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Angst – Wann brauchen wir sie, wann macht sie uns krank?
von Tanja Seehofer
Wir alle kennen das Gefühl von Angst, das sich in unterschiedlichsten Situationen und Lebenslagen zeigen kann: Angst vor Verlust, Angst vor Versagen, Existenzängste, Phobien, Angst vor Einsamkeit oder Angst vor Vergänglichkeit. Hinter all diesen Angstformen steckt immer eines: der Wunsch nach Sicherheit und das Bedürfnis von Kontrolle.
Auch die Symptome ähneln sich, ganz unabhängig von der Art der Angst: Unser Herz rast, wir zittern, schwitzen oder spüren einen Druck auf der Brust. Weiche Knie, ein flaues Gefühl im Magen und Durchfall gesellen sich ebenfalls oft dazu. Angst kann sich auch in Taubheitsgefühlen und einer schnellen und flachen Atmung zeigen. Angst und Panik setzen Adrenalin im Körper frei. Je mehr Adrenalin im Körper ist, desto höher ist der Stress. Dabei können die Reaktionen bei jedem Menschen ganz unterschiedlich ausfallen und sind zu einem gewissen Grad auch genetisch bestimmt.
Gesunde Angst, krankhafte Angst
Angst fühlt sich unangenehm an, daher möchten wir sie grundsätzlich vermeiden.
© ParentRap/pixabay
Auch ich kenne das Gefühl einer Panikattacke. So erlebte ich dies einmal sehr extrem nach einem schlimmen Autounfall. Ich konnte danach kaum mehr auf der Autobahn fahren, fuhr nur noch mit 60 oder 70 Stundenkilometern auf dem rechten Streifen und jedes Mal, wenn mich ein Lastwagen überholen musste, bekam ich Schweißausbrüche. Ich konnte kaum mehr atmen, klebte verkrampft an der Windschutzscheibe und hielt das Lenkrad so fest, dass meine Hände schmerzten.
Ebenso überraschte mich einmal während einer Meditation das Gefühl von Panik: Panik, ich könne nicht mehr atmen und nicht mehr aufstehen. Mir wurde schwindelig und ich bekam noch mehr Panik. Nach einiger Zeit verflog alles wieder und es ging mir bestens, jedoch hatte ich während dieses Augenblicks das Empfinden, ich würde den Boden unter den Füßen verlieren, und das sogar beim Sitzen!
Ein lieber Mensch in meinem Kreis hatte einmal so große Panikstörungen, dass er nachts nicht mehr ohne Licht schlafen konnte und sich auch nicht mehr hinlegen konnte, da dies Angstgefühle bei ihm auslöste. Auch im Yin Yoga Einzelunterricht habe ich öfters Trauma-Patienten mit Panikstörungen. Yin Yoga ist eine wundervolle Methode, den eigenen Körper ganz bewusst in der Stille wahrzunehmen. Viele bemerken während einer Yin-Sitzung, dass einige Themen offen sind, die im Alltag gerne weggeschoben bzw. verdrängt werden.
Ängste überwinden
Möchte man die eigenen krankhaften Ängste überwinden, ist es wichtig, das Prinzip der Angst zu verstehen: Ausgangspunkt ist ein Symptom, das unser Verstand gedanklich bewertet.
Oft sind die Erziehung der Eltern und die Erlebnisse in der Kindheit ein großer Entscheidungsfaktor. Überbehütete Kinder mit übervorsichtigen Eltern („Pass auf!“, „Sei vorsichtig!“, „Achtung!“) können ebenso krankhafte Ängste entwickeln wie Kinder, die zu wenig Aufmerksamkeit und Geborgenheit erfahren haben. Der Kreis der Angst lässt sich durchbrechen, indem man zum Beobachter der gegenwärtigen Situation wird. So kann Distanz entstehen, die den Angst-Kreis durchbricht.
© darksouls1/pixabay
Ich selbst konnte meine Ängste überwinden, indem ich mich ihnen stellte. Ich nahm in Situationen, die Panik in mir auslösten, alle Körperempfindungen genau wahr, betrachtete sie und versuchte sie, zu möglichst genau zu beschreiben. Immer und immer wieder. Dabei war Vertrauen ein ganz wichtiger Aspekt: Ich vertraute darauf, dass die Angst genauso wie sie gekommen war, auch wieder gehen würde. Tatsächlich ist es so, dass Panikattacken in einem Zeitrahmen von wenigen Minuten bis zu einer halben Stunde andauern, bis sie wieder vergehen. „Es entsteht, es vergeht.“ – Wenn wir uns dieses Gesetz des Lebens immer wieder bewusst machen, können wir auch in unangenehmen Situationen Hoffnung und Vertrauen finden.
Wege aus der Angst
Wie gelingt es uns also, uns aus der Angstspirale herauszulösen? Nicht indem wir die Angst vermeiden, sondern indem wir die Erfahrung mit all ihren Facetten und aufkommenden Emotionen genau wahrnehmen. Wenn wir uns der Angst stellen und direkt in das unangenehme Gefühl hineingehen, werden wir feststellen, dass es auch wieder vorbei geht. Vielleicht lässt sich auch ein verstecktes Bedürfnis oder ein Wunsch aus der Kindheit in dieser Angstsituation erkennen. Das Schreiben eines Angstprotokolls kann ebenso nützlich sein.
Zudem gibt es einige Möglichkeiten, ein angstfreies Umfeld zu schaffen, damit es gar nicht erst bis zum Kollaps oder zu einer Panikattacke kommen muss: Bewegung und Sport zählen dazu. Auch gilt es, Stresssituationen im Alltag zu entschärfen: Sich abgrenzen, auch mal Nein sagen, zwischendurch eine Pause machen und dabei alle Körpersignale bewusst wahrnehmen. Sich immer wieder die Frage stellen: Wie geht’s mir in diesem Moment eigentlich gerade?
Tiefe, ruhige Atemzüge helfen ebenfalls dabei, den Stresslevel zu senken. Auch der Austausch bei einem Gespräch ist eine gute Möglichkeit, mit den eigenen Ängsten ehrlich umzugehen, statt sie im Alleingang auszuhalten. Und zu guter Letzt hilft die Fragestellung: „Was kann mir im schlimmsten Fall passieren?“ Dabei stellen wir meist fest, dass selbst das Worst-Case-Szenario gar nicht so schlimm wäre.
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Dass auch Yoga dabei unterstützt, Stress und Angst zu reduzieren, ist längst wissenschaftlich bewiesen. So analysierte ein Forscherteam der Universitätsklinik Jena um die Psychologin Rahel Klatte 25 Studien zur Heilwirkung von Yoga. Das Ergebnis: Patienten, die unter Depression, Alkoholsucht, posttraumatischen Belastungsstörungen, Schizophrene oder Essstörungen litten, konnten während ihrer gewohnten Grundbehandlung mit einem zusätzlichen Yoga-Gruppenprogramm Angst- und Stresssymptome deutlich senken und Lebensqualität und Wohlbefinden steigern.
Auf der Yogamatte lernen wir nicht, der Angst völlig zu entkommen. Stattdessen ist unsere Yogapraxis eine wertvolle Unterstützung, den eigenen Ängsten mit Vertrauen, Gelassenheit und Mut gegenüber zu treten. Es geht nicht darum, Unangenehmes zu verdrängen, sondern allen Emotionen – den angenehmen und den unangenehmen – Aufmerksamkeit zu schenken und Raum zu geben.
© www.tanjaseehofer.de
Tanja Seehofer ist Bewusstseinsforscherin, Dipl. Intuitions- Mental- und Wingwavecoach (u.a. Traumatherapie), Entspannungstherapeut mit dem Fokus Stressmanagement und Humanenergetik. Sie unterrichtet Yogaklassen, Retreats, Workshops sowie Weiterbildungen im In- und Ausland und ist erfolgreiche Autorin der Bücher "Yin Yoga des Herzens" und "Yoga gegen Burnout - gelassen und selbstsicher im Stress".
Ihr Buch " Yoga für den inneren Frieden" ist seit Frühjahr 2017 im Handel erhältlich.
„Wie heilsam und schön ist es doch im Leben, sich selbst zu begegnen …“ Was genau damit gemeint ist, lernte sie auf sehr unsanfte Weise kennen. Nach einem tiefen Burnout und einer schweren Depression erfuhr sie auf ihrem Weg zur Heilung wie sehr Yoga - vor allem Yin Yoga und Vipassana Meditation - den Weg zur Gesundung beeinflussen. Sie kündigte nach 19 Jahren ihren Job als Casterin bei einer sehr bekannten Filmproduktion München und widmete sich ganz dem Yoga mit Schwerpunkt YIN YOGA, Yoga Nidra, Burnout-Prävention, Meditation und Stressmanagement. Tanja ist Ausbilderin im Fachbereich „Restoratives Yoga und Yoga Nidra“ und leitet Yin Yoga Teacher Trainings in Deutschland, Österreich, Schweiz. Ebenso wirkt sie als Yogacoach bei Filmproduktionen mit.
Homepage: www.tanjaseehofer.de
Tanja Seehofer (Autor)
Yoga für den inneren Frieden
In Harmonie mit den eigenen Gefühlen leben
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