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„Corona-Mütter“ – back to the basics?
von Ulla Grans
Fragst du dich in diesen Zeiten auch täglich, wo du eigentlich bleibst?
Ich habe vor einigen Tagen einen post auf Instagram mit der Überschrift „Corona-Mütter? Wie bitte?“ verfasst. Ich hatte ein Video des WDR-Magazins „frau.tv“ mit der Überschrift „Corona-Mütter“ gesehen. Dieser Ausdruck erinnerte mich, mit Verlaub, an „Trümmer-Frauen“. Damit fing mein Entsetzen schon an. Dort ist eine Frau und Mutter in all ihrer Verzweiflung zu sehen, zu hören und zu spüren. Sie sagte: “So ein Leben habe ich nie gewollt!“ Sie meinte damit, ein Leben, in dem sie ihre Selbstständigkeit als erfolgreiche Businessfrau aufgab, um sich um die Familie zu kümmern. Sie hatte immer den Anspruch, sich selbst ernähren zu können und für sich frei zu entscheiden, wie sie Familie und Beruf unter einen Hut bekommt.

© Julia M Cameron/pexels.de
Diese Freiheit hatte für viele Frauen mit dem ersten Lockdown im März 2020 ein jähes Ende!
Ich hatte aufgrund dieses posts über 600%! mehr Interaktion, als auf jeden anderen post in den letzten zwei Jahren…Das hat mir gezeigt, dass dieses Thema sehr virulent ist und gesehen werden muss. Nein, nicht dieses Thema muss gesehen werden, sondern die Frauen, die gerade Unglaubliches leisten!
Ein weiteres Beispiel aus dem Alltag einer Frau und Mutter, die ihre Gedanken sehr ehrlich aufschrieb:
„Grenzen wollen jeden Tag neu gesetzt werden. Wenn das ignoriert wird, endet es so wie bei mir gestern...meine Anspannung war so hoch, dass ich die ganze Stadt mit Strom hätte versorgen können.
Drei Telefone, die Türklingel (Paketannahme für Nachbarn), das Teamprogramm was Videochats und Chats leuchten lässt, Outlook, Essensversorgung, Homeschooling managen, Katze davon abhalten meine Unterlagen voll zu sabbern, mit dem Headset verwickelt Brötchen schmieren, Toilettengang aufschiebend...
Immer wieder Zwischenergebnisse von Aufgaben oder Bastelprojekten bestaunen und feiern. Ja und ich weiß,....es geht vielen nicht anders.
Und ich weiß, ich habe es vermutlich alles selbst in der Hand und muss mich noch besser organisieren und alles ganz anders interpretieren...
Das auch noch!!!...“
Den Großteil der Kinderbetreuung übernehmen in der Corona-Krise die Frauen. Somit ist festzuhalten, dass die Krise auf dem Rücken der Frauen ausgetragen wird. Krisen fungieren immer wie ein Brennglas und zeigen Defizite in der Familie, in der Gesellschaft und der Welt auf, die es schon vorher gegeben hat, jetzt aber sehr deutlich werden. So sind beispielsweise auch dysfunktionale Partnerschaften derzeit auf einem harten Prüfstand, weil eben dieser Brennglaseffekt auch dort stattfindet.
Wenn die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder wegbrechen, brechen damit auch die Lebensentwürfe und Pläne vieler Frauen und Mütter weg. Arbeit ist nicht nur als Geldbeschaffung zu sehen. Es gibt eben auch Bedürfnisse nach Kreativität, Zeit für sich, Karriereaussichten, Visionen für ein Leben nach der Kinderphase, Eigenständigkeit und vieles mehr. Auch in Zeiten vor der Pandemie arbeiteten 66% der Frauen in Teilzeit und nur 6% der Männer!
Warum ist das so?
Warum fallen wir Frauen so schnell wieder in diese patriarchalen Strukturen?
Sind die Errungenschaften der Frauenbewegung noch so frisch, dass sie noch immer nicht fest in unserer Gesellschaft verankert sind?
Liegt es „nur“ daran, dass die Frauen weniger verdienen und es damit sowieso schon klar ist, wer im Notfall zu Hause bleibt?
Ist vielen Verantwortlichen nicht klar, dass ein „bisschen“ Homeoffice und nebenbei die Kinder zu beschulen einfach nicht geht?
Ist die berufliche Perspektive von Frauen, gesellschaftlich betrachtet, gar nicht wichtig?
Fordern nicht genügend Frauen lautstark ihre Rechte heraus?
Oder fehlt ihnen in ihrer Überforderung einfach die Kraft und die Zeit, sich zu organisieren?
Frau Prof. Jutta Allmedinger ist Soziologin und Präsidentin des Wissenschaftszentrum Berlin und sagte, nach dem 1. Lockdown, dazu:
“ Wir haben selten so viele Frauen in guten Positionen verloren, wie in den letzten 10 Wochen. Es findet gerade eine schlimme Retraditionalisierung statt“. Sie fügt hinzu, dass es sehr schwer werden wird, das nach der Krise wieder aufzuholen, da der Aufbau ja schon Jahrzehnte gedauert hat…
Es scheint, als ob die aktuelle Situation all die Schwachstellen eines patriachalen Systems ans Licht holt.
21% der Männer sind derzeit hauptamtlich zu Hause. Das sind nicht so richtig viele…und liegt sicherlich auch daran, dass es Männern seitens der Arbeitgeber schwerer gemacht wird, in Teilzeit zu arbeiten oder gar in Elternzeit zu gehen. Oder rufen Männer nicht laut genug danach? Sind sie vielleicht auch hier und da froh, dem Familienalltag zu entfliehen?
Aber was bleibt den Frauen übrig?
Die Kids können ja schlecht alleine zu Hause bleiben.
Und die Lorbeeren holen sich dann die Männer ab, die in ihren Führungspositionen die Pandemie gemanagt haben und ihr Unternehmen (sicherlich auch mit viel Kraft, Einsatz und Energie) wieder nach oben geführt haben?
Ich möchte mit diesem Artikel keine „Emanzendebatte“ eröffnen. Auch für Männer sind die Auswirkungen der Pandemie in ihrem Berufs- und Familienleben deutlich spürbar. Ich möchte aber auf die Realitäten, in denen viele Frauen gerade leben, aufmerksam machen.

© Julia M Cameron/pexels.de
Eine berufstätige Frau und Mutter von drei Kindern, schrieb mir dazu: “Back to the Basics. Zurück an den Herd. Das darf so nicht passieren…und wird es wahrscheinlich auch nicht. … Das Schwierigste daran ist, morgens im Business – abends am Herd. … Wenn ich aber nun auch noch all den alten Krams, von dem ich eigentlich dachte, mich frei gemacht zu haben – wieder vorgesetzt bekomme und es dann heißt, `wir müssen zusammen halten. Wir sind in einer Krise. Wir befinden uns in einer Pandemie´, dann wird es schwierig, mich daran zu halten, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Wir Frauen kommen emanzipatorisch an unsere nächste Hürde.“
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Aber eines weiß ich sicher: Wir müssen uns mehr denn je miteinander verbinden, unsere Sorgen und Nöte teilen, uns gegenseitig unterstützen und versuchen, weiter unseren Weg zu gehen und uns gegenseitig die Krone halten! Wir müssen sichtbar werden und bleiben! Wir Frauen müssen solidarisch bleiben und uns nicht noch gegenseitig das Leben schwer machen. Besonders die Frauen, ohne betreuungsbedürftige Kinder, sollten jetzt laut werden und für Gleichberechtigung kämpfen. Denn die Corona-Mütter sind sowieso schon am Ende ihrer Kräfte.
Viele Frauen leben gerade nicht das Leben, was sie sich ausgesucht haben. Genau darum geht es aber, wenn wir frei sein wollen! Das Leben zu leben, was wir gerne möchten, beruflich und privat.
Wäre mein Sohn nicht 1998, sondern 2010 geboren, stünde ich genau an dieser Stelle! Ich bin eine Frau, geschieden, inzwischen wieder verheiratet, ich war zeitweise alleinerziehend, habe Beruf und Kind versucht, zu managen und bin dabei manchmal echt auf dem Zahnfleisch gegangen. Und das ohne Corona!
Ich wünsche mir, dass den Frauen nicht die Krone verrutscht und wir wie Freundinnen einander zuhören, uns bestärken, auch mal miteinander schweigen oder weinen, wieder gemeinsam aufstehen und in diesen, für alle sehr schwierigen Zeiten, trotzdem den Mut haben, laut zu werden und nach Veränderung zu streben!
Herzlich Grüße,
Eure Ulla
Mut
"Wenn der Wind der Veränderung weht, ist es an der Zeit, den sicheren Hafen zu verlassen und die Segel zu setzen. Denn du kannst keine neuen Ozeane und Länder entdecken, wenn dir der Mut fehlt, die Küste aus den Augen zu verlieren.“
(Happinez 2/2021)

Ich selbst lebe nun in dritter Generation das Patchworkleben und kann sagen, dass ich darin Expertin bin. Ich habe meine private und berufliche Expertise zusammengeführt und arbeite seit 2019 selbstständig online und in eigener Praxis im Ruhrgebiet.
Ich bin Dipl.-Sozialarbeiterin, systemische Familienberaterin, habe vor vier Jahren meinen Master an der IPU Berlin absolviert, unterrichte als Dozentin an der Uni, und leite das Frauennetzwerk „Ruhrpreneurs“.
Direkt zur Homepage von Ulla Grans: www.ulla-grans-coaching.com
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