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Die Stufen der Vergebung


von Dominik Umberto Schott


Vor ein paar Jahren war ich auf einem Trainer-Event in Tirol. Ein Kollege machte mit uns eine interessante Übung: den Inneren Kompass. Auf den Boden war ein Kreis gemalt, unterteilt in Segmente mit Begriffen wie Wahrheit, Absicht, Vertrauen…. und Vergebung. Im Kreis gehend reflektierten wir individuell jeden Begriff. Als ich beim Wort Vergebung stand, fiel mir absolut gar nichts ein. Wem sollte ich vergeben? Ich grolle niemandem, bin mit niemandem im Streit, hab keine offenen Rechnungen mit Menschen. Zuletzt hatte ich als Teenager meiner Mutter gegrollt, dass sie mich… ach, egal. Jedenfalls hatte ich ihr das mit Anfang 20 in einem sehr intensiven Ritual verziehen. Seitdem fand ich, war ich im Frieden mit allen. Vergebung? Danke, bin ich durch mit.

Es folgte eine Zeit intensiver innerer Arbeit – und ich erkannte, dass es doch eine Person gab, der ich zu vergeben hatte: mich selbst. – Das ist das härteste. Zumindest fiel es mir lange schwer. Mir zu vergeben für die nicht so schönen Dinge, die ich getan hatte. Für meine Unzulänglichkeiten, meine schlechten Angewohnheiten, die ich nicht in den Griff bekam. Wenn ich einen „Rückfall“ in alte Muster hatte, ertönte ein verärgerte Stimme in mir, die mir vorwarf: „Meine Güte, schon wieder so wenig wach! Es mangelt dir an geistiger Disziplin.“ Ein spirituelles Über-Ich.


Die Stufen der Vergebung
© Vie Studio/pexels.com


Es war ein langer Prozess, bis ich mit mir selbst einigermaßen milde sein konnte. Es mangelte mir nie an Selbstliebe – aber ich hatte (und habe teils heute noch) einen hohen Anspruch an mich selbst. Irgendwann wurde ich durch stille Selbstbeobachtung oft genug auf das Muster der Selbstgeißelung aufmerksam, dass es ausvibrieren konnte. Das war ein Durchbruch. Ich hatte weiterhin schwache Momente, beging Fehltritte oder Dummheiten. Aber ich haute mich nicht mehr in die Pfanne dafür – sondern nahm es nur nüchtern wahr. Ohne Wertung. So wurde den Mustern allmählich die Energie entzogen und sie konnten ausvibrieren. Schlechte Angewohnheiten sind in der Regel hartnäckig und verschwinden nicht von einem Tag auf den anderen. Aber wenn wir das warme Licht der stillen Beobachtung darauf richten, dann schmelzen sie wie Butter in der Sonne.

All diese Phasen gingen mir damals in Tirol durch den Kopf. Ich hatte meiner Mutter vergeben. Und – was deutlich schwieriger war – mir selbst. Mehr geht doch nicht, oder? Weit gefehlt. Ich hatte einen viel zu engen Begriff davon, was Vergebung ist. Kurze Zeit später stieß ich auf einen Satz, der mir schlagartig klarmachte, dass mein Vergebungsthema ganz woanders lag. Dieser Satz lautet: Forgiveness is letting go of the life you never had. Das traf mich.



Vergebung heißt, das Leben loszulassen, das du nie gelebt hast

Welches Leben hätte ich gerne gelebt? Viele. Warum bin ich nicht doch Musiker geworden? Oder schon früher ins Ausland gegangen? Immer wieder kreiste meine Fantasie um alternative Lebensentwürfe, die mir allesamt attraktiver schienen als mein aktuelles Leben. Und da war auch wieder das alte Thema der Selbstvergebung. Ohne dass es mir recht bewusst war, nahm ich mir diverse Entscheidungen in der Vergangenheit übel. Verpasste Chancen. Hätte ich damals nur… Warum war ich so blöd? – Tja, das Leben wird rückwärts verstanden, kann aber nur vorwärts gelebt werden. Doch die schwersten Vorwürfe machte ich nicht mir, sondern dem Leben selbst. Ich haderte mit meinem Schicksal. Warum hatte ich nicht das Leben, von dem ich fand, dass es mir zustand? Ich weiß, ganz schön irrrational. Ich habe mir eine andere Vergangenheit gewünscht. Und mich gegen das einzige aufgelehnt, was ich wirklich hatte, nämlich die Gegenwart.


Dominik Umberto Schott: Souverän präsentieren - Die erste Botschaft bist Du: Wie Sie Körpersprache authentisch und wirkungsvoll einsetzen
Dominik Umberto Schott (Autor)
Souverän präsentieren - Die erste Botschaft bist Du
Wie Sie Körpersprache authentisch und wirkungsvoll einsetzen

Dieses Buch liefert Ihnen hilfreiche Tipps, mit denen Sie Ihre Wirkung beim Präsentieren verbessern.

Wenn Präsentationen gelingen, liegt es meist nicht nur am Inhalt, sondern auch am authentischen Vortragsstil und einer natürlichen Körpersprache des Redners. Viele haben jedoch Schwierigkeiten, ihr Lampenfieber bei Präsentationen am Rednerpult zu überwinden und Kontakt mit dem Publikum aufzunehmen. Dabei ist gerade in der mündlichen Kommunikation die Person entscheidend. Wie souveränes Präsentieren gelingt, vermittelt Ihnen Dominik Umberto Schott Schritt für Schritt in diesem Buch. Er stellt Ihnen die wichtigsten Stellschrauben vor, die Ihren Worten mehr Wirkung verleihen, und zeigt an konkreten Beispielen, wie Sie die Dramaturgie eines Redeaufbaus nutzen. Zudem lernen Sie, wie Sie Ihre Körpersprache und Storytelling natürlich einsetzen, um einen glaubhaften Auftritt hinzulegen. Die 2. Auflage wurde um zahlreiche Tipps für noch mehr Wirkung bei virtuellen Meetings sowie Videos mit zahlreichen Präsentationsbeispielen ergänzt. 

Schott vermittelt Ihnen umfangreiche Kompetenzen.

Der Autor klärt in seinem Buch „Souverän präsentieren“ zunächst grundlegende Fragen wie:

  • Was ist eine Präsentation?

  • Woraus besteht sie?

  • Wie wirken Inhalt, Struktur und Vortragsweise zusammen?

Anschließend widmet er sich dem großen Themenkomplex der Authentizität. Erfahren Sie, wie Sie Ihre Außenwirkung verbessern und erarbeiten Sie sich mit diesem Buch die folgenden Kernkompetenzen des Präsentierens:

  • Die Formel für Wirkung

  • Die vier Erfolgsfaktoren einer guten Präsentation

  • Körpersprache für Fortgeschrittene

  • Vorbereitung: Storyboarding

  • Dramaturgie: Von den Griechen lernen

  • Inspirieren: Kognitionspsychologie

  • Showtime: Umgang mit Folien & Co

  • Nervosität: Das alte Alarmsystem und Strategien gegen den Blackout

  • Verbindung: Zuhören und Inklusivsprache

Eine mitreißende Mischung aus Humor und jahrelanger Erfahrung.

Abschließend erläutert Schott die Vorteile und Risiken von Fragerunden und gibt Ihnen praktische Tipps zur Erweiterung Ihrer Komfortzone. Dieses Buch ist eine Art Rhetorik-Training to go, das alle Phasen des souveränen Präsentierens genauestens beleuchtet – von der Vorbereitung bis hin zur Umsetzung. Ein unverzichtbarer Ratgeber voller Witz und Expertenwissen aus drei Jahrzehnten Praxis für:

a) Einsteiger, die an Ihrem Auftreten feilen möchten
b) Erfahrene Redner, die sich noch weiterbilden
c) All diejenigen, die überzeugen sowie inspirieren wollen


Dadurch war ich nie präsent im Jetzt sondern in Gedanken entweder schon drei Schritte weiter in einer anvisierten Zukunft. Das machte mich ungeduldig und undankbar. Oder ich war in einer imaginären Vergangenheit, in der alles in die richtige Richtung ging – und empfand die Gegenwart nach der Rückkehr aus diesen Träumereien noch enttäuschender. Das machte mich chronisch unzufrieden. Auch das war ein längerer Prozess: akzeptieren, dass die Vergangenheit nicht zu ändern ist. Und dass meine Zukunft nur in der Gegenwart gestaltet werden kann. Erst wenn ich meine Aufmerksamkeit auf das richte, was ich jetzt tue, setze ich starke Pfeiler, auf denen meine Zukunft stehen kann.


Vergebung heißt, das Leben loszulassen, das du nie gelebt hast
© Oliver Sjöström/pexels.com


Viele berufliche Jahre, in denen ich nie das bekam, was ich wollte – während sich zugleich andere Türen öffneten, lehrten mich: lass los, du wirst geführt. Dein Wille geschehe. Ich wurde weicher und fing an, dem Leben zu vertrauen. Es stellt mich immer an den richtigen Platz und führt mich an die richtigen Lektionen und Quellen.

Bin ich JETZT durch mit Vergebung? Vermutlich nicht. Lifelong journey. Aber ich kann ja mal ein Zwischenfazit ziehen. Hier sind die vier Stufen der Vergebung, so wie ich sie heute sehe. Ich glaube, die meisten Menschen „hängen“ an einer der vier Stufen. Dort können wir ansetzen, um in inneren Frieden zu kommen und unser Leben frei von altem Ballast zu gestalten.

ICH VERGEBE…

..anderen, die etwas getan haben – das mir weh getan hat.

..anderen, die etwas nicht getan haben – das ich erwartet habe.

..mir selbst meine „Fehler“.

..meinem Schicksal.




Stufe 1 – Anderen ihre Taten vergeben

Ich vergebe anderen, die mir vermeintlich etwas schlimmes angetan haben (die böse Ex, der frühere Chef, ein Unfallverursacher o.ä.). Warum vermeintlich? Aus geistiger Warte betrachtet hat sich meine Seele für diese Erfahrungsebene entschieden. Niemand kann mir etwas antun, mit dem mein höheres Selbst nicht unbewusst einverstanden ist. Das enthebt andere in der Täterrolle nicht von ihrer Verantwortung, moralischen Schuld oder etwaigen strafrechtlichen Konsequenzen. Vergebung heißt auch nicht: mit allen in Harmonie sein oder sich alles gefallen lassen. Es ist in Ordnung, sich gegenüber Menschen, die uns nicht gut tun, klar abzugrenzen. Vergebung heißt nur: keinen emotionalen Ballast mit sich herumschleppen.

Denn solange ich den Tätern grolle, binde ich mich energetisch an sie und bleibe unfrei. So entsteht eine Dauerschleife aus unerlöstem Schmerz, die mein Herz verhärten wird. Vergebung entlässt den anderen wieder in sein Leben und reinigt den eigenen Körper von abgespeicherten negativen Emotionen. Vergebung heißt auch: die Opferrolle verlassen und Kontrolle über das eigene Erleben zu gewinnen. Leiden ist eine Entscheidung. Die Entscheidung, eine schmerzhafte Situation nicht zu ändern oder zu verlassen. Oder die Entscheidung, am Schmerz festzuhalten. Anderen ihr Tun zu vergeben ist Stufe 1 der Aussöhnung mit Beziehungen in der Vergangenheit.



Stufe 2 – Anderen vergeben was sie nicht getan haben

Ich vergebe anderen das, was sie NICHT getan haben. Hätten wir nicht coolere Eltern haben können? Oder einen anwesenden Vater? Warum haben sie mich nicht so geliebt, wie ich bin? Der US-Therapeut und Autor Ron Smotherson sagt: Wenn du das hier lesen kannst, hast du überlebt. Und somit haben deine Eltern ihren Job gemacht. Ihre Aufgabe war, dein Aufwachsen mit Nahrung und einem Dach überm Kopf abzusichern. Das haben sie getan. Alles weitere was du an Wünschen oder Vorstellungen hast, was deine Eltern hätten leisten sollen, sind – nun ja: Vorstellungen. Unsere Eltern haben uns geliebt. Ganz sicher. Einschränkung: so gut sie konnten. Viele konnten nicht viel Liebe geben, weil sie selbst wenig erfahren, haben in ihrer Kindheit. Oder traumatisiert waren (siehe auch mein Artikel über Kriegsenkel). Gleich nach den Eltern auf der Hitliste der Menschen, von denen man enttäuscht war, kommen Ex-Partner. Viele tragen das ungelöste Thema eins zu eins in die nächste Beziehung und wundern sich, warum sie immer „an die Gleichen“ geraten. Vergebung auf dieser Stufe heißt: Ich löse mich von Ansprüchen und Erwartungen an andere und gehe in die Eigenverantwortung. Mir steht durchaus vieles zu: Luft, Nahrung, Würde, Raum zur Entwicklung. Aber niemand schuldet mir etwas persönlich. Nun bin ich ausgesöhnt mit allen Beziehungen der Vergangenheit.


Anderen ihre Taten vergeben
© Ron Lach/pexels.com



Stufe 3 – Sich selbst vergeben

Ich vergebe mir selbst, dass ich früher noch nicht so schlau war wie heute. Aus verpassten Chancen kann ich lernen, beim nächsten Mal wacher zu sein und zuzugreifen. Oder es bleiben zu lassen. In jedem Fall: zu meiner Entscheidung zu stehen. Sie war nie völlig falsch. Denn sie hat mich ja genau dahin gebracht wo ich heute stehe. Ich erkenne, dass jeder „Fehler“ eine Lektion war, die mich weitergebracht hat und komme in die Selbstliebe. Ich fange an, freundlicher zu mir zu sein. Milder im Urteil. Und sobald ich mich selbst nicht mehr verurteile, kann ich auch anderen urteilsfrei begegnen. Sie sind wie ich. Sie geben immer ihr jeweils Bestes. Manchmal hat dieses aktuell Beste noch deutlich Luft nach oben. Macht nichts. Das ist normal und menschlich. Alles braucht seine Zeit. Wird schon. Nun bin ich auch mit aktuellen Beziehungen im Frieden – denn ich habe verstanden, dass niemand mich glücklich oder unglücklich machen kann. Das kann nur ich selbst.



Stufe 4 – Dem Leben vergeben

Ich vergebe dem Schicksal, dass es mich jeweils genau dorthin führt, wo ich richtig bin – auch wenn das gelegentlich ein unangenehmer Platz ist. Oder nicht der, den ich mir vorgestellt hatte. Die Erde ist ein Schulplanet. Wir sind hier, um eine einzigartige Erfahrung zu machen: als unbegrenzte und geistige Schöpferwesen in einem physischen Leib eine sinnliche Welt zu erleben. Dafür waren wir bereit vorübergehend unsere wahre göttliche Natur zu vergessen und erst durch viele – teils schmerzhafte Erfahrungen – wieder zu erwachen. Erwachen heißt: sich wieder erinnern wer bzw. was wir wirklich sind.

Dazu gehört die Akzeptanz dessen was war und was ist. Erst wenn ich die Vergangenheit ruhen lassen und die Gegenwart voll annehme, kann ich sie zu einer Zukunft gestalten. Wer alle egoischen Ziele und begrenzenden Vorstellungen loslässt, kommt wirklich im eigenen Leben an und stellt fest: es ist nie perfekt und damit genau richtig. Denn wir müssen gar nicht immer anschieben oder massiv eingreifen: das Leben lebt sich weitgehend selbst.



Dominik Umberto Schott

Dominik Umberto Schott
© Dominik Umberto Schott
Dominik Umberto Schott 
arbeitet international als Präsentationstrainer, Vortragsredner und Executive Coach.

Er war nach seiner Gesangs- und Schauspielausbildung mehr als 20 Jahre lang Radio- und TV-Moderator, hat bei Thomas Gottschalk gelernt, stand bereits bei Hunderten großer Events auf der Bühne und ist eine der bekanntesten Stimmen des deutschen Fernsehens. Als Bühnenprofi weiß er, wie man mit Worten bewegt. Privat ist er spirituell und philosophisch interessiert und legt monatlich als DJ in München auf.

Podcast und YouTube-Kanal von Dominik Schott:





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