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Maria Bachmann im Interview: „Du weißt ja gar nicht, wie gut Du es hast“


Maria Bachmann erlebt eine Kindheit umwoben von Beklemmung und Schweigen. Die Eltern, kriegstraumatisiert, selbst unter emotional kargen Umständen aufgewachsen, können ihrer Tochter nicht geben, was sie so sehr braucht: Geborgenheit, Zuversicht und Selbstvertrauen.

In ihrem neuen Buch „Du weißt ja gar nicht, wie gut du es hast“ – von einer, die ausbrach, das Leben zu lieben" erzählt die bekannte Schauspielerin Maria Bachmann eindringlich und authentisch von den Mühen ihrer Kindheit in der süddeutschen Provinz der Sechzigerjahre, aber auch davon, wie ihr der Aufbruch in ein selbstbestimmtes Leben gelingt.

Von ihrem Auszug aus der dörflichen Enge, der Verwirklichung unerlaubter Träume, und davon, wie sie es schließlich schafft, ihre innere Heimat zu finden geht es auch im nachfolgenden Interview:


Maria Bachmann im LEBE-LEBE-LACHE-Interview mit Annette Maria Böhm
© Fotograf: Toni Leypoldt
Maria Bachmann im LEBE-LEBE-LACHE-Interview mit Annette Maria Böhm


LEBE-LEBE-LACHE: Was war deine Motivation, um dein neues Buch „Du weißt ja gar nicht, wie gut Du es hast – Von einer, die ausbrach, das Leben zu lieben“ zu schreiben?

MARIA BACHMANN: Ich wollte Worte und Bilder für die Situationen unserer Kindheit und Jugend finden, für die wir damals keine Worte hatten, die uns aber maßgeblich geprägt haben. Ich will berühren und einen Weg aufzeigen, den wir gehen können. Es ist nie zu spät, das Lebensruder im Kleinen, wie im Großen nochmal rumzureißen. Ich wußte, dass es eine generationsübergreifende Angelegenheit ist, ein Gesellschaftsthema unserer Zeit. Ich glaube, jetzt erst sind wir bereit, uns diesen Bereichen unserer selbst zu widmen. Zum einen, weil wir spüren, dass etwas im Leben nicht wirklich „rund“ läuft und wir merken, dass wir unser Leben aus irgendeinem Grund noch nicht richtig ausgeschöpft haben, zum anderen, weil unsere Eltern allmählich sterben und wir an den Punkt kommen, wo wir an der Auseinandersetzung gar nicht mehr wirklich vorbei kommen. 



LEBE-LEBE-LACHE: Du hast, wie viele von uns, als Kinder der 60er Jahre, eine häufig freudlose Jugend erlebt.  Was hat dich am meisten geprägt?

MARIA BACHMANN: Das, was mich und viele aus unserer Gesellschaft geprägt hat, war: es war alles da und trotzdem hat etwas wichtiges gefehlt. Doch das konnten wir damals nicht erkennen, denn es lief ja alles „normal“. Es fehlte emotionaler Rückhalt, Mutmachen fürs Leben, Vertrauen, Leichtigkeit, Verspieltheit. Dadurch dachte ich zum Beispiel: „Mit mir stimmt etwas nicht.“ Ich wäre nie auf die Idee gekommen, zu sagen, dass meine Eltern durch ihre Vergangenheitserfahrungen im Krieg und die Zeit danach stark beeinflusst und geprägt wurden. Die Normalität des Schweigens, der latenten Angst vor den Eltern und ihren Reaktion, die Beklemmung, die oft in den Familien herrschte, das Mißtrauen gegenüber anders Denkenden… das alles hinterläßt in einem Kind Spuren. Aber ein Kind tut ALLES für Liebe. Es passt sich an. Oder es rebelliert. Es verliert die gesunde Verbindung zu sich selbst – aus Solidarität mit den Eltern, die ihrerseits gar nichts ändern können, weil sie es nie gelernt haben. Und auch: weil man damals keine Zeit für Selbstreflexion hatte. Die Väter kamen traumatisiert aus dem Krieg zurück und bissen die Zähne zusammen, bloß keine Gefühle zeigen! Sonst war er kein starker Mann. Die Mütter arbeiteten, passten sich an, funktionierten und schwiegen. Aus ihrer Erfahrung waren ihre Leitsätze, wie: „Du wirst dich noch umgucken“ oder „Du hast keine Ahnung vom Ernst des Lebens“ erlebte, teils grausame Wirklichkeit.


Du weißt ja gar nicht, wie gut du es hast Von einer, die ausbrach, das Leben zu lieben
Empfohlen von Lebe-Liebe-Lache.com
Maria Bachmann (Autor)
Du weißt ja gar nicht, wie gut du es hast
Von einer, die ausbrach, das Leben zu lieben



LEBE-LEBE-LACHE: In welche Phantasiewelten bist du geflohen?

MARIA BACHMANN: Ich habe Halt und Orientierung in der Musik gesucht, hing am Radio, hörte Rock und Pop. Ich suchte nach Vorbildern im Umfeld, das war aber schwierig, denn ich war ein künstlerisch veranlagtes, kleines Mädchen in einer sicherheitsorientierten, streng katholischen und genormten Umgebung. Ich sehnte mich nach mir selbst, nach Befreiung, aber ich wußte nicht, wie es gehen soll. Ich habe viel Tagebuch geschrieben, das hat mich gerettet. Später habe ich Hermann Hesse gelesen: eine Offenbarung. Ich träumte davon, mich zu verwandeln, eine andere zu werden. 



LEBE-LEBE-LACHE: Wie ist es dir gelungen , dich aus dieser Situation zu befreien um ein selbstbestimmtes Leben zu führen?

MARIA BACHMANN: Ich habe im Erwachsenenalter gemerkt, dass ich gebremst bin, ich kriegte Depressionen, lebte in Angst, die ich aber gar nicht als solche wahrgenommen habe. Ich hatte mein Leben lang Alpträume, wenig Selbstbewusstsein und wußte nicht, warum. Ich merkte, ich bin nicht frei und ich hatte schließlich Bedenken, meinen Beruf als Schauspielerin nicht mehr ausüben zu können. Wenn man merkt, dass einen etwas über lange Zeit in irgendeiner Art gefangen hält, unfrei macht, beklemmt, dann darf man da gerne hinschauen. Das sind Alarmsignale! Es ist das größte Geschenk, das man sich machen kann: sich selbst und dadurch auch mehr von den Eltern zu verstehen. Ich habe das in meinem Buch beschrieben. Es ist ein Buch, das Zusammenhänge begreifbar machen und eine Tür öffnen möchte. 



LEBE-LEBE-LACHE: Welche Rolle spielt/e Udo Lindenberg in deinem Leben?

MARIA BACHMANN: Er hat als ich zwanzig Jahre alt war als erster an mich geglaubt und mir mit seiner sehr speziellen Rebellion einen ausschlagenden Schubs in mein eigenes Leben verpaßt. Durch ihn lernte ich, dass man ausgetretene Pfade verlassen kann und sich selbst in den Mittelpunkt stellen muss, statt nach anerzogenen Reglementierungen zu leben. Er hat mich bestärkt den Wunsch, Schauspielerin werden zu wollen, ernst zu nehmen.



Maria Bachmann

Maria Bachmann:
Aufstehen. Weiter machen. Du kannst es.

Maria Bachmann:
Ach, es gibt so viele kleine Dinge… die zählen alle als Liebestat: jemandem den Weg erklären, Tür aufhalten, geduldig sein, wenn man ungeduldig ist...

Maria Bachmann:
Über den Hund von Freunden von mir, er heißt: „Pluto“, über „Keks" und „Uschi", zwei Katzen und natürlich über meine Freunde, wenn wir richtig Quatsch machen und albern sind.
Maria Bachmann - Interview


LEBE-LEBE-LACHE: Viele Kriegsenkel sorgen gut für das Wohlergehen anderer, doch sie selbst bleiben dabei auf der Strecke. Und sie merken, dass sie nicht mehr können. Kann man Selbstfürsorge erlernen?

MARIA BACHMANN: Absolut! Es ist sogar wissenschaftlich bewiesen, dass man Selbstfürsorge lernen kann. Es braucht das Interesse daran und die Vorstellung, das es möglich ist, zu sich selbst liebevoll und fürsorglich zu sein. Wir sind heute keine Opfer mehr, während unsere Eltern keine Wahl hatten und ausgeliefert waren. Wir dürfen und müssen die Verantwortung für unsere Gefühle übernehmen. Es fällt leichter, wenn man die familiären Zusammenhänge nicht nur rational, sondern auch emotional und sehr persönlich versteht. Dazu möchte ich unbedingt ermutigen. Dann kann sich ein Lebensentwurf sehr zum Positiven verändern. Im Mittelpunkt seines Leben zu sein, hat nichts mit Egoismus zu tun. Es hat lange gedauert, bis ich das verstanden habe, nachdem ich mit Warnungen, wie „Tu dich bloß nicht hervor“ aufgewachsen bin. 



LEBE-LEBE-LACHE:  Neben deinem Beruf als Schauspielerin und Autorin bist du auch als Persönlichkeits-Coach tätig. Welche Themen stehen hier im Vordergrund?

MARIA BACHMANN: Ich coache Präsenz und Ausdruck und mache Vortrags- und Präsentationscoaching. Vorrangig interessiert mich, dass meine Klienten in ihre authentische Kraft kommen, Leidenschaft für ihr Thema entdecken und nach außen bringen können. Da ist es egal, ob es ein persönliches Coaching oder Businesscoaching ist. Es geht immer um die gute Verbindung mit sich selbst, das Erreichen eines nährenden Standpunkts und eine überzeugende Botschaft. 



LEBE-LEBE-LACHE: Welche Rolle spielt die Hoffnung in deinem Leben?

MARIA BACHMANN: Hoffnung ist ein Motor. Der Glaube an sich selbst ist ein Motor. Ich finde, wir können mit unseren eingefahrenen Denkmustern vieles zerstören. Deshalb lohnt es sich, täglich zu überprüfen: öffne ich mir mit diesen Gedanken Türen oder verschließe ich sie gerade? Das liegt allein an uns. Wir finden Hoffnung in uns selbst und durch Menschen, die uns gut tun, die Wahrheit sagen und an uns glauben.

MARIA BACHMANN: Hoffnung ist ein Motor.
© Mathias Vietmeier


LEBE-LEBE-LACHE: Was heißt es für dich, sich zu versöhnen?

MARIA BACHMANN: Versöhnung bedeutet für mich, ganz zu werden und auch Dinge zu integrieren, die ich nicht ändern kann. Ich halte nichts von Selbstoptimierung. Ich weiß aber, dass die liebevolle Zuwendung zu mir selbst Versöhnung herbeiruft. Auch Wut und Angst brauchen Zuwandheit und Verständnis. 



LEBE-LEBE-LACHE: Was ist die wichtigste Aufgabe für uns Kriegsenkel ?

MARIA BACHMANN: Wichtiger als Ahnenforschung finde ich bei sich selbst zu beginnen und bei sich zu bleiben. Die Gefühle und Verhaltensweisen, die uns heute noch blockieren oder schmerzen sind für mich ein eindeutiges Indiz, dass es darum geht, sich dem zuzuwenden. Wir haben heute so viele Möglichkeiten zu überprüfen, ob wir weiterhin zulassen wollen, getrieben, krank, depressiv, zurückhaltend zu sein, oder ob wir uns für unsere Lebenspower und Selbstbestimmung entscheiden. Wenn wir die Nabelschnur, die uns ausgebremst hat, durchtrennen, können wir mit erwachsenem und gereiftem Blick auch auf unsere Vorfahren sehen. Dann ist ein selbstbestimmtes Leben möglich. 


Maria Bachmann über Maria Bachmann:

Maria Bachmann
Ich bin Schauspielerin, Autorin, Drehbuchautorin und Präsenzcoach. Schon immer habe ich geschrieben. Es fing an mit Tagebüchern, als ich 14 war. (Die liegen jetzt alle im Keller, über 160 Stück!) Ich mag es, dem Unaussprechlichen einen Ausdruck zu geben, es nachvollziehbar zu machen.

Ich finde, dass man auch mit gestutzten Flügeln sehr weit fliegen kann. Schreiben ist eine Art ist, sich daran zu erinnern, was man schon geschafft hat. Ich inspiriere gern und möchte die Leserinnen und Leser auf meine Reise mitnehmen. Wenn ich schreibe, geht es immer um Befreiung, um lang anhaltende Erkenntnisse, darum, auch mal über sich zu lachen und Herausforderungen zu meistern. Das Leben packen und mit allen Sinnen leben. Darum geht es.

Alle Infos zu Maria Bachmanns aktueller Lesetour gibts hier:
www.mariabachmann.de


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