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Dr. Ralph Skuban: Pranayama - Teil 9



von Dr. Ralph Skuban

Im vergangenen Beitrag dieser Reihe haben wir uns den Bandhas zugewandt, den Muskelaktionen während der Atempausen im Pranayama, die man im traditionellen Hatha Yoga nicht nur als physische Handlungen begreift, sondern als Mudras oder Siegel, deren Qualität spirituell-energetischer Natur ist.


Dr. Ralph Skuban: Pranayama - Teil 9
© Oluremi Adebayo/pexels.com


Zwei der wichtigsten Siegel der Pranayama-Praxis haben wir beim letzten Mal vorgestellt und mit der Praxis von Nadi Shodana verbunden: Uddhiyana-Bandha, das Einziehen der Bauchdecke in der Atempause nach der Einatmung, um die natürliche Abwärtsbewegung von Apana-Vayu umzukehren und die Lebensenergie nach oben zu lenken. Und Jalandhara-Bandha, das Senken des Kopfes, das den natürlichen Aufwärtstrieb von Prana-Vayu umkehren will. Apana-Vayu nach oben, Prana-Vayu nach unten: In der Mitte, dem Ort von Samana-Vayu, begegnen sich diese beiden Energie-Aspekte und, so die Vorstellung des Hatha Yoga, kommen zur Ruhe. Wenn das geschieht, lässt uns Tirumular wissen, „regieren Geburt und Tod nicht mehr“. (Tirumandiram, 8. Jh.). Atemarbeit wird explizit als Werkzeug zur „Transzendenz des Körpers“ verstanden, wie T.V. Venkataram im Kommentar zu Tirumulars Schrift sagt. Das meint, zu erkennen – besser: konkret zu erfahren – dass wir mehr sind als dieses körperliche Gefäß aus Fleisch, Sehnen, Knochen und Blut. Es ist dies eine Erfahrung, wie sie Menschen manchmal im Kontext traumatischer Erlebnisse machen. Man spricht dann vom Phänomen der Nahtoderfahrung, die spirituell tiefgreifende Transformationen bewirken kann. Die eigene Unsterblichkeit zu erkennen: Nicht weniger als das sucht man im traditionellen Yoga.

Zwei weitere Siegel genießen im Hatha-Yoga-Pranayama große Wertschätzung. Das eine heißt Mulabandha und verfolgt dasselbe Ziel wie Uddhyiana: Gemeinsam möchten diese beiden Energie nach oben lenken. Großen Raum schließlich nimmt auch Khechari-Mudra ein, ein „Zungenverschluss“, dessen Ziel darin besteht, Soma oder Amrita, den „Nektar der Unsterblichkeit“, zu schmecken und spirituelle Glückserfahrungen zu machen …



Bevor wie versuchen, diesen Ideen auch praktisch nachzuspüren, möchte ich ein paar Gedanken zur Vorsicht vorausschicken:



Wer mit Hingabe über lange Zeit hinweg übt, mag vielleicht tiefe innere Erfahrungen machen
© Antoni Shkraba/pexels.com




Ralph Skuban: Die Buteyko-Methode: Wie wir unsere Atmung verbessern für mehr Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alltag, Beruf, Yoga und Sport
Ralph Skuban (Autor)

Die Buteyko-Methode

Wie wir unsere Atmung verbessern für mehr Gesundheit und Leistungsfähigkeit im Alltag, Beruf, Yoga und Sport
Der russische Arzt Dr. Konstantin P. Buteyko (1923-2003) zählt zu jenen zu Lebzeiten nicht wahrhaft erkannten genialen Menschen, dessen Zeit offensichtlich erst heute gekommen ist! Der bedeutende Mediziner war vielleicht der tiefschürfendste Atem-Forscher, den der Westen jemals her-vorgebracht hat.
Dr. Buteyko erkannte aufgrund seiner Forschungsergebnisse, welche nachhaltigen Gesundheitsschädigungen durch ein permanent beschleunigtes und intensiviertes Atmen (Chronische Hyperventilation) eintreten. Die Ursachen dafür liegen in einer ungesunden Lebensweise, vor allem im täglichen Stress, dem die meisten Menschen ausgesetzt sind. Wird nun, so sein therapeutischer Ansatz, dieses falsche Atemverhalten korrigiert, treten außergewöhnliche Heilungen selbst lang-jähriger Erkrankungen auf.
Dr. Ralph Skuban, ein ausgewiesener Atem-Forscher und Pranayama-Experte, stellt Buteykos Ansatz in Theorie und Praxis vor. Er bezieht dazu auch die neueste Atem-Forschung mit ein und baut Brücken zu traditionellen Atemtechniken wie zum Beispiel im Yoga.
Die �Buteyko-Methode� ist nicht nur eine wertvolle Ergänzung zu den bisher existierenden Atemtechniken, sondern ein revolutionärer Ansatz für mehr Gesundheit und Lebensqualität auf allen Ebenen - körperlich, emotional und geistig!



Am Beispiel von Surya Bedhana, einer klassischen Atempraxis, wollen wir nun versuchen, Jalandhara und Uddhiyana mit einem dritten Siegel, nämlich Mulabandha, zu verbinden, so dass die drei wichtigsten Bandhas im Pranayama gleichzeitig Anwendung finden, man spricht dann von Tri-Bandha.

Surya-Bedhana heißt wörtlich „Durchstechen der Sonne“. Svatmarama, der Autor der Hatha Yoga Pradipika (HYP) schreibt voller Begeisterung, das dies das beste aller Kumbhakas sei. Neben den spirituellen Zielen soll es die Stirnhöhlen reinigen, uns von Wurmbefall befreien und energetisch ausgleichen.



Die Grundtechnik ist sehr einfach. In Svatmaramas Worten:


„Setze dich auf ein schönes Sitzkissen, nimm eine bequeme Haltung ein, dann atme durch das rechte Nasenloch ein. Praktiziere Kumbhaka, so dass du es bis in die Nasenspitzen fühlen kannst, danach atme langsam durch das linke Nasenloch aus.“ (HYP 2.48-2,49).

Bequem sitzen also, rechts einatmen, den Atem halten, dann langsam über links ausatmen. Schauen wir das etwas genauer an und binden die Bandhas mit ein:


Ein abschließendes Wort noch zu Mula- und Uddhyana-Bandha, die heutzutage auch in manchen Asana-Stilen gerne – und bisweilen sogar exzessiv – Anwendung finden. Die Bandhas sind esoterische Energie-Ideen und haben in der Asana-Praxis eigentlich keinen Platz oder Sinn. Spricht man in der Asana-Praxis von Bandhas, handelt es sich um eine moderne Umdeutung alter Hatha-Ideen. Zweitens: Im modernen Yoga ist das Splinting weit verbreitet, wie ich immer wieder bei Schülern und Klienten erlebe: chronische Spannungen im Zwerchfellraum, die einem gesunden Atemprozess im Wege stehen. Aus verschiedenen Gründen sind hier vor allem Frauen betroffen, nicht nur im Yoga natürlich, doch unter Yoginis, die sich in ihrer Praxis angewöhnen, Spannung im Becken- und Bauchbereich zu halten, entwickeln sich häufig dysfunktionale Atemmuster. Eigentlich sollten sie das Loslassen im Becken- und Zwerchfellraum üben, mithin das Gegenteil dessen, was sie vielfach tun.


Die Bandhas sind esoterische Energie-Ideen und haben in der Asana-Praxis eigentlich keinen Platz oder Sinn
© Mikhail Nilov/pexels.com


Abschließend mag ich noch Brahmarandra erwähnen, der im 18. Jahrhundert Jyotsna, den in Indien bis heute am meisten geschätzten Kommentar zur Hatha Yoga Pradipika, verfasste. Er sieht Mulabandha kritisch, da es, häufig geübt, unsere Verdauung beeinträchtigt – ein Phänomen, das bei dysfunktionaler Atmung übrigens ebenfalls sehr verbreitet ist. (Beim nächsten Mal schauen wir uns an, was er den Übenden stattdessen empfiehlt.)

Atme und habe Freude dabei. Sei achtsam, spürend und bewahre Deine Neugier. Orientiere dich immer wieder auch an den klassischen Ideen, um zu verstehen, was die Yogis eigentlich suchten. Und frage dich ehrlich, ob Du diese Ziele teilen magst. Gestalte Dein Atmen und Üben immer so, dass es sich genussvoll anfühlt. Wo das nicht der Fall ist, passe Deine Praxis an. Im Zweifel setzte Dich einfach hin und spüre nur dem Atem nach. Auch das ist eine gute und vollwertige Atempraxis!

Herzlich, Euer Ralph



Dr. Ralph Skuban

Dr. Ralph Skuban
© www.skuban.de
 In der Philosophie des Ostens, in der Mystik überhaupt, fand RALPH SKUBAN die Tiefe des Suchens, um die es ihm geht; die Offenheit und Toleranz, die der institutionalisierten Religion zumeist fehlt, die Weisheit praktischer Psychologie – und dazu die Freude, eine tägliche Praxis in sein Leben zu integrieren. 

In den letzten Jahren begann RALPH SKUBAN Bücher zu schreiben und Seminare zu halten. "Östliche Philosophie ist keine trockene Theorie, sondern es geht ihr um die Frage nach einem guten Leben, nach Sinn und Tiefe, und vor allem um die Suche nach unserer spirituellen Essenz, dem inneren Licht, das eins ist mit dem Höchsten. Die Essenz der Upanischaden und aller mystischen Wege der Menschheit lautet: DAS bist du. Tat Tvam Asi."

Im November 2020 erschien sein neues Buch DIE BUTEYKO-METHODE. WIE WIR UNSERE ATMUNG VERBESSERN FÜR MEHR GESUNDHEIT UND LEISTUNGSFÄHIGKEIT IM ALLTAG, BERUF, YOGA UND SPORT

Direkt zur Website von Dr. Ralph Skuban: www.skuban-akademie.de

Instagramm-Adresse: @ralph_skuban



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