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Herausforderung Patchworkfamilie auf den sieben Weltmeeren


von Ulla Grans

Patchworkfamilien glauben an die Kraft der Liebe, wie sonst lässt es sich erklären, dass die Beteiligten sind noch einmal auf das Wagnis „Familie“ einlassen?

Sie sind mutig und versuchen neue Wege zu finden, im Dschungel von mehreren Mama´s, Papa`s, Oma´s, Opa´s, Kindern und Bonuskindern. Ein prägnanter Unterschied zur klassischen Kernfamilie (Eltern und leibliche Kinder) ist zudem, dass die Kernfamilie Zeit hat zu wachsen und sich die Familie nach und nach zusammenfügt. Alle Familienmitglieder haben Zeit in ihre Rollen zu schlüpfen, diese zu leben und vor allem zu fühlen. Patchworkfamilien hingegen gleichen einer Fusion mindestens zweier Unternehmen. Sie entstehen quasi über Nacht. In der Regel treffen hier mehrere Menschen mit Trennungserfahrungen aufeinander. Es gibt bereits bestehende Rollen, verteilte Aufgaben, Regeln und Abläufe in den jeweiligen „Unternehmen“.

Die Art und Weise des Zusammenlebens kann sehr unterschiedlich sein, da in der Regel zwei Haushalte aufeinandertreffen, aus denen sich unterschiedliche Vor- und Nachteile ergeben. So ist vielleicht ein Teil der Patchworkfamilie laut, lebendig, chaotisch, während der andere Teil eher ruhig, besonnen und bedacht sein Leben lebt. Da kann man sich vorstellen, wie schnell Konflikte auf der Tagesordnung stehen.

Herausforderung Patchworkfamilie auf den sieben Weltmeeren
© ericjamesward/unsplash


Zwei Kapitäne an Bord!

Auf der Elternebene steht das Zustandekommen und die Erfüllung der neuen Paarbeziehung im Vordergrund. Sie ist das Fundament. Die beiden Elternteile müssen sich zunächst als Paar finden und gleichzeitig auch eine Elternebene gestalten. Für das neue Paar ändern sich viele Rollen. Sie müssen den eigenen Platz in der neuen Familie finden, sich über die leibliche und soziale Elternschaft klar werden, ihre Bedürfnisse als Paar spüren und leben.

Die Eltern stecken, aus meiner Erfahrung, häufig in einem Dilemma zwischen realen organisatorischen und emotionalen Herausforderungen. Die Erfahrungen aus der jeweils eigenen Herkunftsfamilie haben ebenso Einfluss auf die Patchworkfamilie.

Was sind meine Werte, Wünsche, Vorstellungen und Glaubenssätze bzgl. einer Familie? Oft handeln wir unbewusst nach alten Glaubenssätzen, die uns von unseren Eltern mitgegeben wurden. Das sind ganz schön viele Herausforderungen, die zeitgleich auf die Patchworkfamilien zukommen.

Wie kann ich mein eigenes Kind und das Kind meines Partners gerecht behandeln und gar lieben?

Wie schaffe ich Gleichheit im Umgang, auch wenn die Liebe und die Verbindung zum eigenen Kind stärker ist?

Wie gehe ich mit den Großeltern um?

Wie reagiert mein Freundeskreis?


Die Schiffsbesatzung!

Die Sichtweise von Kindern in Patchworkfamilien miteinzubeziehen, ist enorm wichtig, weil sie in der herausfordernden Situation häufig nicht genug gesehen werden. Das geschieht gar nicht, weil die Eltern nicht sensibel und umsichtig sind, sondern eher aus Überforderung und dem Gefühl alles richtig machen zu wollen. Es gibt auch Elternteile, die denken,

“ och, die Kindern sind noch so klein, die kriegen davon gar nichts mit.“

Weit gefehlt!

Kinder bekommen familiäre Spannungen, Missstimmungen, Gefühle, welche vermeintlich unter der Decke liegen sehr genau mit! Die Trennung der Eltern, der Verlust eines Elternteils sind für Kinder in jedem Alter ein einschneidendes Erlebnis und hinterlässt emotionale Wunden. Meist ging der Trennung im Vorfeld schon eine spannungsgeladene Phase mit vielen Konflikten voraus. Besonders kleine Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter fühlen sich oft schuldig für die Trennung der Eltern („der Papa ist bestimmt gegangen, weil ich nicht lieb war.“). Diese Schuldgefühle sollten unbedingt mit dem Kind besprochen werden, damit es das Gefühl verliert, verantwortlich zu sein. Kinder wünschen sich in dieser Phase des Umbruchs das Gefühl, geliebt zu werden. Sie brauchen die Gewissheit, dass die Eltern-Kindbeziehung mit ihrer Nähe und Intensität bleibt. Das bedeutet Sicherheit für sie.

Bei Jugendlichen geht es vermehrt um Autoritätskonflikte. Es geht darum, ob sie sich auf den Partner/ die Partnerin des leiblichen Elternteils einlassen. Sie sind ja sowieso in einer Phase, in der sie gegen die Eltern rebellieren und Grenzen austesten. Da kommt „die Neue“ gerade recht, um genau das auszuprobieren… Aber auch unter dieser „coolen Haut“ liegt ein zutiefst verunsichertes Herz!

Gelingt es dem Kind und dem neuen PartnerIn durch gegenseitige Akzeptanz und langsame Annäherung eine gefühlsmäßige Verbundenheit, eine gute vertrauensvolle Beziehung zu entwickeln, so ist der Weg offen, dass das Kind den „Neuen“, die „Neue“ als weitere Elternperson ansehen und deren Entscheidungen akzeptieren kann.


Aber - das alles braucht Geduld!

Die neu zusammengesetzte Familie benötigt zunächst einmal eine neue Landkarte. Dort sollten die neu entstandenen familiären Flüsse, Berge, Straßen, Landesgrenzen, Nationalitäten eingetragen werden.

Es gibt verschiedene Geschmäcker, andere Tischzeiten, andere Regeln, neue Rituale zur Begehung von Festen, neue Gerüche, neue Gewohnheiten, andere Urlaubsziele, verschiedene Lautstärken, die Liste kann endlos fortgeführt werden.

Es muss sicherlich nicht jeder Punkt neu verhandelt werden, aber durchaus die relevantesten für die jeweilige Familie. Dazu ist es hilfreich, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen, mit dem Ziel diese Punkte gemeinsam zu verhandeln!

Ich habe mich oft gewundert, dass für meinen Sohn oder für meinen Bonussohn vollkommen andere Dinge wichtig waren, als ich angenommen hatte. Da war z.B. die Sitzordnung plötzlich unglaublich wichtig oder die Essenswünsche an Weihnachten wurden heftig diskutiert. Es braucht halt Zeit, gemeinsam neue Rituale zu finden, mit denen sich alle wohlfühlen.

Das Paar ist nun das Kapitänsteam auf der Brücke des Patchworkschiffs! Sie müssen lernen, hart am Wind zu segeln und dürfen dabei nicht das Ziel aus den Augen verlieren! Wenn sie sich jedoch immer wieder an ihre Liebe zu sich und den Kindern erinnern, wird die See nicht ganz so stürmisch werden, auch wenn die Segel mal ordentlich flattern, die Gischt aufs Deck spritzt, die Masten quietschen und der Kurs bei stürmischer See nicht immer leicht zu halten ist.

Aber - das alles braucht Geduld!
© floriandeg/unsplash

Bis zu fünf Jahre dauert es im Schnitt, bis sich eine stabile, tragfähige Beziehung zwischen den Familienmitgliedern aufgebaut hat! Wenn sich darüber alle bewusst sind, kann das Familien-Patchwork-Schiff mit seiner Besatzung alle sieben Weltmeere umsegeln!

Um es mit Hermann Hesse zu sagen: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“

In diesem Sinne, ein herzliches Ahoi, Leinen los und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

Eure Ulla



Ulla Grans
© Ulla Grans
Ich bin Ulla Grans, Coach und systemische Familien,- Einzel,- und Paarberaterin. Ich begleite Patchworkfrauen und Frauen in herausfordernden Familiensituationen auf ihrem Weg zu sich selbst. Meine Werte, die mich schon immer in meinem Leben begleiten sind „Familie“, „Veränderung“ und „Freiheit“.

Ich selbst lebe nun in dritter Generation das Patchworkleben und kann sagen, dass ich darin Expertin bin. Ich habe meine private und berufliche Expertise zusammengeführt und arbeite seit 2019 selbstständig online und in eigener Praxis im Ruhrgebiet.

Ich bin Dipl.-Sozialarbeiterin, systemische Familienberaterin, habe vor vier Jahren meinen Master an der IPU Berlin absolviert, unterrichte als Dozentin an der Uni, und leite das Frauennetzwerk „Ruhrpreneurs“.

Direkt zur Homepage von Ulla Grans: www.ulla-grans-coaching.com
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