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Du bist mehr als Körper und Geist



Das geheimnisvolle Yogasutra
- von Dr. Ralph Skuban

Selbsterforschung und Heilsein

Patanjalis Yogasutra ist zwar schon 2000 Jahre alt, gilt aber immer noch als das wichtigste Grundlagenwerk des Yoga. Das ist, meine ich, nicht selbstverständlich, wenn man bedenkt, dass der westliche Weg des Yoga meist als ein Weg des Körpers praktiziert wird. Patanjalis Text handelt indes nicht so sehr von unserem Körper, sondern vor allem von der Arbeit an und mit unserem Inneren. Sein zentrales Thema ist die Selbsterforschung auf dem Wege der Meditation. Es ist dies ist ein Jahrtausende alter Weg nicht nur Indiens, sondern der Menschheit insgesamt: In sich selbst hineinzuschauen und zu -hören, um unserer tiefsten Wirklichkeit nachzuspüren.

Der Weg der Selbsterforschung, wie das Yogasutra ihn entfaltet, will uns über unseren Körper hinausführen, auch über unseren Atem als Träger unserer Lebensenergie, ja sogar jenseits unserer Gedanken und Gefühle noch, hin zum spirituellen Kern unseres Wesens. Patanjali nennt diese Essenz reinen Gewahrseins Drashtu, den Seher, oder auch Purusha, was soviel bedeutet wie „das, was in uns wohnt“.



Dem Yogasutra geht es also um nicht weniger als alles, um eine Selbsterkenntnis, die fundmental, ist und dem Menschen verspricht, ihn endgültig über alles Leid und alle Konflikte hinauszuführen. Das ist ein ziemlich ambitioniertes Ziel. Zugleich ist es das größte Versprechen, das man sich denken kann! Doch könnten wir uns vorstellen, dass ein Weiser wie Patanjali – oder auch die großen Weisen anderer Traditionen wie Jesus, Laotse, Zhuang Zi oder Buddha – sich weniger zum Ziel setzen würden als eben das Höchste?


Patanjali als transpersonaler Psychologe

Ich nenne Patanjali gerne einen transpersonalen Psychologen. Die transpersonale Psychologie ist ein noch relativ hunger Zweig der Wissenschaft, verbunden mit Namen wie C.G. Jung, Abraham Maslow, Stanislav Grof, Charles Tart, Ken Wilber und anderen. Sie integriert die Erkenntnisse moderner psychologischer Forschung, anerkennt aber ausdrücklich das menschliche Suchen nach tieferem Sinn, nach Antworten auf die großen Fragen des Lebens: Wo komme ich her? Wer bin ich? Wohin gehe ich? Gibt es ein Ziel des Lebens und worin liegt es? Was liegt jenseits der Masken, die ich trage, jenseits der Rollen, die ich spiele? Was trägt mein Sein?

Die transpersonale Psychologie bezieht also das menschliche Streben nach spiritueller Erkenntnis, Erfüllung und Ganzheit in ihr Denken mit ein. Sie beschäftigt sich deshalb auch mit veränderten oder erweiterten Bewusstseinszuständen, mit spiritueller Extase, mit Einheits- und Selbstentgrenzungserfahrungen und anderen ungewöhnlichen Bewusstseinsphänomenen – mit holotropen Zuständen, wie der Psychiater Stanislav Grof sie nennt (und dabei übrigens wie die Yogis den Atem als zentrale Methode nutzt, um sie herbeizuführen). Die Philosophie des Yoga nennt solche Erfahrungen Samadhi. Das ist ein schillernder Begriff mit unterschiedlichen Bedeutungsfacetten, den ich hier als meditative Gipfelerfahrung übersetzen möchte.


Herausforderung für unser Weltbild

Die transpersonale Psychologie würdigt ausdrücklich die rein subjektive Dimension des Menschseins und ein Erfahrungsspektrum, das von der offiziellen Wissenschaft bestenfalls als Einbildung eingestuft würde, denn diese geht ja von einem Weltbild aus, das allem Sein einen ausschließlich materiellen Ursprung zuschreibt. Sogar das Leben selbst und unser Bewusstsein werden als Rand- oder Nebenerscheinungen des Physischen betrachtet. Weite Teile dessen, wovon das Yogasutra handelt, würde man aus der Perspektive der offiziellen Wissenschaft ins Reich der Phantasie oder in die Domäne des Paranormalen rücken – mit anderen Worten: für „Mumpitz“ halten müssen.

Man sollte also wie ein transpersonaler Psychologe schon einen offenen Geist mitbringen, um sich ernsthaft mit jenen Phänomenen auseinanderzusetzen, wie sie vor allem im dritten Kapitel des Yogasutra angesprochen werden, Dinge, die unsere vermeintlich gesicherten Erkenntnisse und Vorstellungen im Blick auf das, was real ist oder nicht, was uns möglich oder unmöglich erscheint, radikal herausfordern. Wenn an den Grundfesten unseres Überzeugungssystems gerüttelt wird, können sich schnell Angst und Ablehnung einstellen, ohne dass wir uns bewusst wären, dass ja auch diese Grundannahmen nur auf Sand gebaut sind. Denn für die Auffassung zum Beispiel, dass unser Bewusstsein dem physischen Gehirn entspringt, gibt es keinen einzigen belastbaren Beweis. Wie soll aus toten und nicht-bewussten Atomen auf dem Wege evolutionärer Zufallssteuerung ein lebendiges Etwas entstehen wie ein Gehirn, aus dem dann auch noch unerwartet unser Geist hervorquillt wie der sprichwörtliche Dschinn aus der Flasche? Auch manche Axiome der „harten“ Wissenschaft sind manchmal bestenfalls wachsweich, bloße Annahmen, die man glauben kann – oder auch nicht. Patanjali geht es auch gar nicht ums Glauben. Er will, dass wir erkennen, dass wir wissen – aus eigener Erfahrung …


Die Geheimniskrämerei um die Siddhis

Was die Beschäftigung mit dem kryptischen dritten Kapitel des Yogasutra sehr erschwert, welches von den Siddhis oder Vibhutis, den „außergewöhnlichen“ Bewusstseinsphänomenen also, handelt, ist die Tatsache, dass die Kommentare zu Patanjalis Text sich darüber gerne in vornehmes Schweigen hüllen. Ob dies eher einem Herrschafts- oder auch Unwissen geschuldet ist, sei dahingestellt. Gegen eines aber sperrt sich mein ganzes Wesen, mein Wissenschaftlergeist auch, und mehr noch der spirituelle Sucher in mir: Da empfiehlt man uns seit Jahrhunderten das Yogasutra als sine qua non des Yoga, um es am Ende auf die ewig wiedergekäuten acht Glieder zu reduzieren, die mit einem ethischen Kodex beginnen, sich dann mit der Meditationshaltung und dem Atem beschäftigen, um schließlich in Meditation und – schon wieder! – dem unsagbaren Samadhi zu gipfeln (womit man sich gewöhnlich kaum noch auseindersetzt, obgleich dieses Phänomen ja den Kern von Patanjalis Bemühungen ausmacht).

Kommt es dann zu den Siddhis, denen Patanjali ein ganzes Kapitel widmet, begegnet man schweigen. Oder man findet wörtliche Übersetzungen, unkommentiert, die keinen rechten Sinn ergeben: Wenn wir uns auf die Sonne und den Mond konzentrieren würden, um nur ein Beispiel zu nennen, könnten wir Wissen über das All erlangen. Das klingt nicht unspannend, aber ich persönlich würde fürs Astronimische doch das Hubble-Teleskop bevorzugen. Und mit Laserstrahldetektoren können wir neuerdings sogar Gravitationswellen nachweisen, das Schwingen des Raums selbst, um nun auch die letzten Geheimnisse von Einsteins berühmten Gleichungen zu bestätigen. Patanjali aber geht es nirgendwo ums Äußere, nicht um Planeten und Gravitationswellen, sondern um unseren inneren Raum, den Kosmos in uns. Den Lauf der Gestirne in Meditation zu erkennen: Das würde meiner Selbsterkenntnis, gar meinem Glück, kein Jota hinzuaddieren. Und über die Frage, ob ich sterblich bin oder nicht vermöchte es mich ebenfalls nichts zu lehren.


Die nicht-physische Seite unseres Seins

Wenn wir Yoga üben – und bei Patanjali bedeutet das ja immer: wenn wir meditieren – wenn wir also üben, uns regelmäßig auf unseren inneren Kosmos ausrichten, Introspektion und Selbsterforschung betreiben – wenn wir also in uns selbst hineingehen (Svadhyaya), dann weitet sich unser Geist und wir können Erfahrungen machen, die unser Verständnis dessen, was wir bislang für möglich hielten oder nicht, dramatisch ausweiten. Auf dem Weg der Meditation erleben wir möglicherweise völlig neue Aspekte unseres Seins, seien dies nun ungewöhnliche intuitive oder sinnliche Fähigkeiten oder sogar die Erfahrung unserer nichtphysischen Dimension: unseren Energiekörper zum Beispiel, der weit mehr ist, als ein verschrobenes Konzept indischer Esoterik, sondern erfahrbar, greifbar und in ganz wunderbarer Weise erlebbar. Oder wir machen, was Patanjali gegen Ende des dritten Kapitels thematisiert, sogar außerkörperliche Erfahrungen (über die es mittlerweile zahlreiche Berichte und Literatur gibt, primär im Kontext der Nahtoderfahrungen). Wir entgrenzen uns zunehmend selbst.



Mit dem Phänomen, mich selbst als nicht-physisch – oder außerkörperlich – zu erfahren, machte ich im Zuge meiner Übertragung und Kommentierung des Yogasutra intensive Erfahrungen. Und ich bin unendlich dankbar dafür, dass mein persönlicher Datenkranz dadurch in nie gekannter Weise verändert wurde, dankbar für diese zutiefst beglückenden Erfahrungen von Nicht-Körperlichkeit. Ist es nicht diese eine grundlegende Botschaft, die sich wie ein roter Faden durch alle spirituellen Traditionen der Menschheit zieht, ganz besonders durch die indischen Darshanas oder Philosophiesysteme wie dem Yoga: Du bist mehr als dein Körper, mehr sogar als dein individueller Geist! Du bist reines Gewahrsein, eins mit allem, was ist! „Ich bin Brahman!“ lautet ein Mahavakyam, ein großer Asusspruch der Upanishaden. Und in Meditation, so sagt uns Patanjali fernab jeder wohlfeilen Alltagspsychologie, da kannst du genau das erfahren. Du wirst existenziell erkennen, dass du unsterblich bist. Als Forscher will ich so etwas natürlich wissen, weil mir glauben allein nicht genügt.

Auf meinen zahlreichen Seminaren und Workshops treffe ich fast jedesmal Menschen, die ebenfalls Bekanntschaft mit der nicht-physischen Seite ihrerselbst gemacht haben, darunter Ärzte und Wissenschaftler, im Rahmen traumatischer Erlebnisse beispielsweise oder auch im Kontext tiefer Meditation, Erfahrungen, die beglückend oder irritierend sein mögen, doch zutiefst im Einklang stehen mit Patanjalis Werk. Und zugleich stellen sie unser Weltbild ernsthaft infrage. Das verunsichert manche und sie trauen sich nicht, offen darüber zu sprechen. Es sind innere Erlebnisse, die auch mit Angst befrachtet sein können. Sie sind neu, ungeahnt, unglaublich … Viele sprechen nicht gerne darüber aus Angst, Ablehnung zu erfahren. Diese Erfahrungen aber zu negieren, wie man uns immer wieder empfiehlt, kann nicht das Interesse Patanjalis gewesen sein. Hat er ein ganzes Kapitel über Siddhis geschrieben, nur um uns zu verstehen zu geben, dass wir uns damit nicht auseinandersetzen sollten? Welch kuriose Vorstellung!


Ist das gefährlich?

Warnt nicht sogar Patanjali selbst davor, sich mit diesen so „okkulten“ Dingen des dritten Kapitels auseinanderzusetzen? Wahr ist, dass er sagt, an ungewöhnlichen Erfahrungen haften zu bleiben, würde uns an unserem inneren Wachstumsprozess hin zu unserer Ganzheit hindern – so wie ja jede Form der Anhaftung im Yoga losgelassen werden will. Nirgendwo aber sagt er, wir sollten die spannenden Begleiterscheinungen des Weges nach Innen nicht zu Kenntnis nehmen. Er sagt mit keinem einzigen Satz, dass wir sie nicht suchen oder verstehen sollten. Sie sind ihm kein Teufelszeug, sondern einfach natürliche Phänomene auf dem Weg des Menschen zum Kern seines Wesens.

Am Ende freilich muss es darum gehen, alle Aspekte unseres Seins in ein sinnhaftes Ganzes integrieren zu können. Ich bin zutiefst der Meinung, dass es zu einem aufgeklärten Denken gehört, sich mit einer gewissen Neugier und, ja, durchaus auch mit Chuzpe, den alten Schriften zu nähern, auch in ihren augenscheinlich abenteuerlichen Passagen, um zu tieferen Erfahrungen unsererselbst zu gelangen. Yoga ist ein Weg der Ausdehnung. Patanjali spricht sogar davon, dass wir uns aufs Undendliche ausrichten sollten. Der Weg in die Unendlichkeit beginnt zweifellos damit, dass ich meine Grenzen aufweite. Wenn dazu das Rütteln an den Grundfesten meines Überzeugungssystems gehört: Dann will ich das bejahen. Spannende Reisen in mein Inneres möchte ich nicht fürchten müssen, sondern voller Neugier und im Geiste der Freiheit antreten. Mögen wir alle viel Freude beim Selbst-Erforschen haben!


Dieser Artikel war übrigens auch bei Yoga-Aktuell zu lesen - hier gehts direkt zur neuen Ausgabe:
http://shop.yoga-aktuell.de/Magazine/Jahrgang-2016/Yoga-Aktuell-97-02-2016.html




DR. RALPH SKUBAN


Ralph Skuban
© www.skuban.de
In der Philosophie des Ostens, in der Mystik überhaupt, fand RALPH SKUBAN die Tiefe des Suchens, um die es ihm geht; die Offenheit und Toleranz, die der institutionalisierten Religion zumeist fehlt, die Weisheit praktischer Psychologie – und dazu die Freude, eine tägliche Praxis in sein Leben zu integrieren.

In den letzten Jahren begann RALPH SKUBAN Bücher zu schreiben und Seminare zu halten. "Östliche Philosophie ist keine trockene Theorie, sondern es geht ihr um die Frage nach einem guten Leben, nach Sinn und Tiefe, und vor allem um die Suche nach unserer spirituellen Essenz, dem inneren Licht, das eins ist mit dem Höchsten. Die Essenz der Upanischaden und aller mystischen Wege der Menschheit lautet: DAS bist du. Tat Tvam Asi."

Mehr von und über RALPH SKUBAN gibts hier: www.skuban.de


Dr. Ralph Skuban: Patanjalis Yogasutra
© www.skuban.de
Dr. Ralph Skuban
Patanjalis Yogasutra
Der Königsweg zu einem weisen Leben
- Das Grundlagenwerk zum Yogasutra -

Yoga heißt Verbindung oder Einheit und ist ein Wort für Weg und Ziel zugleich: Als Ziel steht es für den Bewusstseinszustand des Zu-Sich-Selbst-Gekommen-Seins, für den es viele Namen gibt: Befreiung, Nirvana, Himmelreich, Selbstverwirklichung, innerer Friede, Stille, Erleuchtung – und viele andere noch.

Als Weg bezeichnet Yoga die Vielfalt der Methoden, welche diesem großen Ziel dienen.




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