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Aus dem Leben einer Patchworkfrau: „Ich möchte nicht nebenher stattfinden.“


von Ulla Grans

Diese Nachricht erreichte mich letztlich in einer mail von einer Klientin. Ich bin an diesem Satz hängen geblieben, weil ich dachte, „in diesem Satz steckt so viel Gefühl und Wahrheit vom Leben in einer Patchworkfamilie“.


Ich glaube sogar, dass dieser Satz das Kerngefühl von Frauen oder auch Männern eint, die in einer bereits bestehenden Konstellation ihren Platz finden möchten. Keiner möchte in Beziehungen zu anderen gleich welcher Couleur, nebenher stattfinden, wie eine lästige Fliege, die immer wieder um einen herum fliegt.

Als Bonusmutter oder als Bonusvater kommt man immer in ein bereits bestehendes System hinein. Da gibt es schon den Partner mit seinem Kind/ seinen Kindern und deren Mutter usw. Rituale zu Geburtstagen und Weihnachten sind bereits festgelegt. Urlaubserinnerungen mit den Kindern gibt es zuhauf und an Spagetti Bolognese kommt auf gar keinen Fall Thymian. Diese Liste ist unendlich lang.

In Patchworkfamilien gibt es kein Leben, in dem zunächst nur das Paar vorkommt. Das ist die Realität von Patchworkfamilien. Das meine ich ganz ohne Bewertung. Das eine ist nicht besser oder schlechter als das andere. Nur eben anders, mit all den Vor-, und Nachteilen. Das bedeutet aber auch, dass es direkt das „volle Familien-Programm“ gibt. Man ist nicht nur in sein Gegenüber verliebt, sondern es entsteht ein ganz neues Familiensystem.


Aus dem Leben einer Patchworkfrau: Ich möchte nicht nebenher stattfinden.
© RODNAE Productions/pexels.de

Der Himmel von Patchworkpaaren hängt meist nur in kurzen Episoden voller Geigen und die Schmetterlinge im Bauch fliegen spätestens dann weg, wenn die Exfrau während des ersten gemeinsamen Urlaubs zu zweit nachfragt, was das gemeinsame Kind zur Einschulung geschenkt bekommen soll. Dann bedarf es einer inneren stabilen Haltung und Vertrauen zum Partner, dass dieser Kontakt, der auf der Elternebene stattfindet notwendig ist und Teil der Familie bleiben wird.


Es ist eine echte Herausforderung für alle Beteiligten, dass sich keiner ausgegrenzt fühlt

Eine Voraussetzung dafür ist, dass die gescheiterte Beziehung eine „gute Trennung“ hinbekommen hat. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Da geht es häufig noch um Verluste, Wut, Verzweiflung, Eifersucht. Es ist schwierig, die ehemalige Paarebenen und die Elternebene mehr und mehr zu trennen, um schließlich eine gute Elternebene inne zu haben. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass dieser Prozess Zeit, Energie und die Toleranz aller Beteiligten braucht. Zusätzlich tauchen dann oft noch Muster der Beteiligten aus deren jeweiligen Herkunftsfamilien auf.

Fühlte man sich als Kind vielleicht schon so, als ob man nebenher läuft? Gab es dort Situationen, in denen man einfach übersehen wurde? Waren die Bindungen in der Herkunftsfamilie zu eng, symbiotisch oder gar toxisch? Dann kann es sein, dass diese „alten“ Gefühle nun mit Wucht nach oben schnellen und der Grund dafür nicht unbedingt in der Gegenwart, sondern in der Vergangenheit liegt. Hilfreich ist dann ein professioneller Blick von außen, da man selbst seinen eigenen Schatten nur schlecht sehen kann. Es reicht oft eine einfache Frage an meine KlientInnen, die dazu anregt, die Gefühle einmal in einem anderen Rahmen zu sehen und zu verstehen, wo welche Gefühle hingehören bzw. aus welcher Zeit diese eigentlich kommen.



Es ist eine echte Herausforderung für alle Beteiligten, dass sich keiner ausgegrenzt fühlt
© RODNAE Productions/pexels.de


Zunächst ist es aber notwendig, richtig und wichtig, diese Gefühle zunächst „einfach“ nur wahrzunehmen.
Sie dürfen da sein! Du darfst so da sein!
Deine Gefühle und Wünsche sind genauso viel wert, wie die von jemand anderem!
Du musst dich nicht verbiegen, um irgendwo dazu zu gehören!

Oft sind wir geneigt, Gefühle direkt verstehen, analysieren, einordnen zu wollen. Einmal kurz inne halten, atmen, warten – kann oft schon sehr gut dabei helfen, dem Kopf eine Pause zu verordnen und dem Gefühl seinen gebührenden Raum zu geben.

Als Frau, Mutter und Bonusmutter ist es gut, wenn du deine Untiefen, Verletzungen, Wünsche, Hoffnungen bezogen auf die eigene Kindheit kennst. Dieses trifft im Besonderen auf das Leben in einer Patchworkfamilie zu. Denn es gibt neben vielen Herausforderungen und Fallstricken vor allem Unsicherheiten in den Beziehungen und in der Tiefe der Bindungen untereinander.
Jedes Mitglied der Patchworkfamilie möchte gesehen, geliebt werden und wichtig sein!
Keiner von uns möchte nebenher stattfinden.
Alle Gefühle dazu dürfen stattfinden!


Patchworkfamilien benötigen ein starkes Paar
© RODNAE Productions/pexels.de

Patchworkfamilien benötigen ein starkes Paar und dazu gehören nun mal beide Partner.
Patchworkpaare glauben an die Kraft der Liebe. Sie haben ein starkes Gefühl und die Zuversicht, dass sie es nun besser machen als beim vorigen Mal.
Das ist schon mal ein guter Start ins Patchworkleben.
Bis sich eine Patchworkfamilie jedoch „zusammengefühlt“ hat, vergehen mehrere Jahre. In der Fachliteratur spricht man von ca. fünf bis sieben Jahren.
Ja, das ist so. Dazu braucht es Geduld und Ausdauer. Es muss eine Übereinkunft hergestellt werden, hinsichtlich der Rollen, Aufgaben und Funktionen der einzelnen Partner und es bedarf einer möglichst offenen Kommunikationsstruktur untereinander, damit jeder gehört und gesehen werden kann.
Das hört sich jetzt nun doch mehr nach Technik an, denkst du?
Das stimmt. Es ist jedoch wichtig, sich diese Details einmal näher anzuschauen, um zu verstehen, wo jeder eigentlich steht in der Familie.
Wofür bin ich verantwortlich?
Wo überschreite ich evtl. Grenzen?
Welche Rolle haben die Ex-Partner? Gebe ich ihm/ihr vielleicht doch noch zu viel Raum? Geht es vielleicht noch immer um das schlechte Gewissen, weil ich mich getrennt habe? Mache ich deswegen diese Zugeständnisse?

Gib dir zunächst einmal Zeit!
Räumt euch als Paar so viel Zeit wie möglich ein!
Terminiere Me-time und exklusive Paarzeit. Das kann ein fester Abend in der Woche nur für dich sein oder auch ein Wochenende am Meer zu zweit oder was immer ihr gerne zusammen macht.

Manchmal reicht es auch einfach, nicht zu viele Erwartungen in einen kinderfreien Abend, in den ersten gemeinsamen Urlaub zu legen. Meist sind diese Tage oder Wochen mit Erwartungen überfrachtet, so dass z.B. der Urlaub, dem gar nicht standhalten kann und Enttäuschungen vorprogrammiert sind.

Ich wünsche dir, dass du mit deinem Gefühl bei dir bleiben kannst, ihm zuhörst und es wertschätzt! Es darf da sein! Du darfst da sein!

Herzlich, eure Ulla



Ulla Grans
© Ulla Grans
Ich bin Ulla Grans
, Coach und systemische Familien,- Einzel,- und Paarberaterin. Ich begleite Patchworkfrauen und Frauen in herausfordernden Familiensituationen auf ihrem Weg zu sich selbst. Meine Werte, die mich schon immer in meinem Leben begleiten sind „Familie“, „Veränderung“ und „Freiheit“.

Ich selbst lebe nun in dritter Generation das Patchworkleben und kann sagen, dass ich darin Expertin bin. Ich habe meine private und berufliche Expertise zusammengeführt und arbeite seit 2019 selbstständig online und in eigener Praxis im Ruhrgebiet.

Ich bin Dipl.-Sozialarbeiterin, systemische Familienberaterin, habe vor vier Jahren meinen Master an der IPU Berlin absolviert, unterrichte als Dozentin an der Uni, und leite das Frauennetzwerk „Ruhrpreneurs“.

Direkt zur Homepage von Ulla Grans: www.ulla-grans-coaching.com


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