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Den Verstand verlieren


von Sabrina Fox

Ich komme von einem Abendessen mit zwei Freundinnen zurück und wir sprechen über Veränderungen. Wir sind im gleichen Alter – mehr oder weniger 60 Jahre alt – und merken, dass nicht nur wir, sondern gefühlt unsere komplette Altersgruppe ihr Leben gerade umstellt oder umstellen möchte. Zusätzlich spreche ich seit Wochen mit meinem Liebsten und meinen beiden engsten spirituellen Freunden und auch bei ihnen stellt sich immer wieder die Frage:


Wie wollen wir JETZT leben?

Wir sind es gewohnt zu erschaffen, zu kreieren, weiter zu machen. Doch das bedeutet auch, dass wir darüber nachdenken was wir loslassen, was wir behalten und was wir neu entwickeln lassen möchten. Wie viel freie Zeit brauchen wir zwischen dem Loslassen und dem Neubeginn?


Zeit zum Nachforschen. Nachdenken. Dazu braucht es Stillstand. Ruhepausen. Rückzug.

Sabrina Fox: Den Verstand verlieren - Zeit zum Nachforschen. Nachdenken. Dazu braucht es Stillstand. Ruhepausen. Rückzug
© www.sabrinafox.com

Und in dem Rückbeziehen auf sich selbst, geht es auch um das Loslassen. Was genau wollen wir loslassen? Wenn wir beginnen unsere Lebenskraft aus bestimmten Dingen herauszuziehen, dann entsteht häufig eine Art Vakuum. Das Neue hat sich noch nicht eingestellt. Das Alte ist noch nicht weg, weil es uns eben auch ans Herz gewachsen ist – haben wir doch viel Zeit und Energie und Lebenskraft hineingelegt.

Wenn wir uns verändern, verändern sich unsere Lebensumstände. Manchmal allerdings verändern wir uns so schnell, dass unsere Lebensumstände kaum mehr nachkommen.

Ein Beispiel dazu ist mein Workshop-Raum, die Galerie Schwabing. Ich hatte mir vor Jahren diese Räume gekauft, in der schon eine Galerie war. Mir gefiel der Platz und obwohl ich ihn ja selbst nicht benutzen würde, sondern er weiterhin vermietet blieb, fühlte ich eine vertraute Nähe. Irgendwann – das wusste ich – würde ich die Räume selbst nutzen.

Einige Jahre später kündigte der Mieter. Das ist jetzt knapp zwei Jahre her und ich spürte die vertraute Begeisterung in mir: „Jetzt ist die Zeit gekommen. Ich werde diese Räume selbst nutzen.“ Und damit auch mein Liebster Stanko, um seine wundervollen Farbfelder dort auszustellen. Es schien ideal: Ich mache dort meine Workshops in meinen eigenen Räumen, eingerichtet mit meinem Geschmack und meiner Energie und Stanko hat für seine Bilder den passenden Rahmen in den Räumen dieser Galerie.

Seit knapp dreißig Jahren unterrichte ich in „fremden“ Räumen. Immer komme ich mit Salbei. Immer räuchere ich ihn aus. Für manche brauchte ich viel  Salbei. Manche Räume waren angenehmer als andere. Doch nie kam ich in einen Workshop-Raum und dachte: „Wie ideal, das passt perfekt.“ Doch das sollte jetzt anders werden. Ich wollte in ein Zuhause von mir einladen. Dazu beschäftigte ich mich mit den Räumlichkeiten in Schwabing. Sang darin, sass darin, meditierte darin – füllte diesen Raum auf mit meinem Sein; füllte ihn mit Intension, Liebe, Schönheit und Kraft.

Dann begann ich meine Kurse dort abzuhalten. Es fühlte sich wunderbar an! Stankos Farbfelder erfüllten den Raum mit Farbe und Licht. Jede und jeder schien sich wohlzufühlen. Es war ideal! Ich sang fast jeden Freitag Abend mit meiner Improvisations-Gruppe Munich-Impro-Pool und wunderbarer Klang füllte und blieb im Raum.


Die Sehnsucht unserer Seele Die Lust, den eigenen Weg zu finden - Vollständig überarbeitete Neuausgabe
Sabrina Fox (Autor)
Die Sehnsucht unserer Seele
Die Lust, den eigenen Weg zu finden - Vollständig überarbeitete Neuausgabe


Ab und zu vermietete ich ihn an Freunde, die ich schätzte und die ebenfalls diese Räume in dem Sinne benutzten, in dem sie gestaltet wurden. Das Geld welches ich für die Renovierung und Einrichtung ausgab, fand ich gut angelegt. Schließlich würde ich ihn lange und oft nützen.

So dachte ich.

Etwas mehr als ein Jahr später begann mein innerer Rückzug. Ich merkte kurz darauf, warum ich im Jahr davor Online-Kurse gestaltet hatte, damit meine Arbeit zur Verfügung stehen kann, selbst wenn ich es gerade nicht bin. Da ich spürte, dass ich mehr Stille, mehr Zeit alleine brauchte, stellte ich immer weniger Workshop-Angebote in der Galerie zur Verfügung. Im Oktober kommt mein neues Buch heraus („Wenn wir uns trennen, lernen wir uns kennen“ – ein Beziehungsbuch) und ich gebe dazu drei Workshops (Leipzig, Hamburg, Frankfurt) und habe nicht mal einen für die Galerie in München geplant.

Warum?

Ich zögere. Ich zögere den Raum zu behalten. Zögere aber auch ihn zu vermieten. Dies ist ein heiliger Raum geworden. Mein heiliger Raum. Mein Verstand sagt mir, dass es unpraktisch ist, so einen schönen Raum nicht häufiger zu nutzen. Unpraktisch und teuer. Grundsätzlich mag ich es nicht, wenn Dinge nicht benutzt werden. Wenn ich ihn schon nicht benutzte, dann sollen ihn wenigstens andere benutzen. So halte ich es auch mit den Dingen, die mir gehören. Wenn ich sie nicht benutze, gebe ich sie weiter, verschenke oder verkaufe sie.

Aber was mache ich nur mit der Galerie? Wem will ich den Raum vermieten?  Ich will nicht, dass es ein Büro wird. Möchte keine hektischen Meetings über Business as usual dort abgehalten wissen. Dafür wurde der Raum nicht gestaltet. Stanko und ich haben lange darüber gesprochen, was wir uns für diesen Platz wünschen und haben uns zu folgendem entschieden: Dies ist ein Raum für angenehmes und aufmerksames Sein. Schönheit. Weisheit. Klang. Freude. Kunst. Wer also hält ihn „heilig“ genug?

Sabrina Fox: Aber was mache ich nur mit der Galerie?
© www.sabrinafox.com

Ich habe Fotos von der Galerie gemacht. Ich habe sogar schon eine Text für Immoscout geschrieben. Es würde zwanzig Minuten dauern ihn reinzustellen. Ich habe zwanzig Minuten. Und doch stelle ich die Anzeige nicht rein. Ich warte noch.

Worauf ich warte? Auf den Impuls es auch zu tun. Ich kenne das Zögern in mir und schätze das Zögern. Wenn ich zögere, bleibe ich erst einmal stehen. Da gibt es etwas, das noch nicht geklärt ist. Das sich noch nicht entwickelt hat. Die Zeit dafür noch nicht gekommen ist.

Zusätzlich gibt es wie bei allem auch noch verschiedene Möglichkeiten: Ich kann die Galerie Schwabing ganz hergeben – und ganz loslassen – oder sie vielleicht nur an eine Mieterin, eine Mieter unter der Woche (Montag bis Freitag) vermieten – so dass ich ihn am Wochenende (wenn ich denn will) wieder selbst nutzen kann.

Wenn ich denn will …

Will ich denn?

Ich weiß es nicht. Ich weiß es noch nicht. Was ich weiß ist, dass ich jetzt keine Entscheidung treffen kann. Es fehlt noch etwas. Es fehlen Informationen. Informationen die ich vielleicht dann habe, nachdem ich im Herbst meine drei Workshops gegeben habe. Machen sie mir soviel Freude, dass ich das gestalten kann: Eigene Stille und ab und zu Kurse? Oder merke ich dann, dass es erst einmal Zeit ist, keine Kurse zu halten,  um mich ganz der eigenen Stille und dem Wachsein zu widmen?

War es ein Fehler die Galerie herzurichten, Sitzgelegenheiten extra machen zu lassen, Teppiche zu kaufen, Paravents, Rollos, Gläser, Tassen, Whiteboard zu besorgen und Flyer zu drucken? War es ein Fehler, verschiedene Möglichkeiten des Sitzens, des Bewegens und des Betrachten zu erschaffen? War es ein Fehler, soviel Zeit zu benutzen, darüber nachzudenken wie diese hundert Quadratmeter gestalten werden können, damit sich jede und jeder der hereinkommt wohlfühlt? War es ein Fehler stundenlang darüber zu sinnieren, was noch schöner, noch angenehmer, noch passender gemacht werden kann?

Es gibt keine Fehler – das weiß ich. Aber manchmal geht die Entwicklung schneller als gedacht. Was sich noch vor zwei Jahren, zwei Monaten, zwei Wochen oder zwei Tagen als „richtig“ anfühlte, kann jetzt schon anders sein. Es geht um das Offensein und Offenbleiben. Sich selbst immer wieder in Frage zu stellen. Der inneren Ausrichtung zu folgen – selbst wenn die Persönlichkeit sich die Haare rauft und fragt, ob wir jetzt völlig den Verstand verloren haben!

Ja. Wir haben den Verstand verloren. Wir haben ihn als einzigen Ratgeber verloren. Wir hören auf etwas anders. Etwas Tieferes. Wir hören auf unsere Seele. Das mag zwar im Moment keinen Sinn ergeben. Aber tut es im nachhinein eben immer.

Es gibt einen wundervollen bayerischen Ausspruch, der da heißt: „Schau ma moi.“ (Schauen wir mal.)

 

Ja, dann schauen wir mal …


Sabrina Fox
© www.sabrinafox.com
Sabrina Fox
erforscht seit knapp 30 Jahren Meditation und spirituelles & persönliches Wachstum. Seit dieser Zeit schreibt sie Bücher, (u.a. Bestseller wie: „Die Sehnsucht unserer Seele“, „Wie Engel uns lieben“) gibt Workshops, hält Vorträge und Online-Kurse und regt mit einer Mischung aus Offenheit, Wärme und Humor dazu an, den eigenen Seelenweg zu leben.

Es ist ihr ein Anliegen die eigene Weisheit, Intuition und Körperwahrnehmung als Kompass für ein erfülltes Leben zu erkennen. Sie absolvierte Ausbildungen als klinische Hypnosetherapeutin, Mediatorin, Konflikt-Coach, Rhythmustrainerin und studierte Bildhauerei und Gesang. Sie hat eine Tochter und zwei geschenkte Kinder und lebt mit dem Maler Stanko in und um München.

Direkt zur Homepage von Sabrina Fox: www.sabrinafox.com
 


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