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Nina George im Interview: "Ich bin es satt, das Weiche den Frauen, das Harte den Männern zuzuordnen"


Vor der beeindruckenden Kulisse der bretonischen Küste lässt Bestseller-Autorin Nina George in ihrem neuen Roman "Die Schönheit der Nacht" zwei Frauen sich selbst neu entdecken: ihre Wünsche und Träume, ihre Sinnlichkeit, ihr Begehren.

Die angesehene Pariser Verhaltensbiologin Claire sehnt sich immer rastloser danach, zu spüren, dass sie lebt und nicht nur funktioniert. Die junge Julie wartet auf etwas, das sie innerlich in Brand steckt – auf des Lebens Rausch, auf Farben, Mut und Leidenschaft. In der glühenden Sommerhitze der Bretagne, am Ende der Welt, entdecken die beiden unterschiedlichen Frauen Lebenslust und Leidenschaft neu – und werden danach nie wieder dieselben sein.

In "Die Schönheit der Nacht" erzählt Nina George, Autorin des Welt-Bestsellers „Das Lavendelzimmer“, sinnlich, intensiv und präzise von Weiblichkeit in allen Facetten. Es ist eine Geschichte vom Werden, vom Versteinern und vom Aufbrechen. Grund genug für LEBE-LIEBE-LACHE bei Nina George nachzufragen, wie sie die "Themenwelt Weiblichkeit" ganz persönlich wahrnimmt. 

Nina George
© Helmut Henkensiefken/FinePic München

Nina George im Interview mit Annette Maria Böhm


LEBE-LIEBE-LACHE: Orientieren sich Frauen zu sehr an Männern?

NINA GEORGE: Nein. Oder sagen wir es so: Nicht alle, und die, die es tun, haben sich dafür nicht bewusst entschieden.

Manche Charaktertypen lauern immer auf das, was von außen an sie an Lob, Anerkennung oder Aufmerksamkeit an sie heran getragen wird, und die nicht fähig sind, sich selbst Lob, Anerkennung und Zuneigung zu vermitteln – und die von der Achtung eines männlichen Wesens viel zehren, und ihm gefallen wollen, ihm nacheifern, die männlichen Wertmaßstäbe (Auch über das Aussehen von Frauen und möglichst anziehendes Verhalten von Frauen) übernehmen.

Auch die, die in einer patriarchischen Sozialisation groß geworden sind, haben es schwer, sich nicht zuerst am Mann zu orientieren – aus Mangel an anderen Vorbildern in der Umgebung einer Familie oder Traditionsverschorfung.

Auch Frauen, die von Frauen erzogen wurden, die selbst nur darauf geschaut haben, ob der Mann auf sie schaut, orientieren sich an Aufmerksamkeit und Werten der eher männlichen Perspektive.

Grundsätzlich muss man sich jedoch fragen, welche Bewertungsebenen und moralische Koordinaten in einer Gesellschaft gelten. Wir leben in einer, in der das männliche Bewertungssystem Vorrang hat; man schaue nur auf die Reaktionen auf #metoo, als sich Männer als Opfer der weiblichen Opfer gerierten, und dafür mehr Verständnis bekamen als andersherum: „Ach, schau mal, die armen Männer, sind jetzt ganz verschreckt weil sie nicht mehr wissen, wie man Komplimente machen darf…“. Es gibt ein deutlich höheres Verständnis für männliche Verfehlungen als für weibliche Verwundungen und ihre Abwehr.

Auch tritt das männliche Bewertungssystem und seine Dominanz in der allgemeinen Berichterstattung zutage. Es wird weit mehr über Männer und ihre Aktivitäten berichtet, als über Frauen – ob es die Sportseiten sind, Politik oder Wissen, Kultur oder Wirtschaft. Das prägt den Blick auf die Welt und suggeriert, dass es vermehrt Männer seien, die etwas erreichen, deren Tun erwähnenswert sei. Das kann den Schluss in der einen oder anderen Frau nahe legen, dass sie offenbar „nur“ das tun muss, was Männer tun, um Erfolg zu haben – und schon hat sie ihr eigenes Wertesystem verlassen und ein männliches übernommen. Ebenso gilt auch der männliche Blick auf Frauen als entscheidend in der Bewertungsskala des Aussehens; man stelle sich nur einmal vor, wie Mode oder Frauenkörper oder Frauenzeitschriften aussehen würden, wenn wir keine Energie mehr darauf verschwenden müssten, schön, grazil, kurvig, bikinifigurig usw. zu sein. Die Schönheit der Frauen sähe, wäre sie nicht nur männliche Bewertungssysteme bestimmt, vermutlich anders aus.

Und letztlich werden bestimmte Führungseigenschaften als „maskulin“ verortet: Stärke, Dominanz, Struktur und Entscheidungskraft. All diese Eigenschaften haben auch Frauen; doch wo sie Männern zugetraut werden, müssen Frauen sie immer und immer wieder erst beweisen.

Der (ideell verklärte) Mann ist also der Qualitätsstandard, an dem sich orientiert wird – und damit also ein „Ja“ auf obige Frage.

Im Übrigen haben sich das Männer als Individuum sicher nicht ausgesucht. Es ist ein gewachsener Prozess, der alle Schichten, Themen und Bilder unserer Gegenwart durchdringt.

Was Männer von heute sich aber aussuchen können, ist eine Änderung herbei zu führen. Gerade wenn sie selbst Töchter haben und sich fragen, ob diese nicht lieber mit eigenen Wert-Ebenen aufwachsen sollten.

Und Frauen? Frauen könnten sich bei allem, was sie tun oder lassen fragen, nach wem sie sich eigentlich gerade richten. Nach sich oder nach der sozialen Kontrolle, was eine Frau angeblich zu tun und zu lassen habe?


Die Schönheit der Nacht Roman
Empfohlen von Lebe-Liebe-Lache.com
Nina George (Autor)
Die Schönheit der Nacht
Roman
Vor der beeindruckenden Kulisse der bretonischen Küste lässt Bestseller-Autorin Nina George zwei Frauen sich selbst neu entdecken: ihre Wünsche und Träume, ihre Sinnlichkeit, ihr Begehren.

Die angesehene Pariser Verhaltensbiologin Claire sehnt sich immer rastloser danach, zu spüren, dass sie lebt und nicht nur funktioniert. Die junge Julie wartet auf etwas, das sie innerlich in Brand steckt – auf des Lebens Rausch, auf Farben, Mut und Leidenschaft. In der glühenden Sommerhitze der Bretagne, am Ende der Welt, entdecken die beiden unterschiedlichen Frauen Lebenslust und Leidenschaft neu – und werden danach nie wieder dieselben sein.
In der "Schönheit der Nacht" erzählt Nina George, Autorin des Welt-Bestsellers „Das Lavendelzimmer“, sinnlich, intensiv und präzise von Weiblichkeit in allen Facetten: eine Geschichte vom Werden, vom Versteinern und vom Aufbrechen.

"Sie ist eine Frau, die in die Seelen der Menschen schaut." Thalia Magazin "Stories"


LEBE-LIEBE-LACHE: Worin zeigt sich Ihrer Ansicht nach am auffälligsten die Weiblichkeit einer Frau?

NINA GEORGE: Gegenfrage: was ist denn Weiblichkeit? Ich hatte neulich eine interessante Debatte mit einem sehr klugen, schlagfertigen Mann, der sich selbst „typisch weibliche“ Eigenschaften zuordnete. Ich fragte ihn, was das denn bitte sei, „weiblich“, und ob das, wie ich mich gerade in dem Moment verhielt – ich saß, Raum einnehmend, ein Fuß auf einer Mauer, den anderen auf dem Tisch, rauchte, spielte mit dem Schlüssel meines (sehr großen, sehr exzentrischen) Wagens, lachte laut und strich liebevoll über meine schwere Markenuhr – denn seiner Ansicht nach nicht auch typisch weiblich sei? Oder, anders: sollte ich gezwungen sein, diese lustvolle Verhalten von mir als „eigentlich unweiblich“ einzuordnen, als etwas, was mir fremd sein müsste? Aber es gehörte doch zu mir. Ich fühlte mich wohl. Authentisch. Was also war daran nicht weiblich?

Und fühlte er sich fremd oder unwohl mit seinem Verhalten? Warum sollte es denn bitte nur typisch weiblich, und nicht auch sehr wohl männlich sein?

Er kam ins Nachdenken, denn natürlich war mein Verhalten so weiblich, wie seines – sanfte Kommunikation, teamorientiertes Arbeiten, Motivation – männlich war.

Oder, anders gesagt: Es gibt alles in allen Menschen.

Ich bin es satt, das Weiche den Frauen, das Harte den Männern zuzuordnen. Wir tun ihn beiden damit großes Unrecht. Und nehmen uns beiden die Chance, authentisch zu sein.


LEBE-LIEBE-LACHE: Wie sieht Ihre eigene Vision von Weiblichkeit aus?

NINA GEORGE: Genauso wie die Vision der Männlichkeit. Stärke, Kraft, Güte, Amoral, Klarheit, Sinnlichkeit, Unabhängigkeit, Weichheit, Rücksichtslosigkeit, Widersprüchlichkeit, Angst, … kurz gesagt: Möge der Mensch ganz Mensch sein, und wir uns von den allzu festen Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit lösen.


Nina George - Tango
© Helmut Henkensiefken/FinePic München

LEBE-LIEBE-LACHE: Wie sehr sind weibliche Identität und weibliche Sexualität miteinander verknüpft?

NINA GEORGE: Untrennbar. Wie bei jedem Menschen ist Sexualität Ausdruck des Ich, der Psyche, der Sehnsucht, des Lebens.


LEBE-LIEBE-LACHE: Was ist aus Ihrer Wahrnehmung die größte Herausforderung für eine Frau in der Beziehung zu einem Mann?

NINA GEORGE: Nicht zu vergessen, dass auch er nur ein Mensch ist. Der sich ändern wird, der sich ängstigt, der vermutlich auch sie nicht immer in allem verstehen wird, und der selbst auch in sozialer Kontrolle und Fremdbildern aufgewachsen ist. Sie sollte ihn nicht brauchen, das macht ihn und sie beide unfrei.


Nina George

Nina George:
Am Ende bereut man nur das Ungetane

Nina George:
Ich habe den letzten Willen meiner Schwiegermutter umgesetzt.

Nina George:
Über mich.
Nina George - Portrait


LEBE-LIEBE-LACHE: Was heißt für Sie "vollständig" leben? Was darf nicht fehlen?

NINA GEORGE: Sinnlichkeit. Unabhängig von erotischer Sinnlichkeit. Leben mit allen Sinnen heißt, sich Zeit zu nehmen, die Zartheit und den Rausch der Natur wahrzunehmen, den Genuss eines Essens, die Melodie der Elemente, der Tiere, das Liebkosen des Windes im Gesicht, das Salz des Schweißes nach Tanz oder Sport.

Vollständig wird ein Leben mit Übermut, Scheitern, Verzweiflung; mit der Auseinandersetzung mit der Welt und ihren Kulturen, mit der Akzeptanz des Todes und der Einmaligkeit des Lebens. Vollständig leben heißt für mich persönlich, nicht die Angst, und auch nicht die Arbeit regieren zu lassen. Und auch nicht die Ideale fremder Leute.


LEBE-LIEBE-LACHE: Wen dürfte Ihr neuer Roman „Die Schönheit der Nacht “ besonders interessieren?

NINA GEORGE: Junge Menschen, gelebte Menschen, Frauen und Männer.


Über Nina George
© Urban Zintel
Die internationale Bestsellerautorin Nina George, geboren 1973 in Bielefeld, schreibt seit 1992 Romane, Essays, Reportagen, Kurzgeschichten und Kolumnen. Ihr Roman "Das Lavendelzimmer" wurde in 36 Sprachen übersetzt und eroberte weltweit die Charts, so die New York Times-Bestsellerliste in den USA.

Mit ihrem Ehemann, dem Schriftsteller Jens J. Kramer, schreibt Nina George als Jean Bagnol Provencethriller. Nina George ist Beirätin des PEN-Präsidiums und Vorstandsmitglied des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Sie lebt in Berlin und der Bretagne.

Mehr über Nina George: www.ninageorge.de

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