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Sprach-Verwirrung in der Liebe
von Anja Drews
Es ist verwirrend und wir finden keinen Konsens. Das geht gar nicht, schließlich wollen wir ja alle politisch korrekt sein. Die Rede ist von unserer Sprache. Ganz besonders im Bereich der Liebe. Für mich beginnt das bereits damit, dass ich die Verwendung des maskulinen Neutrums nicht mehr mag. Früher war es üblich, einfach nur vom Partner zu schreiben und zu sprechen. Aber da fehlt ja jemand! Zumindest, wenn es um gemischtgeschlechtliche oder lesbische Paare geht. Deshalb finde ich es vollkommen richtig und wichtig, Frauen explizit zu erwähnen. Gerade wenn jemand wie ich vor allem aus der heterosexuellen Sicht schreibt. Also verwende ich viel lieber die Partnerin und der Partner. Das dauert beim Reden etwas länger, lenkt aber die Aufmerksamkeit auch auf die Frauen. Ich finde, so viel Zeit muss sein!
© Foundry/pixabay
Im Schriftlichen kürze ich das zuweilen ab, indem ich das akademische große I verwende wie in die PartnerInnen. Old school sozusagen. So habe ich das damals an der Uni gelernt. Andere, jüngere Schreibende, bedienen sich hier auch des Gendersternchens * wie in „die Partner*innen“. Der Unterstrich ist auch erlaubt: Die Partner_innen. Und vermutlich gibt es mittlerweile noch zusätzliche Möglichkeiten, die sich jedoch zumindest meiner Aufmerksamkeit entziehen. Das Ganze und vor allem auch die Frage, welche Schreibweise denn nun die richtige sein, führt zu der bereits angesprochenen Verwirrung. Ab einer gewissen Häufung sind Texte irgendwann nicht mehr lesbar. Und neulich habe ich mich beim Sprechen verhaspelt.
Ohne die weibliche Form verschwinden die Frauen
Ich stoße häufiger auf Menschen, die sagen, es sei ihnen egal, ob die weibliche Form nun extra Erwähnung findet oder nicht. Es gibt auch eine Menge Menschen, denen es egal ist, ob ihr Telefon abgehört wird. Solange, bis ihnen jemand sagt, dass die Verabredung zum Fremdgehen oder zur Schwarzarbeit dann auch mitgehört bzw. mitgelesen wird. Ups.
Bei der Frage „Hat hier jemand seinen Lippenstift verloren?“ läuft vor meinem geistigen Auge sofort ein Film ab, in dem eine Gruppe Jungs mit rotgeschminkten Lippen kichert und eifrig nickt. Ein weiteres Beispiel: Vor einiger Zeit wurde in einem Artikel erwähnt, eine Gruppe von Wissenschaftlern hätte den G-Punkt nicht gefunden. Kein Wunder, dachte ich, sind halt Männer. Später fragte ich mich, ob in dem Beitrag tatsächlich nur von männlichen Wissenschaftlern die Rede war oder man nicht einfach nur das maskuline Neutrum verwendet haben könnte. Dann hätten sich nämlich auch Frauen unter den Weißkitteln befunden. Und dann hätten auch Frauen den G-Punkt nicht gefunden. Versteht Ihr den Unterschied?
Erotische Sprache? Fehlanzeige!
Das war das eine. Das andere sind konkrete Begriffe. Noch mehr Verwirrung und vor allem Unsicherheit auf Seiten der Beratenden, Schreibenden und Liebenden.
- Nehmen wir den Geschlechtsverkehr. Was für ein sperriges und unerotisches Wort! Geschlechter verkehren miteinander. Vielleicht trägt einer dabei noch einen Zylinder auf dem Kopf. Zudem wird Geschlechtsverkehr für mein Empfinden viel zu oft mit Sex gleichgesetzt. Dabei ist Sex doch noch so viel mehr! Dann hätten wir da noch Koitus, den Fachbegriff. Aber auch das ist nicht sehr liebevoll oder erotisch. Dafür neutral, wie es für das neutrale Sprechen oder Schreiben über Sexualität auch besser passt.
Was sagt nun ein Liebespaar? „Geliebte, wollen wir miteinander koitieren?“??? „Hast du Lust auf Geschlechtsverkehr?“ Nein, natürlich gibt es hier eigene Begriffe wie ficken, vögeln, schnackseln, Liebe machen. Oder wir tun es einfach ohne Worte.
© Free-Photos/pixabay
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- Penis geht klar. Der Begriff ist auch prima für wissenschaftliche Texte geeignet. Schwanz könnte ich hier in diesem Beitrag aber schon nicht mehr verwenden. Im Bett hingegen schon eher. Es gibt allerdings Menschen, denen dieses Wort auch dort zu derb ist. Skrotum? Viel zu urologisch. Aber Hodensack? So was von unerotisch! „Männer lieben es, wenn ihre Partnerin oder ihr Partner am H-o-d-e-n-s-a-c-k saugt?“ Schwierig.
- Vagina, Scheide? Da geht durchaus mal das eine und mal das andere. Wobei wir aber nicht vergessen dürfen, dass damit nur der innere Bereich des weiblichen Genitals bezeichnet wird! Das äußere ist die Vulva, die viel zu oft keine Erwähnung findet. Erst Vulva und Vagina zusammen ergeben das weibliche Geschlecht. Ella Berlin hat 2012 den Begriff Vulvina kreiert. Das hört sich gut an.
- Das Wort Klitoris wiederum wird im allgemeinen für die kleine Perle zwischen den inneren Schamlippen – und auf diesen unsäglichen Namen komme ich gleich noch zu sprechen – verwendet. Sie ist jedoch weitaus größer als das. Also verwende ich das Wort Klitorisperle, wenn ich auch wirklich diese kleine Lustperle meine. Aber versteht Ihr mich dann überhaupt noch?
Und wer weiß, dass der korrekte Plural von Penis Penes lautet? Eine Vagina wird zu zwei Vaginen und zuletzt heißt es das Genitale und nicht das Genital.
Es gibt Hoffnung: Darf ich Ihre Vulvalippen küssen?
Labia majora pudendi und Labia minora pudendi. Die großen und die kleinen Schamlippen. S-c-h-a-m-lippen. Scham kommt von schämen. Wenn Euch interessiert, woher dieser alte Begriff kommt, empfehle ich Euch das Buch „Vulva: Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts“ von Mithu M. Sanyal. Müssen wir uns heute noch schämen? Nein! Zum Glück entwickeln wir uns weiter.
Und so gibt es heute auch die Bezeichnung Venuslippe. Diese kommt jedoch nicht von den leckeren Muscheln sondern von der gleichnamigen Liebesgöttin Venus. Trotzdem muss ich an Muscheln denken. Es gibt ein äußerst amüsantes Video, in dem Erotikdarstellerinnen (und hier waren es tatsächlich nur Frauen) Männern mithilfe von Austern zeigen, wie Oralsex richtig geht. Cunnilingus. Lecken. Hm, lecker Austern... Wurde damit jetzt das Ende der Schamlippe eingeläutet? Nein noch nicht.
Aber es gibt noch einen weiteren Vorstoß der Veränderung. Und den finde ich richtig gut. Er ist sachlich, anatomisch korrekt und hört sich super an: Die Journalistin Dr. Gunda Windmüller schlägt den Begriff Vulvalippen vor. Dazu gibt es auch schon einen Hashtag, an dem Ihr gern teilnehmen könnt. https://twitter.com/hashtag/vulvalippen
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Für alle Frauen, die gern mehr mit der erotischen Sprache spielen möchten, sich aber nicht trauen, habe ich auch noch eine Buchempfehlung. „Secret dreams. Hotel der Lust“ von Suzette Oh. Ein Buch voll von erotischer Inspiration, gespickt mit einer großzügigen Portion wollüstiger Worte. Von einer Frau für Frauen. Oder auch für Männer. Die Art, wie die geschätzte Autorin beides auf eine so lustvolle Weise miteinander verbindet, ließ mich neulich auf einer Elbelesungshafenrundfahrt aufhorchen.
Suzette Oh (Autor)
Secret Dreams – Hotel der Lust
Suzette erbt von ihrem Onkel ein Haus am See. Anstatt die malerische Kulisse ganz für sich zu genießen, plant sie, daraus eine sinnliche und vollkommen enthemmte Lust-Oase für Frauen zu machen. Die heißesten, geheimsten und erotischsten Fantasien werden hier erfüllt. Wollten Sie schon immer einmal einen wilden Dreier erleben oder ein besonders böses Mädchen sein? Im Bett ist es Ihnen zu langweilig? Dann kommen Sie mit in das „Secret Dreams“, das Hotel der Lust – Sie kommen garantiert auf Ihre Kosten! Jugendschutzhinweis: Diese Geschichte ist rein fiktiv. In ihr werden teilweise pornografische Szenen beschrieben – für Minderjährige ist sie daher nicht geeignet, Kauf und Lektüre erst ab 18 Jahren gestattet.
Erotische Sprache, ob liebevoll oder obszön, ist für viele Menschen ein Buch mit sieben Siegeln. Suzette Oh jongliert in ihrem Buch unbeschwert und sinnlich mit Worten, die manch eine oder einer nur zu denken wagt. Raus damit! Sprecht sie aus! Lest euch das Buch laut vor!
© Anja Drews
Anja über Anja: Warum ist Sexualität das Beste, was uns im Leben passieren kann? Und was genau hat Sex eigentlich damit zu tun? Neugierig und mit tausend eigenen Fragen rund um eines der lustvollsten, aber auch verletzlichsten Themen des Menschseins, stürzte sich Anja mit Mitte 20 in das Studium der Sexualwissenschaften. Wissenschaftliche Antworten, persönliche Gedanken und ermutigende Inspirationen der Sexologin sind mittlerweile aus zahlreichen Print- und Online-Veröffentlichungen sowie Videos und Podcasts bekannt.
Eine Freundin über Anja: Sexualität zählt zu den essentiellen Lebensbereichen. Sich lebendig und mit sich selbst wohl zu fühlen, ist untrennbar daran geknüpft. Wer Anja in ihren Räumen in Hamburg aufsucht, begegnet einer erfahrenen Sexualtherapeutin. Vor allem aber trifft man eine lebenskluge Frau, die mit unvergleichlichem Esprit und wohltuender Integrität Menschen dabei begleitet, Sexualität als das zu erfahren, was sie ist: Das Beste, was uns passieren kann.
Sie haben ein Anliegen? Schreiben Sie mir. Rufen Sie mich an. Und dann reden wir!
Eine Freundin über Anja: Sexualität zählt zu den essentiellen Lebensbereichen. Sich lebendig und mit sich selbst wohl zu fühlen, ist untrennbar daran geknüpft. Wer Anja in ihren Räumen in Hamburg aufsucht, begegnet einer erfahrenen Sexualtherapeutin. Vor allem aber trifft man eine lebenskluge Frau, die mit unvergleichlichem Esprit und wohltuender Integrität Menschen dabei begleitet, Sexualität als das zu erfahren, was sie ist: Das Beste, was uns passieren kann.
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