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Der vergessliche Mönch


von Uwe Bjorck

In Skete lebte ein Mönch, der trotz seines hohen Alters einen noch sehr fitten Körper besaß. Leider traf das nicht auf seinen Geist zu, denn er litt an einer leichten Demenz. Und deshalb ging er zu seinem Altvater, um mit ihm das Problem zu besprechen. Dieser gab ihm einen guten Rat, doch kaum war der Mönch wieder in seiner Zelle, hatte er diesen Ratschlag schon wieder vergessen.

Und so ging er zurück und fragte noch einmal. Aber auch da hatte er den Rat des Altvaters vergessen, als er sich wieder allein in seiner Zelle befand.

So kam es, dass er viele Male hin und zurück ging, bis andere schon über ihn zu tuscheln begannen.

Da wurde es dem alten Mönch peinlich und er fand sich mit seinem Schicksal ab. Es vergingen viele Wochen, bis der alte Mann seinem Altvater zufällig in den langen Gängen des großen Klosters begegnete.


Mönch cocoparisienne/pixabay 35
© cocoparisienne/pixabay

Sie unterhielten sich im Gehen und da sagte der alte Mönch fast nebenbei: „Weißt du Vater, dass ich immer wieder vergessen hatte, was du mir geraten hattest, damit ich nicht mehr so vergesslich bin?“

„Nein, das wusste ich bisher nicht“, gab der Altvater zur Antwort. „Warum bist du nicht wieder zu mir gekommen?“

„Ich habe mich bisher nicht getraut. Mir waren meine Sorgen zu klein, als dass ich dich damit stören wollte.“

Da sagte der heilige Mann. „Komm nachher zu mir, bring eine Kerze mit und zünde sie in meinem Raum an.“

Der alte Mönch tat es und der Vater sagte: „Nun bringe mir bitte noch eine Kerze und zünde sie an der ersten an und stelle sie daneben.“



Auch das tat der alte Mönch. Doch dem heiligen Mann reichte es noch nicht. Also ging der alte Mönch in dieser Nacht immer wieder hin und her und stellte im Raum des Altvaters eine Kerze neben die andere, deren Flammen er immer wieder an der Kerze entfachen sollte.

Nach einigen Stunden, der kleine Tisch in der Zelle des Altvaters war inzwischen voller leuchtender Kerzen, fragte der Altvater: „Ist nun das Licht, an denen du die ganzen anderen Kerzen angezündet hast, irgendwie verletzt worden?“

Der greise Mönch schaute sich die flammenden Kerzen an und verneinte.

„In gleicher Weise kannst auch du mich nicht verletzen, auch wenn du mich noch so oft um den gleichen Rat bitten würdest“, sagte der heilige Mann. „Selbst wenn alle Einsiedler aus der Wüste zu mir kämen, mein Raum kann immer nur heller werden.“

Dies nahm sich der greise Mönch zu Herzen und von da an wandelte er wieder voller Freude durch die Gänge des Klosters und besuchte seinen Altvater.



Uwe Bjorck über Uwe Bjorck:

Uwe Bjorck
© Uwe Bjorck
Ich kam im Jahre 1958 als wetterfester Ostfriese auf die Welt. Nach meinem Abitur habe ich vier Semester Kommunikationswissenschaft studiert. Dies jedoch ohne Abschluss, weil ich die Möglichkeit hatte, ein Jahr in Südtunesien zu leben. Ich arbeitete fast 30 Jahre in international tätigen Werbe- und PR-Agenturen und schloss ein berufsbegleitendes Studium zum Diplomkaufmann ab.

Nebenbei schrieb ich immer Kurzgeschichten und Lyrik und veröffentlichte mit der Bremer Schauspielerin Bico Lange den Lyrikband unbeschirmt. Gleichzeitig wurden Gedichte und Kurzgeschichten von mir in einigen Anthologien veröffentlicht. Im Jahr 2009 beschloss ich, mich von der Erwerbsarbeit zurückzuziehen und zog in das schöne Bremen, wo ich meine Frau kennenlernte. Heute bin ich Hausmann, mache Musik mit meiner Band und engagiere mich stark für das bedingungslose Grundeinkommen. Seit Februar 2021 bin ich erster Vorsitzender der Partei Grundeinkommen für Alle, GFA. (www.gfa-partei.de)
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