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Findet mich das Glück, oder muss ich es suchen?


von Anna Tenta

Anna Tenta - die dicken Lockenwickler für Irina
© Anna Tenta
Ich sitze gerade in meinem Trailer in Rom, die dicken Lockenwickler für “Irina”  in den Haaren, schon geschminkt aber noch nicht im Kostüm. Es ist bereits Abends, das Licht ist weich und golden, es wird bestimmt eine lange Drehnacht. Ein Hauch Zirkusromantik liegt in der Luft. Ich mag diese kleine Stadt aus Trailern für uns Schauspieler, Make-up, Kostüme und die Produktion, die Lastwagen mit all dem technischen Equipment… diesen Ort, den wir für ein paar Tage besiedeln und bespielen, bis das ganze Team wieder umzieht, zur nächsten Location. 

Dieses Gefühl von gemeinsam auf einer Reise sein, zu dem gemeinsamen Ziel, mit vereinten Kräften einen Film zu machen, der hoffentlich was Besonderes wird, der eine Tür zu einer Welt öffnet, die zwar fiktiv ist, aber trotzdem so viele reale Gefühle auslösen kann, ist wunderbar und unbezahlbar, und für mich definitiv eine Art von Glück in meinem Leben, für die ich enorm dankbar bin. Es ist ein zauberhaftes, aber auch ein flüchtiges Glück, denn so ein Dreh dauert ja nicht ewig, irgendwann ist es vorbei, der Nächste beginnt, mit einem neuen Team, in dem man wieder seinen Platz finden wird, oder es gibt ein paar Wochen Pause, Castings und Reisen um ein neues Projekt zu finden, bei dem man im Idealfall das Gefühl hat, sich sinnvoll und voller Freude verschenken zu können.

Wie soll man sich verhalten im Bezug aufs Glück… findet es uns immer wieder, oder müssen wir es aktiv suchen? 

Rennt es uns davon, wenn wir ihm hintennach stellen? Oder sagt es uns ok, du strengst dich an, dafür wirst du belohnt jetzt, gehöre ich dir für eine kleine Zeit, dann hau ich wieder ab für ein Weile und warte auf deinen Einsatz, der mir dann beweist, ob du dich meiner würdig erweist? 

Oder ist es viel weniger kokett das liebe Glück, und besucht uns immer dann, wenn wir es am wenigsten zu hoffen wagen, überrascht uns mit einer Welle an Glück und Magie, bis wir es zu sehr besitzen wollen. Und rollt mit der nächsten Welle wieder an, wenn wir es schon fast wieder vergessen haben? Oder hat es gar keinen Plan, gibt es keine Regeln, ist alles purer Zufall oder Schicksal, von höheren Mächten bestimmt, auf die wir null Zugriff oder Einfluss haben?

Anna Tenta - Leuchten am Strand
© Anna Tenta


Und was für eine Haltung haben wir eigentlich zum Unglück? Wie gehen wir damit um? Nehmen wir es als Herausforderung an, oder fühlen wir uns als Opfer unserer Umstände? Entwickeln wir Kampfgeist und sehen das, was im Widerspruch zu unserem Glück steht als Chance zu wachsen an, und können in dieser Umkehrung sogar auch noch ein Glück finden, nämlich das, dass es uns gelingt, diese Widerstände zu überwinden?

Gerade in der heutigen Zeit empfinde ich die Suche nach dem Glück nochmal ganz anders. Wie ambivalent alles geworden ist. Auf der einen Seite ist die Suche nach dem individuellen Glück wohl noch nie so Thema wie heute, man fühlt sich ja schon fast wie ein/e Verräter/in, wenn man mal den Katzenjammer hat, und hat oft sofort das Gefühl, das geht jetzt aber gar nicht, dagegen muss sofort was getan werden. Ab ins Yoga, mehr meditieren, noch veganer werden, sich in Socialmedia Parallelwelten ablenken, jemanden anrufen, ein Buch lesen, das die Stimmung hebt, oder was auch immer da Mittel zum Zweck sein könnte, um den unerwünschten Zustand zu verbessern, oder zumindest ganz schnell zu vergessen. So als wäre das Unglück, und sei es auch noch so leise, eine Art Virus, den man mit aller Macht bekämpfen muss, anstatt einfach mal hinzuhören und ihr Raum zu geben, dieser kleinen Stimme, die manchmal einfach nicht ruhig sein will.

Und auf der anderen Seite sind wir ohnmächtig im Angesicht des weltweiten Rechtsrutsches, wo die Angst etwas zu verlieren alles regiert. In anderen Worten, wo Angst um das eigene Wohl, das eigene Glück, Menschen dazu bringt andere auszugrenzen, im wahrsten Sinne des Wortes, um so vehement auf das eigene Glück zu bestehen, das um keinen Preis geteilt werden will. 

Anna Tenta - Sturm im Wasserglas
© Anna Tenta
Ich empfinde das als sehr bedrohlich und fühle mich oft überwältigt, und ja, absolut unglücklich, wenn ich gerade heute zum Beispiel die Nachrichten lese über den Humpty Dumpty Trump, der veranlasst hat, dass seit Monaten systematisch alle Menschen, die illegal die Grenze überqueren (natürlich auch auf der Suche nach dem Glück), als Gesetzesbrecher behandelt und festgenommen werden… Die Mütter und Väter kommen ins Gefängnis, die Kinder wurden bisher in eigenen Auffanglagern festgehalten und kamen ins Heim oder zu Pflegefamilien. Diese Bilder brechen mir das Herz. Wie kann sowas nur passieren? Wie kann man das bloss zulassen? Das ist keine fiktiv düstere Zukunftsvision wie in der Serie “handmaid’s tale”, sondern bittere Realität! Wohin entwickelt sich da unsere westliche Gesellschaft? Ich hoffe sehr, dass der internationale Druck ausreicht, damit diese Massnahmen unverzüglich gestoppt werden.

Heute haben wir durchs Internet alle Informationen sofort zur Hand, und das Argument der Generation unserer Urgrosseltern oder Grosseltern kann nicht mehr gelten, die ja oft dafür plädierten: wir haben es ja nicht gewusst. Das wir es nicht gewusst haben, das werden wir unseren Kindern und Enkelkindern nicht sagen können. Wir haben dabei zugesehen. Aber was können wir tun?

Wie können wir uns einbringen? Hab ich überhaupt noch ein Recht drauf, so sorglos vor mich “hinzuschauspielern”, und mich so drüber zu freuen, als würde das alles rund um mich herum gar nicht passieren? Was für eine kollektive Verantwortung haben wir eigentlich? Ich möchte mich auf jeden Fall nicht an diese Zustände gewöhnen, das darf nicht passieren.

Ich denke, vielleicht könnten wir uns die Frage stellen, wie wir es schaffen könnten, die Suche nach dem individuellen, persönlichen Glück auszuweiten in ein Gefühl von wir?

Viktor E.Frankl plädiert dafür, dass der Mensch ein Wesen ist, das sein Glück in der Suche nach dem Sinn findet. Der Mensch ist seiner Meinung nach schon immer auf etwas ausgerichtet, das nicht er selbst ist. Demnach ist Essenz der menschlichen Existenz die Transzendenz ihrer selbst. In diesem Sinne strebt der Mensch nicht das Glücklichsein an sich an, sondern strebt nach dem Grund zum glücklich Sein!

Mir gefällt diese Sichtweise sehr gut, denn ich empfinde, dass diese Perspektive einem den Schlüssel zum Glück in die Hand gibt. 

Das Leben offeriert einem eine Fülle an Erfahrungen und Erlebnissen. In jedem Leben gibt es durchaus auch schmerzliche Erfahrungen, dem entgeht man in der Dualität unseres Daseins einfach nicht . Daher denk ich, dass es gut ist, dass wir uns bewusst sind, dass wir das, was uns passiert oft nicht wirklich kontrollieren können. Wie wir darauf reagieren aber sehr wohl!

Und diese Verantwortung zu erkennen, ist für mich persönlich auch ein Schlüssel zum Glücklichsein, denn es bringt einen heraus aus der Opferhaltung… in diesem Sinne:

I am the master of my fate, I am the captain of my soul !!!

(William Ernest Henley)

Wie ich selbst vor gut 10 Jahren mit einer schweren Krankheit konfrontiert war, bin ich in der Phase der Rekonvaleszenz an einem Abend durch Zufall auf eine Dokumentation gestossen, die aus dem Leben eines Paraplegikers erzählte, der durch einen schweren Unfall am ganzen Körper gelähmt war, und in keinster Weise mehr für sich selbst sorgen konnte. Es hat mich tief berührt, was dieser Mann erzählte und wieviel Weisheit er ausstrahlte. Er sagte; “ich habe jeden Tag die Wahl, worauf ich mich konzentrieren will. Auf das was ich verloren habe, und was ich nicht mehr kann, oder auf das was noch geht. Auf das Dunkle, den Schmerz in mir, oder auf das Helle. Die Gespräche, die ich noch führen kann, die Sonne auf meiner Haut, das Licht, das am frühen Morgen durch die Bäume funkelt.”

Das war ein grosser persönlicher Aha Moment für mich, und hat mich bestärkt auf meinem Weg. Ich habe verstanden, dass ich die Hoffnung, im weitesten Sinne also das Glück, in mir trage, und dass ich es im Endeffekt auch selbst generiere. Das wirklich bewusst zu verstehen verändert einen sehr.

Ich kann nicht behaupten, dass es mir durchgehend bewusst ist, aber in einem düsteren Moment versuche ich mich dran zu erinnern, und stelle mir einfach die Frage: wenn mein Leben ein Film wäre, und ich bin die Heldin, wie würde sich ebenjene Superheldin denn verhalten in dieser Situation? Und das ist dann meine Orientierung… eine zugegeben ziemlich banale, aber recht wirkungsvolle Methode, um sich selbst aus dem Schlamassel zu ziehen und wieder die Zügel in die Hand zu nehmen. :)

Für mich persönlich ist Liebe, auf jeder Ebene, der Sinn des Lebens.

Und mit Liebe meine ich alles, jede Form von Zuneigung, Aufmerksamkeit, Hingabe, Freude und emotionale Grosszügigkeit. Das, was wir alle mehr brauchen ist Liebe - das ist das Einzige, was wirklich zählt.

Anna Tenta
© Anna Tenta
Alles andere ist Schall und Rauch - und vergänglich. Was nicht heisst, dass ich mich darüber nicht auch freuen kann.

Ich glaube an Klarheit, an ein reines Herz, daran, dass man Menschen Gutes wünscht und Ihnen Gutes tut, dass man mit allen und allem so umgeht, wie man selbst möchte, dass mit einem umgegangen wird.

Das man nicht urteilt und sich erhebt über andere, sondern das am Anderen anerkennt was einzigartig ist. Und jeder Mensch, jedes Tier und jede Pflanze, alle haben davon etwas in sich. Jeder hat was Schönes, etwas Besonderes in sich, bei manchen versteckt es sich unter vielen Schichten von Angst, aber es ist trotzdem da, man muss nur den Mut haben hinzusehen.

Es ist jetzt ein paar Tage später, ich bin wieder zuhause in Brüssel. Ich hab gerade mein Söhnchen Johnny zur Schule gebracht, er ist verständlicherweise schon ganz urlaubsehnsuchtsvoll - noch ein paar Tage hier, und auf gehts wieder nach Italien, zum Endspurt vom Dreh dort.

Und ich denk mir gerade - vielleicht ist es ein grosses Geschenk, das Glück überhaupt zu erkennen, wenn es da ist. Es hat so viele Gesichter und ist so wandelbar. Und um es zu erkennen, gibt es, so glaube ich zumindest, ein ganz simples Rezept: Einfach im Moment sein. 

Nicht mehr und nicht weniger als präsent sein, und sich freuen über das, was ist. So wie dieser tolle Mann in der Dokumentation gesagt hat - wir haben jeden Tag, jeden Moment die Chance, uns zu entscheiden, worauf wir uns fokussieren…lasst uns immer wieder den Kompass nach der Lebensfreude richten, sie bringt uns die Chance zu blühen und zu wachsen. 

In diesem Sinne, carpe diem,

alles Liebe euch und ganz viel Glück!

Anna


Anna Tenta - Portrait
© Anna Tenta
Anna Tenta
ist eine mehrsprachige Schauspielerin und ehemalige Tänzerin. Geboren in Österreich, aufgewachsen in Frankreich und der Schweiz, lebt sie derzeit in Brüssel.



Direkt zur Homepage von Anna Tenta: www.annatenta.com


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