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Hochsensible auf Reisen - zwischen Reizüberflutung und Entspannung
Zum ersten Mal Badeurlaub auf Mallorca: Hochsommer, ein nettes Hotel mit Pool und Blick aufs Meer, in Sichtweite ein toller langer Sandstrand - fußläufig zu erreichen – ein schönes kleines Ortszentrum direkt um die Ecke und mein damaliger Freund an meiner Seite. Nach der anstrengenden Abiturzeit freute ich mich riesig auf einen richtig schönen, romantischen Urlaub.
von Kathrin Sohst
Viele Urlauberherzen hüpfen vor Glück, wenn Sie Aussicht auf so eine Reise haben. Meines hüpfte auch und meine Erwartungen an diesen Urlaub waren hoch. Schließlich wollte auch ich endlich mal im Süden Urlaub machen – so, wie viele andere Menschen auch. Meine Eltern hatten jedes Jahr die vertrauten Hüttenurlaube in Skandinavien organisiert. Nicht, dass ich die nicht gemocht habe – im Gegenteil. Und doch war ich wahnsinnig neugierig, wie es wohl wäre, im Süden Urlaub zu machen.
Und dann das: Angekommen im mediterranen Sommer, stellte ich fest, dass ich meine Erwartungen viel zu hoch gesteckt hatte. Schnell ahnte ich, dass so ein Hotelurlaub meinen Bedürfnissen von Ruhe und Erholung nicht entsprach und mir die vielen Menschen und das ständige „sich zeigen müssen“ und „gesehen werden“ sehr unangenehm waren. Beim Blick auf den Strand verging mir jegliche Lust, ihn auch nur ansatzweise zu betreten – ich sträubte mich wie ein kleines Kind. Die Menschen lagen dort dicht an dicht beieinander. Und was ich vorher unterschätzt hatte: Ich bin ein sehr hellhäutiger und wärmeempfindlicher Mensch. Mir war der mallorquinische Sommer zu heiß und wir hätten uns für den Aufenthalt am Strand erst einen Sonnenschutz besorgen müssen, damit ich nicht verbrenne. So viel Aufwand, um dann inmitten dieser ganzen Menschen zu liegen und vor mich hinzubrutzeln? Das sah ich überhaupt nicht ein. Mein damaliger Freund war „not amused“, ließ sich aber auf mich und meine Bedürfnisse ein. Im Nachhinein betrachtet blieb ihm wohl auch keine andere Wahl…
Und so verbrachten wir unseren Urlaub nicht am Strand, sondern unter dem Sonnenschirm am Hotelpool, auf einsamen Bergstraßen und in schönen Buchten. Ich wollte die Natur der Insel sehen und die schönen, unbebauten Flecken entdecken. Wollte einen Eindruck bekommen, wie die Menschen leben. Nicht die Touristen, sondern die Einheimischen. Was mich schockierte: Wir konnten nur einen einzigen Ort auf dieser Insel ausfindig machen, wo wir für fünf Minuten allein waren. Für mich, die ich die einsamen Weiten der norwegischen Hochebenen gewohnt war, eine Erfahrung, die sich tief in mir einbrannte. Ich wusste damals nicht, dass ich ein hochsensibles Temperament habe, war verwirrt und fragte mich, warum ich so empfindsam auf diese Art „klassischen Urlaub“ reagierte, den so viele Menschen genießen können.
Wenn ich heute an diese Geschichte zurückdenke, dann muss ich schmunzeln. Mit dem Wissen über meine hochsensiblen Bedürfnisse ist mir vollkommen klar, warum der Urlaub so und nicht anders gelaufen ist. Für Hochsensible können Urlaubsformen, die für andere angenehm und „normal“ sind eine echte Herausforderung sein – vor allem dann, wenn wir unsere hochsensiblen Bedürfnisse nicht „ernst“ nehmen und positiv reflektieren. Endlich am Ort unserer Träume angekommen, sind wir vielen unbekannten Reizen ausgesetzt: die Menschen, die Kultur, die Sprache, das Essen, die Gerüche, der Rhythmus des Lebens, die Gepflogenheiten, die Architektur ... all das sind Eindrücke, die uns faszinieren, inspirieren, bereichern und die wir uns selbst gewünscht haben. Und dennoch: Jede neue Erfahrung fordert uns auf seine Art und ganz anders, als wenn wir uns an bekannten Urlaubsorten oder in vertrauten Umgebungen aufhalten.
In meinem Buch „ZART IM NEHMEN – WIE SENSIBILTÄT ZUR STÄRKE WIRD“ habe ich für den zweiten Teil des Buches Geschichten von hochsensiblen Menschen zu unterschiedlichen Lebensthemen gesammelt, auch zum Thema Reisen.
Buchausschnitt – ZART IM NEHMEN – Kathrin Sohst – Seite 203 bis 206
Reisen
Raus aus dem täglichen Trott und ab in den Urlaub. Reisen ist für viele Menschen etwas Besonderes, und es gibt wohl kaum jemanden, der sich nicht darauf freut: Entspannung, Lesen, Berge, Meer, Zeit mit denen verbringen, die wir lieben. Am besten ohne böse Überraschungen, mit dauerhaft gutem Wetter und in entspannter Harmonie … Und da haben wir schon den Salat, denn was ist schon perfekt?
Urlaub heißt gerade für Hochsensible nicht immer Entspannung pur und schon gar nicht von Anfang an.
Wir werden zu großen Planern, suchen die Urlaubsziele genau aus – damit Ästhetik, Lage, Preis und Co. stimmen. Und wenn wir mal einen Ort gefunden haben, der uns gefällt, dann neigen wir dazu, immer wieder dorthin zu fahren. Checklisten sind unsere besten Freunde und das mit dem Packen muss sehr gut organisiert werden. Wenn uns dann die Abenteuerlust packt und wir ein seltenes oder gar neues Ziel ansteuern, dann schalten wir noch einen Gang hoch. Von außen betrachtet stelle ich es mir sehr lustig vor, hochsensible Familien beim Packen zu beobachten, meine eigene nehme ich dabei nicht aus. Sicher würden einige denken: Warum können die sich nicht einfach mal entspannen? Die haben doch Urlaub. Genau. Und damit wir den genießen können, braucht es eben bestimmte Voraussetzungen:
Ich bin hochsensibel, weiß das seit etwa sechs Jahren und bin sehr erleichtert über dieses Wissen, weil ich damit jetzt bewusster umgehen kann. Ich bin verheiratet, habe im Abstand von fünf Jahren zwei Kinder bekommen und arbeite selbstständig im eigenen Goldschmiedemeisteratelier mit meinem nicht hochsensiblen Mann zusammen. Wir sind das ganze Jahr innerhalb der Ladenöffnungszeiten mit Menschen konfrontiert und in der Freizeit liebend gern für uns.
© Kathrin Sohst
Deshalb fuhren wir jahrelang in Ferienwohnungen in die Berge, oft ein paarmal ins selbe Quartier, weil wir dann schon wussten, wie die Infrastruktur ist, wo man einkaufen kann, wo Schwimmbäder und Möglichkeiten für Schlechtwetterunternehmungen zu finden sind etc. Schon bevor ich um meine Hochsensibilität wusste, wurde ich zum Fan von Ordnungssystemen und übersichtlichen Strukturen. Für den Urlaub bedeutete das geeignete Packeinheiten, Checklisten, die nach dem Urlaub jeweils überarbeitet wurden, je nach Erfahrung und Status quo. Der Packaufwand mag höher sein, dafür weiß ich, dass ich auf jeden Fall die Dinge dabeihabe, die mir einen entspannten Urlaub ermöglichen. Vor zwei Jahren schenkte ich meiner Tochter zum 18. Geburtstag eine gemeinsame Reise nach Venedig. Ich war 25 Jahre vorher schon mal da gewesen und hatte mir immer gewünscht, eines Tages zum Karneval dort zu sein. Also informierte ich mich über Hotels, Flugmöglichkeiten, besorgte einen Reiseführer mit Stadtplan und wählte anschließend ein schönes Hotel aus – mit strategischem Geschick. Nicht zu zentral, zu laut und zu teuer, und dennoch so, dass die Vaporettoanleger fußläufig gut zu erreichen waren.
Weil mich Flughäfen und die Situation dort ziemlich stressen, gehörte zur Reiseinvestition auch eine neue Rucksackhandtasche, die ich vor allem nach der Innenausstattung ausgesucht hatte. Platz für Reisedokumente, Fotoapparat, Geld, Schlüssel, Handy, alles in separaten Reißverschlussfächern. Unter Stress fange ich sonst an zu suchen und gerate in Panik, wenn ich nicht alles sofort finde. Außerdem waren wir frühzeitig am Flughafen, den Online-Check-in hatte ich vorher genutzt, aber man kann ja nie wissen … Lieber ein bisschen länger warten (mit MP3-Player im Ohr, um die Fremdgeräusche auszuschalten) und dann in der Poleposition fürs Boarding sein. Meine Tochter, ebenfalls hochsensibel, vertraute mir in der Organisation, obwohl sie meine Anspannung spürte.
Sobald wir in Venedig im Hotelzimmer angekommen waren, begann für mich der »richtige« Urlaub. Entspannen kann ich mich erst, wenn vor Ort alles bestätigt ist, was ich gebucht habe. Den Stadtplan immer griffbereit, aber eigentlich schon auswendig im Kopf, fanden wir überall gut hin, ließen uns treiben, hatten aber auch grob vorgeplant, was wann sinnvoll wäre. Beim Schlendern und Bummeln markierten wir uns die Stellen, die gutes Essen versprachen – für später am Abend, wenn wir von Murano zurückkämen. Irgendwann fragte mich meine Tochter, ob wir »magnetisch« seien, denn egal, ob in Museen, Kirchen oder am Vaporettoanleger, fast immer waren wir die Ersten und kurze Zeit allein, fünf Minuten später standen die Massen hinter uns. Ich weiß ganz einfach, dass ich mich im Pulk unwohl fühle, und sorge dafür, dass ich da nicht hineingerate. Dabei helfen mir mein inneres Gespür und ein gutes Zeitgefühl. Am Abend, erschöpft von den vielen Eindrücken, holten wir uns noch unsere vorgemerkte Wunschpizza, die wir im Hotelzimmer genossen, bevor wir – völlig platt – mit einem Hörbuch früh ins Bett gingen.
Nach dem Rückflug waren wir trotz der guten Organisation erst einmal »überladen« mit Erlebnissen. Aber wir konnten uns und die Stadt voller magischer Kostüme und Masken echt genießen und würden diese Erinnerung nie missen wollen. Martina Rosenberger, 52
Eine hohe Wahrnehmung macht das Reisen und den Urlaub zu besonders intensiven Erlebnissen. Sobald wir mit dem Wissen um unsere Hochsensibilität bewusst reflektieren können, dass wir als zartfühlende und sinnesstarke Wesen andere Voraussetzungen für einen guten Urlaub brauchen als andere, entsteht Entspannungspotenzial. Es ist völlig in Ordnung, wenn wir uns gründlich vorbereiten. Wir müssen nichts toll finden, was andere toll finden. Und es ist auch nicht spießig, immer mal wieder an den gleichen Ort zu fahren; vor allem für sensible Familien kann das sogar von großem Vorteil sein. Wenn es uns langweilig wird und die Kinder größer werden, dann kommt der Wunsch und auch die Bereitschaft, Neues zu entdecken, ganz von allein. Und wenn uns unsere Intuition während der Planung deutlich zu verstehen gibt, dass wir einen anderen Weg einschlagen sollen und ein anderes Ziel richtig für uns ist, dann kann es sich lohnen, dem Herzen zu vertrauen und loszulassen, was wir uns in den Kopf gesetzt haben …
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