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Auf der Suche nach einem spirituellen Mann

„Kannst du bitte mal was zur neuen Art von Liebe sagen?“ Die Frage wurde mir von einer meiner Workshop-Teilnehmerinnen gestellt und ich musste wohl etwas verwundert geschaut haben. „Neue Art von Liebe?“ fragte ich nach.

von Sabrina Fox

„Ja, die soll jetzt kommen.“ Sie fügte als Erklärung hinzu: „Ich kriege zur Zeit so viele Newsletters und Rundmails, und da steht so oft drin, dass wir jetzt in eine neue Zeit kommen, in dem wir raus aus der Zweisamkeit gehen sollen und die Liebe erweitern sollen. Aber ich glaube, ich schaffe das nicht. Hab` ich da was noch nicht verstanden?“

„Lass mich raten,“ sagte ich darauf, „die Emails kommen von Männern?“

Sie nickte.

„Männer, die in keiner festen Beziehung sind?“

Sie nickte wieder.

„Etwas älter? Also aus dem Kinderaufzieh-Alter raus?“

Sie hielt kurz inne, nickte wieder und fing zu lachen an. „Ach soooo.“

Da ich solche Emails und Rundmails selbst nicht bekam, hörte ich mich ein bisschen um. Erstaunliches kam da zum Vorschein. „Man“ versuchte mir folgendes beizubringen: Die Liebe ist zu eng, wenn sie nur in einer Paarbeziehung stattfindet. Die neue Liebe schließt andere Partner mit ein. Wir (Männer wie Frauen, die damit nichts anfangen können) sind spirituell noch nicht genug entwickelt, wenn wir damit unsere Schwierigkeiten haben. Unser Herz ist einfach noch nicht weit genug auf, aber das wird schon. Um spirituell entwickelt zu sein, ist das ein wichtiger Schritt. Aber wir sind lernfähig und können den Lehrenden vertrauen, denn sie haben die Nachrichten entweder von ihren Engeln, von schamanischen Ritualen, von der geistigen Welt, oder selbst auf Astralreisen erfahren.

Aha.



Grand canyon tasy/pixabay 4
© tasy/pixabay

Ich erinnerte mich an mein erstes Erlebnis in dieser Richtung. Ich traf auf einer Konferenz – es muss wohl so um die 18 Jahre her gewesen sein – einen Mann, der eine etwas verschüchterte Frau im Schlepptau hatte. Er sprach mich an und sagte, dass er sofort sehe, dass ich ein hohes spirituelles Potential habe und er mir dabei helfen könnte, es weiterzuentwickeln. Ich hatte keine Ahnung, was er meinte. Kurze Zeit später klingelte es selbst bei mir: Es wollte mich durch Sex mit ihm – dem großartigen, so weit entwickelten Mann – in meinem spirituellen Weg unterstützen. Ein Blick auf seine Begleitung sagte mir, dass das Zusammensein mit ihm so toll nicht sein kann. Seine Begleitung sah eher unglücklich aus. Anstrengend genug, wenn man bei solchen Gesprächen dabei steht. Ich lehnte ab. Ich wollte ihn noch fragen, ob er mit dieser Methode Erfolgschancen hat, aber da hatte er sich schon beleidigt weggedreht und murmelte etwas von: „Du bist eben noch nicht so weit.“

Das stimmt und das bin ich bis heute nicht.

Wir haben sie alle schon hundert Mal gehört: Die Geschichten von spirituellen Lehrern, Gurus, Priestern die sich durch ihre „erhöhte, weise“ Position sexuelle Schülerinnen holen. Das gibt es natürlich auch anders herum. Spirituelle Lehrerinnen holen sich Schüler.

In meinem Verständnis funktionieren diese Lehrer-Schüler-Beziehungen nicht. Ein Lehrer bleibt ein Lehrer. Deshalb gibt es so strenge Ehrenkodexe für Therapeuten. Häufig verlieben sich Klienten in ihre Therapeuten. Warum? Hier erfahren die Klienten manchmal zum ersten Mal, dass jemand sie versteht. Das jemand zuhört. Sie erleben eine Nähe, die sie vorher nicht erlebt oder nicht zugelassen haben: „Dieser Therapeut, diese Therapeutin versteht mich! Er schenkt mir ungeteilte Aufmerksamkeit. Er muss mich lieben! Wieso sonst, fühle ich mich dort so wohl?“ In dieser verständlichen Begeisterung und Freude über diese neue Art von Beziehung und Verständigung wird natürlich völlig übersehen, dass der Therapeut diese Aufmerksamkeit auch allen anderen gibt. Jede Stunde jemand anderem..

Diese Bewunderung mag dem Therapeuten schmeicheln und so ist da eine große Versuchung, dem nicht nachzugeben. Nicht jeder hält so einer Versuchung stand und deshalb gibt es strenge Auflagen für Therapeuten sich nicht mit den Klienten und Patienten privat zu treffen. Warum sollte das ausgerechnet für spirituelle Therapeuten nicht gelten?

Die spirituelle Bewegung ist noch sehr frauenlastig. Viele suchen nach einem spirituellen Mann. Da gibt es aber noch nicht so viele. Und so mag ein spiritueller Lehrer, Heiler, Schamane, Meditationslehrer für einen Typ Mann stehen, den wir toll finden und den wir uns wünschen. Wir sehen, wie er bewundert wird – wie er vielleicht selbst, diese Bewunderung unterstützt – und so wird er in unseren Augen begehrenswerter, denn wir glauben „Er muss doch toll sein, wenn ihn so viele anderen Frauen auch toll finden.“

Als ich wieder zu Hause war, skypte ich mit meiner Freundin Eva-Maria Zurhorst, die mit ihrem Mann Wolfram zusammen sehr bekannte Paartherapeuten und Bestseller-Autorin sind. Wir unterhielten uns über diese sogenannte „neue Art der Liebe.“ Eva erzählte mir von einem Vortrag, den sie hörte, bei dem ein Lehrer von seinen Astralreisen erzählte und dass er den besten Orgasmus seines Lebens als Lichtwirbel mit einem anderen Licht hatte.

Was will er uns damit sagen? Unser irdischer Körper hat mit Wohlgefühlen nichts zu tun? Die sind nicht annähernd so gut, wie außerkörperliche Erfahrungen? Ich stellte mir vor, dass er nach dem Orgasmus zu seiner Frau sagt: „War ja ganz nett, aber nicht halb so toll wie bei meiner Astralreise.“

Wir lachten zuerst und merkten schnell, wie sehr wir zwischen ungläubigem Kopfschütteln, schallendem Gelächter und einem „Ich bitte euch, dass kann doch wohl nicht euer Ernst sein?“ schwankten.

Eva, die als Paar-Therapeutin viele Frauen betreut, die sich nur ganz vorsichtig einem Mann und einer Beziehung öffnen können, war wie ich besorgt über diese Aussagen. Besonders besorgt, weil sie unter dem Mantel der Spiritualität vermittelt werden. Als Weisheit. Als Bild, wie es sein „soll“. Wie es sein wird.

Ich hoffe nicht.

Ich rede nicht davon, dass man verschiedene Wahlmöglichkeiten in seinem Liebesleben haben kann. Und wenn eine Dreiergruppierung damit glücklich ist und jeder sich wohl fühlt, ist das deren Sache. Was mich stört, ist die Implementierung, dass wir spirituell noch nicht weit genug entwickelt sind, wenn wir Intimität als zu einander zugewandtes Paar erleben wollen.

Ein Bekannter erzählte mir von seinen zwei Beziehungen. Eine davon hat er schon seit zwanzig Jahren. Sie leben nicht zusammen, wollen das beide nicht, und sie wie er haben andere Beziehungen nebenher. Er würde es nicht Affären nennen. Er nennt es, sich zu verlieben. Wir sprachen eine Weile darüber und ich fragte ihn, ob es nicht auch so ist, dass wenn er bei der einen Frau Probleme hat, er einfach zur anderen geht. Wird so nicht Intimität vermieden? Er schaute mich an, als wenn ich ihm sein Lieblingsspielzeug wegnehmen wollte. „Nein, so sei das ganz und gar nicht“, schüttelte er den Kopf. „Die Liebe ist doch frei!“


Just a guy and a girl sleeping on a pebble beach
© mendhak/flickr

Ja, Liebe ist frei. Wir sind mit dem Liebsten, der Liebsten zusammen, nicht weil wir ohne ihn nicht leben können, sondern weil wir ohne ihn nicht leben wollen. Es ist eine Wahl. Eine Wahl zwischen zwei Menschen, die sich erst einmal selbst lieben und schätzen. Und in diesem schätzen, liegt auch die Wertschätzung des Anderen. In dieser Wertschätzung möchte ich dem Anderen keine Schmerzen zufügen. Liebe ist nicht nur himmelhochjauchzende Freude – Seelenpartner hin oder her - sondern ist eben auch gelegentlich anstrengend, weil wir in längeren Beziehungen tiefer gehen und das ist eben manchmal auch schwierig und erfordert unsere Aufmerksamkeit. Liebe ist eine Kunst, sich auf den anderen einzulassen. Ihn zu lieben, mit all seinen Stärken und Schwächen. Der Aspekt der Spiritualität ist meiner Meinung nach, dass man sich gegenseitig im persönlichen und spirituellen Wachstum unterstützt.

In meiner Beziehung haben wir uns versprochen, uns auf unsere blinden Flecken aufmerksam zu machen. Doch in diesem Aufmerksammachen liegt eine Zärtlichkeit und eine Achtsamkeit. Keiner von uns ist der Schüler. Keiner der Lehrer.

Sexuelle Intimität ist unser Wunsch, dem Göttlichen näher zu sein. Sexualität kann Innigkeit sein, aber auch Sucht. Dann entsteht nur eine kurze Befriedigung, sie erfüllt also nicht, sondern sie sucht den nächsten „Kick“. Und der nächste Kick sind häufig andere PartnerInnen.

Die freie Liebe bedeutet nicht, frei mit jedem zu schlafen, der einem gefällt. Das ist nicht frei.

Das ist suchend.

Natürlich gibt es eine Anziehung zu anderen Menschen. Diese Anziehung mag entweder hormoneller oder spiritueller Natur sein. Bei Teenagern können wir beobachten und uns selbst erinnern, was hormonelle Anziehung macht: Sehr viel Aufregung! Alle paar Tage fühlten wir uns zu jemand anderem hingezogen. Unsere Hormone sind dafür verantwortlich, denn dies ist die Zeit in der wir biologisch für den Nachwuchs und dem Partner dazu sorgen müssen.

Später, wenn wir älter sind und wacher, dann können wir das klarer unterscheiden. Spüre ich die Anziehung, weil meine Hormone da angesprochen werden – natürlich weit über die Pubertät hinaus - oder weil ICH, in meinem gesamten Sein, eine Anziehung spüre?

Wenn wir das unterscheiden können, dann zeigt uns das unser spirituelles Wachsein. Hier beginnt die „freie“ Liebe: Wir entscheiden uns aus der Wahl – und nicht aus der Sucht oder dem Mangel – dass wir eine Partnerschaft, eine innige Nähe eingehen möchten. Wir erkennen klar, wo die Hormone sich melden, und wo sich meine Seele meldet. Und so begeben wir uns auf die Reise von einem gesunden Ich zu einem gesunden Wir. Frei.

Über die Autorin:

Sabrina Fox
© Jorinde Gersina
Sabrina Fox beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit ganzheitlichen Themen. Sie ist Autorin von mittlerweile dreizehn Büchern, beliebte Rednerin und erfahrener Coach. Mit ihrer Mischung aus Wärme und Humor, Mitgefühl und Klarheit gelingt es ihr Leser wie Zuhörer zu inspirieren. Ihre berufliche Laufbahn begann sie als Fotoredakteurin und arbeitete später als Fernsehmoderatorin für die ARD, das ZDF und SAT1. Sie absolvierte Ausbildungen als klinische Hypnosetherapeutin, Mediatorin, Konflikt-Coach und studierte Bildhauerei und Gesang. Sie lebte sechzehn Jahre in Kalifornien und ist seit 2005 wieder in München. Ihre Bücher haben eine Gesamtauflage von einer Million. Ihr neuestes Buch „Kein fliegender Wechsel – Jede Frau wird älter, fragt sich nur wie“ ist im Herbst 2014 erschienen.

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