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Henne oder Ei


von Bruno Schulz

Die Frage, was zuerst da war, das ganze Ausmaß an kollektiver Verblödung oder die Sozialen Medien per se, lässt sich deutlich leichter beantworten, als die nach Henne oder Ei. Schwieriger wird es schon mit der Abwägung, ob die "neuen" Kanäle die Dummheit über die schlichte Übermittlung hinaus noch befördern, oder ob sie vielmehr der Sichtbarwerdung des apokalyptischen Ausmaßes dienen.


Bruno Schulz - Henne oder Ei
© 9883074/pixabay.com


Was bedeutet das? Sind soziale Medien wirklich neu oder sind sie mittels Digitalisierung nur der Stammtisch und der Grillabend, die nicht mehr hinter vorgehaltener Hand, sondern gleich ins Megaphon schwadronnieren. Oder sind sie als Instrument zur Bemessung der kognitiven Dissonanzen weiter Teilnehmergruppen eben kaum mehr als nur die Vergrösserung eines Kartenausschnitts, eine Art digitale Idiotenlupe?

Für mich bieten die Sozialen Medien on top noch ein nur vermeintliches Pardoxon: sie dienen einer vermeintlichen Verständigung wie einem vermeintlichen Missverständnis zugleich. Das klingt verrückt? Vielleicht.

Es ist nicht nur so, wie oft kolportiert, dass im digitalen Gespräch Dinge wie Gestik, Gestalt oder Umfeld auf der Strecke bleiben und dadurch in Dialog oder Thread auch mal komplett bezuglose Argumentationsstränge hinter Moral- und Deutungshoheit aka Wahrheit neben einander herjagen, wie die Windhunde hinter dem Hasen, ohne jemals Bezug zu nehmen aufeinander.

Gleichermaßen verdichtet das Medium das Gesagte glasklar, weil Vernebelungsgestik und Erhebungssuggestion außen vorbleiben zu Gunsten einer Aushärtung diametral entgegengesetzter Positionen ohne Chance auf Moderation.

Das „Media“ ist alles andere als „social“, weil es viel seltener eine Integration gibt, als die häufigere „Ver-Ichung“ in Gruppen. Stumpfsinn und Klugheit in gleicher Gewichtung. Gnadenlos. Die Grenzen sind weniger fließend als man annehmen möchte. Facebook benimmt sich wie ein bockiger, besoffener Babelfisch, der seiner Binärpubertät kaum je entwachsen wird und jede Nuance rigoros ausblendet. Und da haben wir vom „zuhören wollen“ noch gar nicht gesprochen. Laute Sender und gestörte Empfänger.


Facebook benimmt sich wie ein bockiger, besoffener Babelfisch, der seiner Binärpubertät kaum je entwachsen wird
© Karolina Grabowska/pexels.com


Und während wir wieder einmal über die Abgründe der Sozialen Medien und deren „Bevölkerung“ hadern, stellt mein FB-Bekannter Ralf Bönt sich und uns die interessante Frage, ob wir wirklich unser Leben weiter so kapitalisieren lassen wollen. Hm.

Kontemplation? Entschleunigung? Reduktion? Demut? Selbstversorgung? Zurück in die Zukunft? Das wird nicht klappen. Ich bin kein Landwirt, kein Bäcker, verkaufe keine Särge, noch Strom, Gas und Wasser. Ich muss und will Leute erreichen, besenden. Leicht, schnell, viele.

Wir sollten vielleicht weniger im Rückzug unsere Melancholie romantisieren, die sich anfühlt wie eine abheilende Schürfunde auf dem Seelchen, an der man immer wieder gerne rumknibbelt bis es blutet, sondern besser Wege finden, Bestehendes zu verbessern, zu verändern und neu zu gestalten.

Ein erster Schritt könnte ja sein, das vorhandene Medium so zu segmentieren, dass man weniger zu tun hat mit dem, was einem nicht so gut tut. Idio*en schneller blocken, früher rausschmeissen, Verbindungen rigoroser trennen. Runterskalieren wie im echten Leben. Eine Analogisierung des Digitalen. Warum eigentlich nicht?



Bruno Schulz
© www.brunoschulz.de
Bruno Schulz ist siebenundfünfzig Jahre alt und Vater eines Sohnes. Er hat Innenarchitektur studiert und einiges Geisteswissenschaftliche. Nach einigen Stationen in Deutschland, Europa, in Asien und in Afrika arbeitet er als Designer, Texter und Moderator. Mit seiner Agentur schulzundtebbe (www.schulzundtebbe.de) entwickelt und pflegt er Marken. Er liebt und lebt das Storytelling und schreibt immer und leidenschaftlich, ob Essays, Short Stories oder Reiseberichte. Oft geht es dabei um die Liebe, das Leben, Genuß...



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