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Interview mit Ina Milert: Wie ich meine Tochter an die Drogen verlor
2007, kurz nach ihrem 18. Geburtstag, sprang Lea von einer Brücke in den Tod. Hinter ihr lag jahrelanger Drogenkonsum. Immer wieder hat sie sich in ein drogenfreies Leben gekämpft und diesen Kampf schließlich verloren.

Das Schreiben des Buches Tagebuch einer SehnSucht hat ihr geholfen, aus Gedankenstücken, Erinnerungen und Gefühlen eine Geschichte zu machen." Wenn ich das Unsagbare ausdrücken kann, kann ich Anderen davon erzählen."
Nicht als Ratgeberin, denn Ina Milert kann und will keinen Rat geben: "Ratschläge sind oft eben auch bloß Schläge. Aber ich glaube, dass ich anderen Kindern, ihren Eltern, vielleicht sogar anderen Trauernden helfen kann. Allein dadurch, dass ich eigenes Erleben und meinen Schmerz teile. Auch, wenn es kein gutes Ende nahm: Vielleicht kann Leas Schicksal dazu beitragen, dass Jugendlichen die Lust auf Drogenkonsum vergeht. Und, dass Eltern und andere Betroffene einen Einblick erhalten."
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LEBE-LIEBE-LACHE: Wie lebten Sie weiter kurz nachdem Sie Ihr eigenes Kind beerdigt hatten?
INA MILERT: Lange Zeit auf Autopilot. Ich erinnere ich kaum an die ersten Wochen. Meine Mutter ist gleich an Leas Todestag gekommen und hat übernommen. Sich um das Alltagsleben gekümmert, aber auch darum, dass Lea beerdigt wurde. Bei den Vorbereitungen zur Beerdigung bin ich wieder etwas aufgewacht, es sollte so schön werden wie möglich. Als ich dann erstmals an ihrem Grab stand, fand ich es falsch gewählt und habe sie noch einmal umbetten lassen. Das war – nach der Organisation der Trauerfeier – das erste, was ich wieder aktiv bewältigen konnte.
INA MILERT: Sucht an sich ist ja immer Lebensprinzip, weil Abhängige nicht mehr frei entscheiden können. So richtig bestimmt hat die Sucht Leas Leben erst in ihrem letzten Lebensjahr.
INA MILERT: Schwer zu sagen. Eine Suche ist ja nicht immer erfolgreich. Vielleicht die, dass ich nicht geahnt habe, wie verzweifelt Lea schon früh war. Dass es da (vielleicht) eine Möglichkeit gegeben hätte, ihr Abgleiten in die Abhängigkeit zu verhindern.
Ina Milert (Autor)
Tagebuch einer SehnSucht
Wie ich meine Tochter an die Drogen verlor
»Das ist das Einzige, was ich will. Drogen, die mich ablenken …«, schrieb Lea 2003 in ihr Tagebuch.
Doch die Drogen brachten keine Ablenkung, sondern den Tod. Im September 2007 sprang sie nach einem Rückfall von einer Brücke und starb wenig später an ihren schweren Verletzungen.Lea wurde 18 Jahre alt.
Zehn Jahre, nachdem sie ihre Tochter endgültig verloren hatte, geht Leas Mutter auf schmerzvolle Spurensuche. Hier erzählt sie von den Antworten, die sie fand, und wie es ihr gelingt, mit dem Verlust weiterzuleben.
Mit einem Nachwort von Prof. Dr. Jens Reimer – Vorstand des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg
Doch die Drogen brachten keine Ablenkung, sondern den Tod. Im September 2007 sprang sie nach einem Rückfall von einer Brücke und starb wenig später an ihren schweren Verletzungen.Lea wurde 18 Jahre alt.
Zehn Jahre, nachdem sie ihre Tochter endgültig verloren hatte, geht Leas Mutter auf schmerzvolle Spurensuche. Hier erzählt sie von den Antworten, die sie fand, und wie es ihr gelingt, mit dem Verlust weiterzuleben.
Mit einem Nachwort von Prof. Dr. Jens Reimer – Vorstand des Zentrums für Interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg
LEBE-LIEBE-LACHE: Wie ist es Ihnen gelungen mit dem (wie Sie sagen) abstrakten und doch dauerpräsenten Schuldgefühl umzugehen?
INA MILERT: Ganz pragmatisch: Egal, was ich mache, es wird an der Situation nichts mehr ändern. Ich muss damit leben, und ich weiß eben auch, dass ich nur die Mutter sein konnte, die ich war. Ich habe mein bestes getan. Und es hat nicht gereicht.
LEBE-LIEBE-LACHE: Trauer hat viele Gesichter. Welche Phasen Ihrer Trauerarbeit haben Sie besonders intensiv durchlebt?
INA MILERT: Welche Phasen? Die vielen Gesichter, die die Trauer hat, bedeuten ja auch, dass nicht jeder irgendwelche Phasen durchlaufen muss. Wenn ich heute zurückblicke, war es erst die Lähmung, dann bin ich recht bald dazu übergangen, mit zwei Gesichtern zu leben. Zu funktionieren und die anderen nicht mit meiner Trauer zu konfrontieren. So etwa
MEINE BEIDEN GESICHTER
Geht es Dir gut, werde ich gefragt im Vorübergehen.
Doch, gut, sage ich und zeige das passende Gesicht;
mein gut gehendes Gesicht
Mein anderes Gesicht verberge ich liebevoll
unter meiner Kleidung. Zuhause ziehe ich mich aus.
Dann darf es seine Trauer tragen.
(Renate Salzbrenner)
LEBE-LIEBE-LACHE: Welche auch ungewöhnlichen Möglichkeiten aus der Trauer zurück ins Leben zu finden sind Ihnen begegnet?
INA MILERT: Bei anderen Menschen? Das kann ich schlecht sagen, denn eigentlich habe ich das mehr oder weniger mit mir allein abgemacht. Erst jetzt, nach dem Erscheinen des Buchs, habe ich Kontakt zu anderen Müttern gefunden und mich gefragt, warum ich den nicht damals schon gesucht habe.
INA MILERT: Einen genauen Zeitpunkt kann ich nicht benennen. Denn ich bin ja von Anfang an weitergegangen. Hab weitergeatmet, bin jeden Tag aufgestanden. So fünf, sechs Jahre nach Leas Tod konnte ich mir erstmals zugestehen, dass es mir auch wieder gut (gehen darf).
LEBE-LIEBE-LACHE: Gibt es Ihrer Meinung nach ausreichend gute Bücher für Eltern in Ihrer Trauerarbeit?
INA MILERT: „Gut“ ist ja für jeden etwas anderes. Es gibt einige, in dem Eltern von ihren Erfahrungen schreiben. Die, die ich gelesen habe, und die mich berührt haben, hab ich in der Bibliografie kurz vorgestellt. Das „Trauerbuch für Eltern“ von Silia Wiebe/Silke Baumgarten hab ich erst später hinzugefügt. Mir persönlich hat Roland Kachler „Meine Trauer wird dich finden“ geholfen.

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