Vorwort)
Pranayama
Die heilsame Kraft des Atems
Die heilsame Kraft des Atems
Gebundenes Buch
Ralph Skuban widmet sich der Kunst des Pranayama, indem er die uralte Tradition in allen Einzelheiten darstellt und zugleich eine Brücke zur Yoga-Praxis des 21. Jahrhunderts schlägt. In einer Zeit, die von Hektik - und damit Kurzatmigkeit - geprägt ist, kommt der Beruhigung des Atems eine immense Bedeutung zu. Diese meisterhafte Studie stellt nicht nur eine brillante Abhandlung über die verschiedenen Atem-Übungen dar, sondern macht vor allem deutlich, welche segensreiche Wirkung die Beherrschung des Atems auf die Gesundheit ausübt.
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Ralph Skuban widmet sich der Kunst des Pranayama, indem er die uralte Tradition in allen Einzelheiten darstellt und zugleich eine Brücke zur Yoga-Praxis des 21. Jahrhunderts schlägt. In einer Zeit, die von Hektik - und damit Kurzatmigkeit - geprägt ist, kommt der Beruhigung des Atems eine immense Bedeutung zu. Diese meisterhafte Studie stellt nicht nur eine brillante Abhandlung über die verschiedenen Atem-Übungen dar, sondern macht vor allem deutlich, welche segensreiche Wirkung die Beherrschung des Atems auf die Gesundheit ausübt.
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Es sind nicht die großen Atemzüge, die uns Kraft und Stärke schenken, sondern das sanfte, stille Atmen. Dahinter liegt eine tiefgründige Wissenschaft.
Auch ohne ihr hier jetzt nachzuspüren, können wir die folgende Praxis machen:
- Du sitzt bequem. Nimm deinen Atem wahr. Lass alle Kontrolle los.
- Lass bewusst in jede Ausatmung hinein los. Erlaube der Einatmung zu kommen, wann sie kommen will. Werde zum passiven Zuschauer des Atemprozesses.
- Atme aus, lass los. Atme ein, erlaube. Gib dich diesem Geschehen hin.
- Je mehr du dich darauf einlässt, in die Ausatmung hinein loszulassen, und je besser es dir gelingt, den Einatmen nicht zu machen, sondern einfach geschehen zu lassen, umso weniger wirst du atmen. Die Atemzüge werden kleiner. Ruhiger. Aus diesem Weniger-Atmen kannst du Kraft schöpfen.
- Vielleicht werden die Atemzüge so wenig, so klein, dass du das Gefühl erlebst, mehr atmen zu wollen, als du es im Moment tust. Das ist das Geheimnis! Entspanne dich in dieses Gefühl hinein. Wieviel musst du atmen, um zu leben in diesem Moment?
- Bleib 5 bis 10 Minuten dabei.
Beim Atmen kommen wir uns selbst sehr nah. Er ist das größte Geschenk des Lebens. Welch bittere Tatsache, dass jene Pandemie, die eine solche Macht entfaltete, gerade den Atem des Menschen angreift. Gehe in eine regelmäßige Atempraxis. Das hilft und heilt.
Soviel für dieses Mal. Passt auf Euch auf und lasst es Euch gutgehen!
Euer Ralph
DR. RALPH SKUBAN

In den letzten Jahren begann RALPH SKUBAN Bücher zu schreiben und Seminare zu halten. "Östliche Philosophie ist keine trockene Theorie, sondern es geht ihr um die Frage nach einem guten Leben, nach Sinn und Tiefe, und vor allem um die Suche nach unserer spirituellen Essenz, dem inneren Licht, das eins ist mit dem Höchsten. Die Essenz der Upanischaden und aller mystischen Wege der Menschheit lautet: DAS bist du. Tat Tvam Asi."
Direkt zur Website von Dr. Ralph Skuban: www.skuban-akademie.de
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