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Die Erde spüren...


von Sabrina Fox

Es war ein Januar und ich hielt mich in dem kleinen Hinterhofgarten des Mietshauses, in dem ich damals wohne, auf. Der Garten war entzückend. Ein kleines verwunschenes Kleinod mitten in der Stadt. Ein paar Büsche, ein paar Baume, eine kleine Wiese, ein Holzgartentisch und eine Bank. Daneben ein kleines Trinkbecken für die Vögel und das Hinterhof-Idyll umrankt von einer kleine Mauer mit einer Öffnung auf Hüfthöhe zu dem Nachbargarten.

„Mama! Schau mal. Die Frau geht barfuss!“ hörte ich einen Knirps laut rufen, während er mit seinen Schneestiefeln an der Öffnung vorbeistapfte.

Ich musste schmunzeln. Ich konnte mir gut vorstellen, was sich die Mutter gerade dachte: „Um Himmels Willen, jetzt habe ich ihm gerade die Stiefel und den Anorak angezogen und jetzt will er bestimmt seine Stiefel wieder ausziehen, nur weil so eine verrückte Nachbarin mitten im Winter barfuß gehen muss.“

„Mama, die wird bestimmt krank!“

Ja, das hatte ich auch immer von meiner Mama gehört. Und wie zur Bestätigung hörte ich auch seine Mutter – zwei Generationen später – das Gleiche sagen: „Ja. Da werden deine Füße kalt und du bekommst einen Schnupfen und dann kannst du nicht mehr mit Max zum Spielplatz gehen.“

Sabrina Fox - Barfuss im Schnee
© sabrinafox.com

„Aber Mama, warum macht die Frau denn das?“

Sie zog ihn von der Öffnung weg, damit ich ihre Antwort nicht hörte. Ich brauchte sie nicht zu hören, ich konnte sie mir vorstellen: „Ja, mein Sohn, manche Menschen sind eben unvernünftig und ein bisschen verrückt.“

Man ist also entweder verrückt, unvernünftig oder wird krank, wenn man barfuß geht. Alles drei bin ich nicht. Nun gut, das „verrückt-sein“ liegt im Auge des Betrachters und für manche ist es ver-rückt (... von der Norm), wenn man mitten im Winter barfuß geht.

Wenn ich mit Leuten über das Barfußgehen spreche, nehmen die meisten an, dass ich vom Barfuß gehen in der Wohnung spreche. Wenn ich mit der Ferse hart auftrete, reagiert mein Körper mit Rückenschmerzen, denn er kann die Härte des Bodens nicht abfedern. Das gilt natürlich auch für Straßen oder Gehwege. Dafür braucht es einen leichteren Gang. Den Ballengang. Man kommt – wie Kinder, wenn sie gehen lernen – mit dem Vorderfuß zuerst auf. Damit ist das Gehen auf harten Untergründen auch kein Problem mehr.

Barfuß gehen ist für viele von uns höchstens im Sommer erlaubt und auch nur, wenn die Wiese vorher von allen möglichen Dornen, Zweigen, Steinchen und Glasscheiben entfernt wurde. Außer wir gehen die paar Meter von der Decke zum See oder vom Strand zum Meer. Ich bin früher schon gelegentlich barfuß gewandert. Die mir entgegen kamen konnten ihren Schreck kaum verbergen: „Ja haben Sie Ihre Schuhe verloren?“ wurde ich oft gefragt. Wenn ich dann antwortete, dass ich barfuß wandere, wollten sie gerne meine Hornhaut sehen. Lachend zeigte ich Ihnen meine Fußsohlen. Dicke Hornhäute waren da nicht drauf. Was ich allerdings bemerkte war folgendes: Ich musste mich gänzlich auf mein Energiefeld verlassen. Vor dem losgehen bat ich mein Energiefeld darauf zu achten, dass wir uns nicht verletzten. Schließlich gibt es spitze Steine, Dornen oder gelegentlich sogar Glasscherben. Dann ging ich los. Meine Beine bewegten sich wie selbstverständlich und machten ab und zu weitere Schritte nach rechts oder links, wie als wenn sie ausweichen würden. In dem Moment in dem ich dachte: „Hoffentlich steige ich nicht irgendwo rein“, stieg ich irgendwo rein. Es war faszinierend zu beobachten und mir damals schon eine große Lehre.

Sabrina Fox - Barfuss zu mehreren
© sabrinafox.com

Als ich vor ein paar Jahren auf meiner Facebook Fanpage-Seite als wöchentliche Übung das Barfuss-gehen vorschlug – es war da bereits schon Herbst – waren die Reaktionen gemischt. „Brrrr. Aber es ist doch so kalt!“ wurde ein paar Mal geschrieben. Die Erziehung unserer Eltern hatte sich so in uns eingegraben, dass viele es nicht einmal ausprobieren wollten. Ich rede hier nicht vom stundenlangen Barfuß gehen. Es ging natürlich auch darum mal zu erspüren, wie es sich anfühlt auf der Erde zu stehen („Unser Rasen hat sich wie ein nasser Schwamm angefühlt. Ich wusste gar nicht, dass sich das so toll anfühlen kann“ – „Ich fühlte mich, als ob mich Mutter Erde willkommen heißt.“ - „Meine Kinder konnte es kaum glauben, dass ich ihnen im tiefsten Winter erlaubte ohne Stiefel in den Garten zu gehen. Sie tobten ein paar Mal ums Haus und kamen glücklich wieder zurück. Das alleine war es schon wert.“

Wenn es uns barfuß zu unangenehm wird, dann hören wir eben wieder auf. Es geht nicht darum, wer im Winter am längsten im Schnee aushalten kann – auch das hat nichts mit gesunder Körperwahrnehmung zu tun – sondern es geht darum, seinem Körper zu vertrauen und wenn es ihm zu kalt wird, ihn wieder zu schützen. Vielen kostete das Ausprobieren extreme Überwindung, aber ... ich ließ nicht locker. Mittlerweile war mein Facebook-Post: „Barfuss gehen nicht vergessen ;-) schon zum Insider-Witz geworden. Einige probierten es nur deswegen aus, weil sie wollten, dass ich endlich mit dieser ewigen Erinnerung aufhöre.

Nicht wenige machten sich Sorgen, was denn die Nachbarn denken. Das konnte ich sofort beantworten: „Die Nachbarn werden euch für verrückt halten.“ Das war es. Das ist alles. Wir werden nicht als Hexen verbrannt und man wird und keine schweren Gegenstände nachwerfen. Die Beobachter schauen uns vielleicht missbilligend an, schütteln eventuell den Kopf oder ziehen ihre Kinder weg. Das ist auszuhalten, oder? Ich schreibe seit fünfundzwanzig Jahren über persönliches Wachstum und meine ersten Bücher waren Anfang der 90ger Jahre über Engel. Da war ich Journalistin und Fernsehmoderatorin. Die meisten werden mich damals für verrückt gehalten haben. Jetzt sind sie es vielleicht zum Teil selber. Viele Leute werden erst einmal für verrückt gehalten; das ist nicht selten später ein Kompliment. Wir befinden uns in großartiger Gesellschaft. Das die Erde rund ist? Verrückt! Das sie nicht um die Sonne kreist? Verrückt! Verbindung von Körper und Geist? Verrückt! Das es ein Bauchgehirn gibt? Verrückt! Pflanzen kommunizieren miteinander? Verrückt! Also, ihr seht, wir dürfen den vor uns gelebten Verrückten ruhig unseren eigenen Namen hinzufügen.

Die schnellsten Läufer der Welt sind diejenigen, die als Kinder barfuss gelaufen waren. Alle Knochen, Muskeln und Sehnen konnten perfekt entwickelt werden. Die Füße blieben beweglich und die Athleten können sogar noch ihren kleinen Zeh hochheben. Probieren Sie das mal. So haben unsere Füße mal funktioniert, bevor wir sie mit einem Jahr in Schuhe gequetscht haben. Das ist übrigens wie Sonnenbrillen für Kinder. Ebenfalls ungesund. Das Auge braucht alle Lichteinflüsse um sich gesund zu entwickeln. Diejenigen, die viel zu oft Sonnenbrillen tragen, haben bemerkt, dass sie immer lichtempfindlicher wurden. Beim Skifahren, bei grellem Licht, von tausenden von Fans nicht erkannt zu werden, da macht eine Sonnenbrille Sinn. Aber täglich?

Ich schweife ab.

Nicht nur unser Körper, sondern auch unser Energiefeld stabilisiert sich mit dem Kontakt zur Mutter Erde. Wir bewundern Schamanen, wollen mit Mutter Erde Kontakt haben, aber dann nennen wir es „dreckige Füße“ wenn wir mal Erde dran haben. Ich bin immer überrascht wie viele „Schamanen“ es gibt, die Erdrituale machen, ohne mit der Erde in Berührung zu kommen. Wie soll das gehen? Das ist wie Internet-Sex. Es braucht Berührung, um sich wirklich zu spüren. Meine indianischen Lehrer haben mir Ende der 90ger Jahre zuerst die Schuhe ausgezogen. Damals hatte ich auch unter meinem Schreibtisch eine Kiste mit Erde, die ich regelmäßig auswechselte.

Oft gibt es Meditationen in denen wir uns vorstellen sollen, dass die Kraft der Erde durch unsere Füße nach oben geht. Doch das bleibt nur in der Vorstellungskraft, wenn wir unsere Füße nicht auch WIRKLICH auf die Erde stellen. Gerade Menschen, die sich viel mit spirituellen Themen auseinandersetzen, brauchen eine Erdung. Die gibt es durch Bewegung, durch Sexualität, durch Singen, durch Trommeln, durch Tanzen, auch durch Fleisch essen und besonders durch die Fußsohlen. Genauso wie wir Sonnenlicht am ganzen Körper brauchen – die meisten von uns haben Vitamin D Mangel – so brauchen wir auch Erdung.

Sabrina Fox Falalalala
© www.SabrinaFox.com

Seit knapp drei Jahren gehe ich fast ausschließlich barfuß. Auch im Winter – so lange wie es meine Füße mögen. Ich habe über mein erstes Barfußjahr ein Buch geschrieben: „Auf freiem Fuß. Ein Jahr ohne Schuhe?“ und über alles geschrieben, was ich da so erlebt, gemacht und getan habe. Kann man barfuß ins Restaurants gehen? Wie schauen die Leute? Wie fühlt es sich an? Was verbessert sich?

Viele meiner Freunde dachten, dass ich nach dem Jahr wieder Schuhe anziehen würde – aber ich habe sie fast alle verschenkt. Wenn man eine Weile barfuß geht, kann man es sich nicht mehr vorstellen „immer“ Schuhe zu tragen.

Frei zu sein bedeutet das zu tun, was man gerne tut. Wir als Gesellschaft haben uns Schuhe angewöhnt. Das in Frage zu stellen, fällt uns häufig gar nicht mehr ein. Vor drei Jahren fragten mich gelegentlich Leute erschrocken: „Wo sind denn Ihre Schuhe?“. Mittlerweile höre ich häufig: „Ach, Sie sind Barfußgängerin. Davon habe ich schon gehört.“

Die Zeiten ändern sich. Vielleicht wollen Sie es auch mal ausprobieren?



Sabrina Fox
© Christian M. Weiss
SABRINA FOX beschäftigt sich seit fast fünfundzwanzig Jahren mit ganzheitlichen Themen. Es ist ihr ein Anliegen die Verbindung zwischen Körper, Geist und Seele für ein erfülltes Leben zu unterstützen - und dabei auch den Humor nicht zu vergessen.

Sie ist Bestseller-Autorin, Rednerin, Bildhauerin, Sängerin und Coach. Über zehn Jahre arbeitete sie als Moderatorin für das deutsche Fernsehen.

Danach absolvierte sie Ausbildungen als klinische Hypnosetherapeutin, Konflikt-Coach und Mediatorin. Sie studierte Bildhauerei und Gesang. Sabrina ist Mutter einer erwachsenen Tochter und lebt - nach sechzehn Jahren in Kalifornien - jetzt wieder in ihrer Geburtsstadt München.

Mehr von und über Sabrina Fox finden Sie unter: https://sabrinafox.com/

Autorin „Bodyblessing – Der liebevolle Weg zum eigenen Körper“

„Auf freiem Fuß. Ein Jahr ohne Schuhe?“

Auf freiem Fuß Ein Jahr ohne Schuhe?
Sabrina Fox (Autor)
Auf freiem Fuß
Ein Jahr ohne Schuhe?
Ein Jahr ohne Schuhe?
Broschiertes Buch
Worum geht es? Ein Jahr lang barfuß gehen. Was macht das mit einem? Und was macht das mit den anderen, die das beobachten? Wie läuft's sich im Winter? Was ist mit all den schicken Schuhen, die frau natürlich hat - und liebt? Wie viel Mut braucht es in einer Gesellschaft, die Schuhe erwartet, keine zu tragen? Mit diesem Buch plädiert die Autorin für eine gesunde und natürliche Lebensweise. Konsequentes Barfußlaufen stellt unsere Lebensgewohnheiten in Frage und ermöglicht ein ganz neues Gefühl von Freiheit. Was ist besonders? Dieses Buch ist ein Live-Report über ein wunderbares Experiment der Selbstfindung.
Magst Du, was wir bei LEBE-LIEBE-LACHE schreiben? Willst Du uns helfen, Menschen zu erreichen, denen das auch gefallen könnte? Wie? Ganz einfach: "teilen". Wir freuen uns sehr über Deine Wertschätzung.
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