Eigene Bedürfnisse durchsetzen, ohne egoistisch zu sein

Wer seine eigenen Bedürfnisse respektieren möchte, ohne anderen vor den Kopf zu stoßen, kommt um eine professionelle und offene Kommunikation nicht herum. Wenn man klar kommuniziert, dass einem bestimmte Aufgaben aktuell zu viel werden und man sich eine Zeit lang zurückziehen und auf sich selbst besinnen muss, haben die meisten Menschen dafür Verständnis. Es sollte daher absolut legitim sein, "Nein" zu sagen, wenn man in einer bestimmten Situation nicht helfen kann.

Damit das funktioniert, muss man sich seine eigenen Bedürfnisse zunächst einmal bewusst machen. Nur wenn man weiß, was man braucht und was man leisten kann, ist man in der Lage, für andere da zu sein und ihnen zu helfen. Bei der Vermittlung der eigenen Bedürfnisse sollte man vor allem auf Ich-Botschaften setzen. Diese drücken persönliche Gefühle aus und machen die eigenen Bedürfnisse deutlich. Du-Botschaften werden hingegen häufig als Anschuldigung empfunden und führen zu Streit und Auseinandersetzungen.


Wer sein Leben selbstbestimmt führen möchte, aber trotzdem für andere da sein will, braucht eine große Empathie. Diese sollte sich einerseits auf die eigenen Bedürfnisse und andererseits auf diejenigen der Mitmenschen beziehen. Es ist wichtig, sich klarzumachen, dass auch das Gegenüber Wünsche, Ansprüche und Bedürfnisse hat, die erfüllt werden wollen. Nur wenn einem das klar ist, kann man sich darum bemühen, allen Seiten gerecht zu werden.

Solche Empathie hilft sowohl in Beziehungen als auch im beruflichen Umfeld oder bei Freundschaften und in der Familie. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Urlaubsplanung. Einige Reisende brauchen ein Wellnesshotel mit Whirlpool im Zimmer, um sich perfekt entspannen zu können. Dieses Bedürfnis sollte klar kommuniziert und dann berücksichtigt werden. Andere legen größeren Wert darauf, dass ihre Bedürfnisse bei der Freizeitgestaltung und den Aktivitäten vor Ort gehört werden. All das ist aber nur möglich, wenn man Empathie für die Wünsche und Bedürfnisse des jeweils anderen mitbringt.



Ein soziales Miteinander kann nur durch Kompromisse gelingen. Es ist weder möglich noch sinnvoll, die eigenen Bedürfnisse immer zu 100 % durchzusetzen oder immer nachzugeben. Glückliche Beziehungen zu anderen Menschen können nur gelingen, wenn alle Bedürfnisse Gehör finden. Am besten ist es deshalb, wenn man stets nach Kompromissen sucht und einen Mittelweg findet, durch den alle zumindest zum Teil das bekommen, was sie möchten.

Solche Kompromisse setzen genau die Kommunikationsfähigkeiten und Empathie voraus, von denen bereits die Rede war. Am besten lassen sich Kompromisse erreichen, in denen man nach Win-win-Situationen für alle Beteiligten sucht. Konfrontationen führen meist nur dazu, dass sich die Ansichten verhärten und es zu Streit kommt. Wenn allerdings alle von einem Kompromiss profitieren, sind eigentlich alle bereit, diesen mitzutragen.


Bei den eigenen Bedürfnissen ist das Timing ausgesprochen wichtig. Wenn der Partner gerade einen nahen Angehörigen verloren hat, ist es nicht unbedingt die richtige Zeit, darauf zu bestehen, Ich-Zeit zu bekommen oder sich mit Freunden treffen zu dürfen. Dann sollte man für den Partner da sein, ihn trösten und seine Bedürfnisse über die eigenen stellen. Ebenso möchte man schließlich, dass der Partner einem mit Verständnis und Unterstützung begegnet, wenn es einem selbst nicht gutgeht.

Außerdem kommt es immer wieder vor, dass das Gegenüber gerade gestresst ist oder sich in einer emotional aufgeladenen Situation befindet. Wenn der Chef gerade ohnehin keine Zeit hat, ist es vermutlich kein günstiger Zeitpunkt, um eine Gehaltserhöhung zu erbitten oder ihm mitzuteilen, dass man gerne mehr Aufgaben übernehmen möchte. Das bedeutet nicht, dass man solche persönlichen Bedürfnisse zurückstellen sollte, es ist aber wichtig, den idealen Zeitpunkt zu finden, um sie zu kommunizieren.


Es ist nicht möglich, alle seine Bedürfnisse jederzeit zu 100 % umzusetzen. Zumindest dann nicht, wenn man in Beziehung zu anderen Menschen tritt und mit diesen ein gutes Miteinander erreichen möchte. Deswegen ist es nicht nur wichtig, sich seine eigenen Bedürfnisse bewusst zu machen, sondern auch Prioritäten zu setzen. Man sollte sich klarmachen, was einem im Leben besonders wichtig ist und wo man größere Kompromissbereitschaft zeigen kann.

Die persönlichen Bedürfnisse mit der höchsten Priorität sollten unbedingt mit Nachdruck durchgesetzt werden. Diese sind wichtig, um ein glückliches Leben führen und sowohl für sich als auch für andere da sein zu können. Hier sollte man möglichst geringe Kompromisse eingehen müssen, weil man diese Bedürfnisse unbedingt erfüllen muss. Bei anderen kann man sich hingegen stärker auf den anderen einlassen und die eigenen Bedürfnisse zurückstellen, damit dieser glücklich wird. Je genauer man weiß, was einem im Leben wichtig ist, desto besser kann man auf die eigenen Bedürfnisse Rücksicht nehmen.


Für ein glückliches Leben ist Selbstreflexion ausgesprochen wichtig. Man sollte sich klarmachen, warum man bestimmte Dinge unbedingt will und warum einem die eigenen Bedürfnisse in einzelnen Situationen wichtiger sind als die der anderen. Ist man gerade gestresst und braucht etwas Zeit für Regeneration und Entspannung oder möchte man dem Gegenüber lediglich eins auswischen? Im ersten Fall ist es vollkommen legitim, die eigenen Bedürfnisse in den Mittelpunkt zu rücken, im zweiten nicht. Das Ziel sollte immer darin bestehen, eine möglichst große Zufriedenheit für alle zu erreichen. Das bedeutet, seine eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen, sie aber nicht permanent auf Kosten anderer durchzusetzen.


Im Leben ist es wichtig, sich selbst treu zu bleiben. Ansonsten wird man immer ein Gefühl der Leere haben und eher für die Wünsche anderer, als für sich selbst leben. Das ist schlecht. Bei aller Fokussierung auf die eigenen Bedürfnisse sollte man aber immer empathisch sein und sich klarmachen, dass auch andere Wünsche und Bedürfnisse besitzen und das Recht haben, diese zu kommunizieren und durchzusetzen.