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Genussvolles Scheitern


von Chris Gust

„Was soll der Quatsch denn?“ fragst du dich vielleicht, „Wie soll ich denn genießen, dass etwas nicht so funktioniert, wie ich es gerne hätte?“

Das wären früher auch meine Überlegungen gewesen. Mit (m)einem viel zu hohen Perfektionsanspruch an mich selbst, war eigentlich nie auch nur ansatzweise etwas, das ich erreicht hatte, gut genug. Selbst wenn ich die Ziele erreichte, die ich mir gesteckt hatte, dachte ich dann sofort, dass das kein Grund sein könne, stolz zu sein, sondern dass ich das toppen müsste, schließlich könnte ich ja wohl noch mehr leisten, wenn ich das schon geschafft hatte. Mir war nicht beigebracht worden, auf meine Leistungen stolz sein zu dürfen, wie steht es mit dir? Eigenlob gar? Unmöglich. Es ist doch wohl selbstverständlich immer noch mehr zu geben, ehrgeizig zu sein und sich immer wieder anzustrengen, um Leistung zu bringen. So meine Erziehung.

Genussvolles Scheitern
© taiamint/unsplash

Gerade im Hinblick auf meine Angststörung war das in den ersten Jahren absolut kontraproduktiv mir selbst gegenüber. Da ich mich durch alles durchkämpfte, egal wie sehr es mir bevorstand, wie oft ich dabei Panikattacken hatte oder wie sehr mich diese Daueranspannung und die Angst vor der Angst schlauchte- etwas nicht zu tun, war für mich mit „Versagen“ gleichgesetzt und kam nicht in Frage.

Hatte ich mich dann wieder durch den Supermarkteinkauf gequält, mit zittrigem Körper, Schweißausbrüchen, Schwindel und dem allgegenwärtigen Fluchtimpuls meine Angst bekämpft - hätte hinterher zu dem Zeitpunkt zumindest stolz sein können, dass ich es geschafft hatte - zählte für mich nur, dass ich es nicht so „normal“ schaffte, wie ich selbst früher oder gefühlt alle (!) anderen Menschen.

Mein innerer Kritiker ist rund um die Uhr im Einsatz gewesen und war ganz und gar nicht „amused“, wenn ich auch nur ansatzweise ein leises Stimmchen in mir vernahm, das mir zuflüsterte: „Super, diesmal war dir gar nicht so schlecht.“

Noch schlimmer war es, wenn etwas, was ich mir so schön ausgemalt hatte und worauf ich hingearbeitet habe, nicht so funktionierte, wie ich es wollte, oder nicht so schnell, wie meine Ungeduld es forderte. Meines Zeichens eine begeisterungsfähige, wandelnde Lunte, sprudeln die Ideen in meinem Kopf oftmals über und es erschöpfte mich früher sehr, wenn ich dann auf ein Ziel losgegangen bin, auf halber Strecke aber das Funktionieren nur in Abhängigkeit anderer Umstände gewährleistet war, wie zum Beispiel, dass jemand, von dem ich eine Auskunft brauche auch die Zeit hat und sie sich auch noch nimmt, mir zu antworten.

Sehr häufig forderte ich mich selbst (unbewusst) derart zu Höchstleistungen heraus, dass ich mein Bauchgefühl nur mit einem vehementen Verdrängen in die Schranken weisen konnte. Damals wusste ich auch noch nicht, dass ich zusätzlich hochsensibel bin, dass ich mir eigentlich unbedingt immer auch die Erholungs- und Verarbeitungszeiten gönnen und nehmen müsste. Insgesamt eine ziemlich kräftezehrende Mischung.

Auf meinem Weg aus der Angst begegnete ich immer wieder Themen wie Dankbarkeit, Achtsamkeit und vor allem Selbstliebe.



Wie soll man denn aber bitteschön jemanden lieben, der ständig versagte?

Schließlich war ich diese blöde Angst immer noch nicht los.

Ich schaffte es nicht, sie zu „besiegen“, egal, wie oft ich mich ihr aussetzte, also konfrontierte. Erst durch die eben genannten Themen lernte ich, dass ich nicht gegen die Angst kämpfen muss, denn dadurch verschlimmert sich alles. Sie als Teil von mir anzunehmen, herauszufinden, was mir meine Seele damit sagen möchte, ehrlich zu reflektieren und - egal wie unbequem - überall hinzusehen, wo ich mich selbst verleugnet und dadurch immer mehr verloren hatte, war aber ein wirklich langwieriger und mit Rückfällen in meine alten Muster gespickter Prozess.

Wie soll man denn aber bitteschön jemanden lieben, der ständig versagte?
© kozyrka_kate/unsplash
Dennoch gelang es mir immer mehr, liebevoller mit mir umzugehen und meine Schwächen nicht mehr nur als negativ zu sehen, sondern auch, sie als Teil von mir anzunehmen. Das heißt nicht, dass man sich nicht in etwas verbessern oder an sich arbeiten soll. Das ist mehr eine Art Grundakzeptanz und Wertschätzung der wichtigsten Person im eigenen Leben: sich selbst!


Mit jedem Fünkchen Vertrauen, dass ich auf meinem Weg in mich und das Leben an sich (wieder-)gewann, wurde ich ruhiger und ausgeglichener. Gerade wenn ich merkte, dass meine Gedanken in die „falsche“ Richtung gingen, sprich, dass ich schon im Vorfeld mit dazu beitrug, dass mein Stresslevel durch meine Ansprüche zusätzlich in die Höhe schoss, hals mir Achtsamkeit dabei, dies zu erkennen und dann erst recht langsamer zu machen, auf mich zu hören. Ich zwang mich dann, mich daran zu erinnern, was in der Vergangenheit so Schreckliches passiert war, wenn ich dachte, ich hätte „nicht genug“ gegeben.

Im Rückblick fiel es mir zunächst leichter zu erkennen, dass sich in meinem Leben immer alles gefügt hat. Selbst die scheinbar größten Katastrophen sorgten dann für ein Lächeln auf meinem Gesicht, weil ich, wenn ich ganz ehrlich bin, immer daran gewachsen bin. Oftmals hat es sich sogar als Geschenk des Lebens erwiesen, weil sich etwas viel Besseres daraus ergeben hat, als ich angepeilt hatte.

Es war mir wichtig, diese Tatsache so zu verinnerlichen, dass ich sie ganz selbstverständlich abrufen kann und tatsächlich kann man das trainieren. Mittlerweile ist es so, dass ich zwar, gerade wegen meiner nach wie vor vorhandenen Ungeduld, manches Mal gerne an der Uhr drehen würde, mich aber schnell besinne und denke: „Mal sehen, wofür es gut ist…“ Auch mein Perfektionsstreben habe ich nicht abgeschafft, ich liebe es, mich zu verbessern, neue Ideen umzusetzen und mit voller Kraft auf neue Ziele zuzusteuern, aber nicht mehr auf meine eigenen Kosten.

Seien wir doch mal ehrlich: auch die größten Katastrophen deines Lebens hast du überstanden, sonst würdest du das hier nicht lesen, richtig?

Chris Gust - Was werden wir in die Zeit nach big C mitnehmen?
© Chris Gust


Warum nicht gleich darauf vertrauen, dass es gut werden wird?

Vielleicht passt der neue Job viel besser zu dir, als der, bei dem du nicht genommen wurdest? Möglicherweise ist der*die Traumprinz*essin für dich gar nicht gut genug? Es kann sein, dass eine Freundschaft auseinandergehen muss, damit eine neue Platz in deinem Leben hat und so weiter.


Natürlich hat das was mit Optimismus zu tun, aber hej, warum denn nicht?

Stellt sich mir heute also eine Herausforderung in meinen Weg, bin ich fast schon neugierig, was daraus entstehen wird. Ich lächle dem Leben entgegen und bin neugierig, wohin mich das führen wird, überzeugt, dass sich auch diesmal alles fügen wird.

Selbst wenn es bedeutet, im ersten Moment etwas „nicht zu bekommen“ oder gar zu „scheitern“- ich genieße es, bin neugierig. Ich habe endlich wieder gelernt, das Leben zu genießen und das kannst du auch!

Die besten Geschichten entstehen oft aus den verrücktesten Ideen, also probiere es einfach aus, alles, was das Leben dir bietet zu genießen. Lebe. Scheitere. Mache Fehler. Viele Fehler. Lerne. Genieße. Lache. Stolpere. Wachse. Und ganz wichtig: vertraue!

Love & light, Chris




Noch mehr Anregungen kannst Du übrigens in meinem ersten Buch „Du bist so viel mehr als Deine Angst“ nachlesen.

Schonungslos offen, immer mit einer Prise Galgenhumor, beschreibe ich meinen Weg aus dem Teufelskreis Angst & Panik und behandele das Thema genau so, wie es ist: emotional. 

Das Buch enthält Informationen und Übungen um die eigene Lebensqualität Stück für Stück zurück zu bekommen, endlich wieder Spaß am Leben zu haben und sich selbst annehmen zu können. Werke von Prominenten aus der Bilderserie „colours of SOUL of colours“, die im wahrsten Sinne des Wortes „Gesicht zeigen“ um in der Gesellschaft etwas an der Tabuisierung dieses Themas zu verändern sowie liebevolle Reminder regen zum Nachdenken an und erinnern immer wieder an das Wesentliche, was wir so oft übersehen. 

Im Buch vertraue ich dem Leser meine ganz persönliche Geschichte an, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass manchmal noch mehr dazu gehört als „nur“ eine Umprogrammierung der Gedanken in positive Richtungen: dass man eventuell genau da hinsehen muss, wo man es so gar nicht möchte um die eigenen Verhaltensmuster zu erkennen und zu verstehen.

Es richtet sich an Betroffene, indirekt Betroffene (Familie, Partner und Freunde) sowie hoffentlich ganz viele Neugierige, die offen genug sind, sich damit zu beschäftigen.

Zur Zeit schreibe ich mein zweites Buch, das ebenfalls im MAIN Verlag Edition Antheum spirit erscheinen wird und ein wichtiger Helfer für Menschen mit Angst & Panik sein wird.

Außerdem kannst du auf der Seite von „Mutruf“ – einander Halt geben e.V., dem Telefondienst für Panikler, noch weitere Infos und Verlinkungen finden. www.mutruf.de

 
CHRIS GUST

 

künstlerin   |   autorin   |   mutmacherin   |   vollherzmama   |   querdenkerin   |   mensch


Chris Gust
© Chris Gust
Aufgewachsen in einer niedersächsischen Kleinstadt zog es CHRIS GUST schon immer nach Hamburg, der Heimatstadt ihrer Eltern. Sie sieht Hamburg mit allen kulturellen Möglichkeiten und dem ganz besonderen hanseatischen Charme, der meist alles andere als "steif" ist, als "ihre" Stadt an und lebte einige Jahre mittendrin.

Mittlerweile lebt und arbeitet sie im nördlichen Speckmantel von Hamburg, weil sie die Natur und Ruhe zum Atmen und Arbeiten ebenso braucht, wie die Möglichkeiten in und die Nähe zur Stadt. Inzwischen mit tiefem Vertrauen darauf, dass sich im Leben alles fügt, plant und organisiert sie hier alles rund um ihr großes Ziel: Niemand soll sich mehr schämen müssen, wenn er an einer Angststörung leidet.

Websites von Chris Gust:
www.chris-heart.de  |  www.mutruf.de



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