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Von Spiritualität
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von Bruno Schulz
Die Anreise nach Bhutan ähnelte den unendlichen Reisen durch Zeit und Raum in besseren Science-Fiction-Filmen. Sie führte mich aus dem winterlichen Frankfurt über ein paar zeitverschobene Nächte an den Theken von Bangkoks pulsierender Sukhumvit und über ein hyperchaotisches Kalkutta ins Hochgebirge des Himalaya. Das ist vielleicht nicht das Ende der Welt, aber eins der Enden ganz bestimmt.

© akashraut/pixabay
Bhutan ist „Druk Yul“. Das spricht man „Dru Ü“ und es bedeutet „Land des Donnerdrachens“. Die Landung auf dem internationalen Flughafen im Parotal mit der exklusiven, weil einzig zugelassenen, nationalen Fluggesellschaft „Druk Air“ glich einem kontrollierten Absturz. Zur Weiterreise in die Hauptstadt erwartete uns bereits der Chauffeur in Landestracht und sein treuer, antiquierter Toyota-Geländewagen für eine kurvige Tingelfahrt auf einer linksverkehrten Piste. Schlängelndes Finale einer rabiaten Entschleunigungskur. Eher eine Vollbremsung. Und die in allen Sinnen. Die erste schlaflose Nacht diente der vorsichtigen Rekonstruktion von Sinn und Wahrnehmung. Leise liegend. Offene Augen. Unvorstellbare Stille. Meditativ.
Und da traf es mich. Ich dachte immer, ich sei für derartige emotionale An- und Überflutungen unempfindlich. Doch dann dieses Licht. Die früheste Morgensonne. Marmeladig suppte sie über die Gipfel. Untermalt von einem sonoren Klangteppich, bei dem einem nicht sofort klar werden wollte, ob man das was da passierte nun hörte oder eher spürte. Oder vielleicht doch beides? Dungchen ist das klassische Instrument des Himalayabuddhismus in tibetanischer Prägung. Ein langes Horn, das die Mönche in den Klöstern blasen. Die Klöster kommen hier wie Burgen daher. In Bhutan heißen sie Dzongs und es gibt ihrer viele hundert im Land des Donnerdrachens. Und die produzieren morgens eine ganze Menge satttiefer Töne.
Nun war er also irgendwie da, dieser Moment, die aufgeschlossene Tür und das Licht. Und die Erkenntnis, dass dieses frischentdeckte, schwer zu definierende Volumen in mir mit etwas gefüllt sein wollte, das bis zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben nicht stattfand. Da war er, der bewusste Seelenhunger.
Spiritualität? Nein, nicht Religion, sondern Spiritualität! Spiritualität aus dem Lateinischen „spiritus“ für Geist. Oder noch besser von „spiro“. Das übersetzt sich mit „ich atme“ und trifft den Nagel auf den Kopf.
Seit dieser Zeit befasse ich mich regelmäßig, mal mehr und mal weniger intensiv mit meinem subjektiven Verständnis von Spiritualität, das ich durch meine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Denkansätzen, Modellen und Philosophien überprüfe. Es sukzessive parametrisiere. Eine Vorstellung gewinne von dem was mich in Geist, Herz und Seele bewegt. Untrennbar voneinander.
Sehr interessant fand ich mal die Definition des Psychologen Rudolf Sponsel in seiner Untersuchung von Spiritualität aus dem Jahr 2006. Dort beschreibt er sie als mehr oder weniger bewusste Beschäftigung „mit Sinn- und Wertfragen des Daseins, der Welt und der Menschen und besonders der eigenen Existenz und seiner Selbstverwirklichung im Leben“. Frei von konfessioneller Religiosität. Allerdings findet sich Sponsel schließlich doch in einer religiösen Lebenseinstellung wieder, die sich auf das transzendente oder immanente göttliche Sein konzentriert. Auf das Prinzip einer transzendenten und nichtpersonalen allerletzten Wahrheit. Einer höchsten Wirklichkeit. Teleologisch. Schade. Das macht mir die Sache dann doch wieder zu eng. Also geht die Suche weiter.
Nun kenne ich seit ein paar Tagen ein paar Ansätze des französischen Philosophen André Comte-Sponville. Eine interessante Personalie. Er studierte Philosophie an der École normale supérieure und wurde 2008 in das Comité consultatif national d'éthique berufen. Als bekennender Atheist.
Er argumentiert in seinem “Woran glaubt ein Atheist?: Spiritualität ohne Gott” gegen die Existenz Gottes, erkennt aber in vielen Haltungen des Glaubens die immense Bedeutung für ein menschliches Zusammenleben: Gerechtigkeit, Mitgefühl, Liebe, Demokratie und Menschenrechte. Und die können glaubensunabhängig und -übergreifend funktionieren. Ohne Mission. Könnten.
Eine Spiritualität ohne unmittelbaren Gottes- und Transzendenzbezug. Das schmeckt interessant. Und sogar der Dalai Lama spricht von einer religionsunabhängigen Basisspiritualität. Da geht es um die grundlegenden menschlichen Werte wie Güte, Freundlichkeit, Mitgefühl und liebevolle Zuwendung. Das wäre eine Art humanistische Spiritualität. Und in dieser ließe man die Werte des Humanismus zur eigenen Lebenswirklichkeit werden. Ein großartiger Ansatz.
Nachdenkenswert.


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