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Die 50+ Liebe - Über Suchen und Finden im hinteren Lebensdrittel


von Dominik Schott

Alle wollen ein langes Leben aber keiner will alt werden. Alt werden fällt immer noch vielen schwer. Das mit dem langen Leben klappt immer besser. Dank weniger harter körperlicher Arbeit, besserer Ernährung und Fortschritte der Medizin leben wir tatsächlich länger. Manchmal sind wir langlebiger als unsere Beziehungen. Als Steinzeitmenschen hatten wir eine Lebenserwartung von 40 Jahren. Auf Beziehungen die so lange dauern wie früher ein ganzes Leben hat uns die Evolution nicht vorbereitet, das ist eine kulturelle Anpassungsleistung. Nachdem heute kein moralischer oder wirtschaftlicher Zwang mehr vorgibt, es mit einem Menschen auszuhalten der nicht zu uns passt, erleben inzwischen auch immer mehr Paare nach 20 oder 30 Jahren eine Trennung. Die Kinder sind aus dem Haus und man fragt sich: was außer Eltern sein verbindet uns noch? Andere hatten nicht ganz so lange Beziehungen sondern sind seit ihren Zwanzigern in einem Rhythmus der seriellen Monogamie.



Eine Trennung ist selbst wenn sie freundschaftlich und friedlich verläuft immer ein Ablöseprozess für den wir uns Raum geben sollten. Wer sich gleich in die nächste Paarung stürzt, wird womöglich das Gleiche nochmal in grün erleben, denn unsere ungelösten Aufgaben nehmen wir mit in die nächste Beziehung. Wir ziehen wieder die gleichen Themen an, nur in einer anderen Person. Es sei denn, es hat schon in der Schlussphase der Beziehung oder Ehe ein innerer Wandel stattgefunden. Vielleicht war gerade dieser Wandel der Grund warum wir den Mut gefunden haben uns zu trennen. So oder so schadet es nicht, eine Weile allein zu leben um herauszufinden: wer oder wie bin ich denn ohne jemand an meiner Seite? In einer Beziehung machen wir Kompromisse, das ist ein Hauptmerkmal des Zusammenlebens. Dadurch lernen wir, uns auch mal zurück zu nehmen oder mit seltsamen Vorlieben des Partners anzufreunden. Erlauben wir uns eine längere Zeit für uns selbst bevor wir wieder irgendwo andocken, können wir klarer sehen, was unsere ureigenen Bedürfnisse sind und an welchen Stellen wir vielleicht aus Liebe ein Lebensmodell oder auch nur Angewohnheiten mitgelebt haben, die nicht uns entsprechen.

In einer Beziehung machen wir Kompromisse, das ist ein Hauptmerkmal des Zusammenlebens
© cottonbro/pexels.com

Wer nahtlos von einer in die nächste Beziehung geht, könnte hinterfragen, ob genügend Selbstliebe da ist, um es mal eine Zeit lang allein mit sich selbst auszuhalten. Oder ob eine emotionale Abhängigkeit von einem Gegenüber besteht. Wer sich nicht selbst vorbehaltlos annimmt und liebt wird auch die Liebe eines anderen nie ganz annehmen können. Und wer emotional nicht ein Stück weit unabhängig von der Bestätigung durch andere ist, wird schnell verletzt oder verunsichert reagieren und mit einem reifen Partner nie auf Augenhöhe sein.

Das mit dem Allein für sich sein birgt – gerade in den Ballungsräumen - eine Zusatzschwierigkeit: eine bezahlbare Single-Wohnung finden. Viele Paare müssen auch nach der ausgesprochenen Trennung noch lange miteinander wohnen, weil schlicht die Mittel oder der Raum für eine auch räumliche Trennung fehlen.

Wie die Zeit zwischen festen Beziehungen verbracht wird ist Typsache
© cottonbro/pexels.com
Wie die Zeit zwischen festen Beziehungen verbracht wird ist Typsache – und hängt davon welche Bedürfnisse in der letzten Partnerschaft nicht gelebt wurden. Wer mit dem letzten Partner zu wenig Sinnlichkeit oder Sex erlebt hat wird seinen Nachholbedarf vielleicht mit dem einen oder anderen kleinen Flirt oder Abenteuer stillen. Andere stürzen sich nun in die Hobbies oder Aktivitäten die den Partner immer gestört haben oder für die er sich nicht begeistern konnte: Tanzen, Bergsteigen, Sprachen lernen, Reisen – oder daheim bleiben. Das ist gut. Wir kommen zu uns und in unsere eigene Lebendigkeit.

Irgendwann ist es wieder soweit. Wir wünschen uns einen Schatzmensch an unserer Seite. Vielleicht nicht gleich zusammen ziehen – aber Vertrauen, Nähe und gelebter Alltag. Achtung, bloß weil wir uns das jetzt wünschen steht diese Person nicht am nächsten Tag vor der Tür. Alles im Leben hat seine Zeit – und manchmal denken wir, wir seien so weit, sind es aber wohl doch noch nicht, denn sonst würde es geschehen. Das ist wie beim Gras das nicht schneller wächst wenn wir daran ziehen. Wir können es nicht erzwingen (manche gehen Beziehungen aus Torschlusspanik ein: „lieber den als gar keinen mehr“). Natürlich dürfen wir jemanden in unser Leben einladen (quasi dem Universum Bescheid sagen). Das tun wir am besten indem wir uns selbst toll finden, unsere Lebendigkeit und Schönheit feiern und ansonsten einfach offen und entspannt durchs Leben gehen. Eine unwiderstehliche Ausstrahlung und Attraktivität entsteht die bald Menschen in unseren Orbit ziehen wird die zu uns passen könnten. Der Rest ergibt sich wie alles Wesentliche im Leben auf magische und unerklärliche Weise und keiner kann es berechnen oder bestimmen. Wir können dem Schicksal natürlich mehr Chancen einräumen und auf Parties, Tanzkurse oder Tinder gehen. Selbst die gute alte Zeitungsannonce soll immer wieder Menschen zusammen führen. Aber dem Zufall der dafür sorgt dass uns die genau richtigen Dinge, Ereignisse und Menschen „zufallen“ ist es letztlich egal was wir tun oder lassen. Wenn es soweit ist, ist es soweit und das Leben findet immer einen Weg. Wir könnten auf die einsame Berghütte ziehen und würden den Menschen der in unser Leben soll dann eben im Wald treffen. Oder beim seltenen Besuch im Supermarkt.


Souverän präsentieren - Die erste Botschaft bist Du Wie Sie Körpersprache authentisch und wirkungsvoll einsetzen
Dominik Umberto Schott (Autor)
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Wie Sie Körpersprache authentisch und wirkungsvoll einsetzen

Was zieht uns am Anderen an? Manchmal das Abenteuer. Jemand, der ganz anders ist als wir selbst oder der letzte Partner, ein ganz anderes Leben lebt und mit dem wir eine Erweiterung unseres Horizonts erfahren können. Manchmal das Vertraute. Jemand der uns selbst, dem letzten Partner oder unserem Lieblingselternteil ähnlich ist, vom Wesen her oder sogar äußerlich (es gibt tatsächlich Untersuchungen, die zeigen dass viele sich einen Ehepartner suchen der, der ersten wichtigen Bezugsperson im Leben ähnelt). Oder jemand der genau das eine Bedürfnis zu erfüllen scheint, das in uns gerade besonders groß ist: Sicherheit, Bestätigung, Nähe, Sex, Unverbindlichkeit.

Was zieht uns am Anderen an?


Wenn wir noch Themen in uns tragen, die nicht nur unerlöst sondern auch unbewusst sind, kann es gut sein, dass wir jemand in unser Leben holen, der uns hilft, diese Themen zu bearbeiten bzw. anzuschauen. Und wenn noch starke negative Emotionen wie Schmerz oder Wut in uns wohnen, dann wird diese psychische Energie magnetisch Andere anziehen die ähnlich schwingende Zustände in sich tragen. Eckart Tolle nennt diese verdichteten alten Energiemuster in uns sehr treffend Schmerzkörper. Diese wollen mit negativer Energie gefüttert werden (deshalb sind Filme so populär in denen Menschen einander weh tun). Die Schmerzkörper finden und erkennen sich. Anfangs halten sie sich ruhig und wir zeigen uns von unserer besten Seite. Sobald das Ego den Partner sicher an sich gebunden weiß, gehen die Schmerzkörper aus der Deckung und drücken sich gegenseitig die Knöpfe. Dann haben wir Drama im Leben. Honeymoon is over. Und das was uns am anderen aufregt ist meist das was wir bei uns selbst nicht sehen wollen oder unterdrücken. Dann muss es eben der Partner sichtbar machen.

Im reiferen Alter nochmal eine Liebesbeziehung einzugehen hat einige wunderbare Vorteile. Meist weniger Drama. Denn: wir kennen uns jetzt gut und wissen viel deutlicher als früher was wir wollen und was nicht. Noch besser: wir wissen es nicht nur, wir können es jetzt auch benennen und klarer unsere Bedürfnisse äußern. Da wir allmählich eine Ahnung davon haben, dass wir nicht ewig hier sind, verschwenden wir auch keine Zeit mehr mit unklaren Verhältnissen oder quälenden Machtspielen. Wir können lieben und sind es wert geliebt zu werden und das darf sich jederzeit zeigen. Weiterer Vorteil: die potentiell heikle Frage nach dem Kinderwunsch ist abgehakt. Entweder sie sind bereits erwachsen oder es kommen keine mehr (Verhütung ist irgendwann auch kein Thema mehr). Auch liegt die forderndste Phase des Berufslebens wahrscheinlich hinter uns. Wir haben weniger Druck, weniger äußere Zwänge und dadurch mehr Raum für eine Herzensbegegnung.


Im reiferen Alter nochmal eine Liebesbeziehung einzugehen hat einige wunderbare Vorteile.
© Andrea Piacquadio/pexels.com


Klar, die körperliche Attraktivität hat ein bisschen nachgelassen – aber das geht dem Gegenüber genauso, außer wir flirten mit deutlich Jüngeren. Ja, mit zwanzig war alles knackiger – aber Hand aufs Herz: wer will nochmal zurück in diese Lebensphase? Dafür genießen wir Berührung und Sex jetzt bewusster und sind überhaupt mehr mit uns im Reinen. Laut Studien ist die Lebenszufriedenheit bei Menschen um die 55 am höchsten. Eindeutig nicht mehr jung aber auch noch lange nicht gebrechlich. Wir haben viel erlebt, viel gelitten, hoffentlich auch viel gelacht. In unseren Gesichtern ist jetzt abzulesen was für ein Leben wir geführt haben. Wenn wir uns jetzt nochmal einlassen, dann immer auf ein Stück gemeinsame Zukunft und ganz viel Vergangenheit des anderen, die wir mit integrieren dürfen. Ein egoistisches Wort in diesem Zusammenhang taucht häufig in Heiratsanzeigen auf: Altlasten. Man wünscht sich einen Partner „ohne Altlasten“. Was für ein abwertender Begriff für die Lebensgeschichte und die Verpflichtungen die einen Menschen eben auch ausmachen. Aber das regelt der Markt. Es gibt sicher genug Männer und Frauen die entweder nie Verpflichtungen eingegangen oder sie gründlich aus ihrem Leben entfernt haben – sodass sich immer die zwei richtigen finden können.

Übrigens spannend, Heiratsanzeigen zu lesen. In wenigen Zeilen sich selbst und den Wunschpartner zu beschreiben - eine eigentlich unmögliche Aufgabe. Denn normalerweise begegnen wir Menschen das erste Mal physisch im Club, in der Arbeit oder wo auch immer. Der erste Eindruck ist meist zunächst ein optischer. So ist es auch bei Tinder oder ähnlichen Apps. Da haben wir allerdings kein Bewegtbild, wir sehen nur ein Foto. Und entscheiden blitzschnell: interessant? Oder wisch und weg? Im old school Inserat entsteht das erste Bild nur aus wenigen Adjektiven. Welche besonders häufig vorkommen und welche verschiedenen Inserat-Typen es gibt, wird demnächst ein weiterer Artikel beleuchten. Bis dahin: Augen auf. Das Leben ist voller Schönheit. Manche entdeckt man erst auf den zweiten Blick.



Dominik Umberto Schott
© Dominik Schott
Dominik Umberto Schott
 arbeitet international als Präsentationstrainer, Vortragsredner und Executive Coach.

Er war nach seiner Gesangs- und Schauspielausbildung mehr als 20 Jahre lang Radio- und TV-Moderator, hat bei Thomas Gottschalk gelernt, stand bereits bei Hunderten großer Events auf der Bühne und ist eine der bekanntesten Stimmen des deutschen Fernsehens. Als Bühnenprofi weiß er, wie man mit Worten bewegt. Privat ist er spirituell und philosophisch interessiert und legt monatlich als DJ in München auf.

Podcast und YouTube-Kanal von Dominik Schott:

  • Podcast: https://freisprechen.podigee.io/
  • YouTube-Kanal: https://www.youtube.com/channel/UC5OFgnQIB0xjLr2HjPbiPvg

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