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Manfred Mohr: "Wenn wir einen Schmerz wirklich zulassen und fühlen, löst er sich auf."


Der Tod eines geliebten Menschen trifft die Zurückbleibenden immer unvorbereitet, selbst wenn ihm eine lange Zeit der Krankheit vorausgeht. Nach dem Verlust seiner Frau Bärbel  befand sich Manfred Mohr zunächst in einer Art Schockstarre. Körperliche Schwäche und mentale Kraftlosigkeit dominierten in der ersten Zeit, in der jeder Tag eine Anstrengung bedeutete und einfach nur bewältigt werden wollte.

Doch es ist wichtig, sich dem Schmerz zu stellen und sich mit ihm auseinanderzusetzen, den Verstorbenen loszulassen und - statt nach dem Warum zu fragen - sich an das zu erinnern, was vom anderen bleibt, und die Liebe im Herzen zu bewahren. Auf diese Weise ist es möglich, den Schmerz zu überwinden, weiterzuleben und sich voller Dankbarkeit für einen Neuanfang zu öffnen.


Manfred Mohr
© www.gu.de
Manfred Mohr
berichtet in seinem Buch "Weiterleben ohne dich" auf berührende und intensive Weise, wie er die Zeit der Trauer erlebte, wie er den Herausforderungen durch Alltag, Arbeit und die Erziehung seiner Kinder begegnete und wie es ihm gelang, mit dem Schmerz umzugehen und im Leben wieder freudvoll Fuß zu fassen. Für Lebe-Liebe-Lache gewährt Manfred Mohr tiefe Einblicke in seine dabei gewonnenen Einsichten .

Manfred Mohr im Lebe-Liebe-Lache Interview mit Annette Maria Böhm

Lebe-Liebe-Lache:
Das Führen eines Tagebuchs ist vielen Menschen sehr hilfreich bei der Verarbeitung von Alltagsproblemen und Konflikten. Umso wichtiger scheint es, ein Tagebuch in Krisen- und Trauerzeiten zu führen. Wie denken Sie darüber?

Manfred Mohr:
Mein Buch „Weiterleben ohne dich“ ist ganz sicher auch so etwas wie ein Tagebuch. Beim Schreiben bin ich immer wieder die vergangenen Jahre durchgegangen, die ich gemeinsam mit meiner verstorbenen Frau erlebt habe, und konnte dabei einfach die Erinnerungen aufsammeln und niederschreiben, die mir in den Sinn kamen. Ganz sicher habe ich dieses Buch darum auch für mich geschrieben, und lasse den Leser einfach an meinen Erfahrungen und Gedanken zu dieser Zeit teilhaben.

Auch ich habe in dieser Zeit nach dem Tod meiner Frau ein Tagebuch geführt, und ich finde es besonders darum so wichtig, da man die Trauerphase möglichst bewusst und in sich zurückgezogen erleben sollte. Ein Tagebuch hilft, den inneren Dialog zu Papier zu bringen, und sich über die eigene Lebenslage mehr Klarheit zu verschaffen. Auch der Kontakt zu nahestehenden Menschen ist für die Hinterbliebenen sehr sinnvoll, um die Erfahrungen besprechen zu können.


Lebe-Liebe-Lache:
Trauer verläuft offensichtlich in verschiedenen Phasen und bei jedem unterschiedlich in der Art, Länge und Intensität. Das hat mit der eigenen Persönlichkeit und dem Verhältnis bzw. der Verbindung zur verstorbenen Person zu tun. Wie haben Sie die unterschiedlichen Phasen Ihrer Trauerzeit erlebt?

Manfred Mohr: Besonders das erste Jahr nach dem Verlust zeigt sich rückblickend als das schwierigste. Wir sprechen ja im Sprachgebrauch gern vom „Trauerjahr“. Ich war gewöhnt, die Termine und Kontakte eines Jahres zum Großteil gemeinsam mit meiner Partnerin zu erledigen. Nun wurde mir bei vielen besonderen Anlässen, die das Jahr ausmachen, erschreckend bewusst, ich würde all diese Erlebnisse nicht mehr mit meiner Frau machen können.

Da sind besonders zu erwähnen die Geburtstage in der Familie, der Sommeranfang, die Feste wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten, und die gemeinsamen Urlaube. Mir ist aber vor allem ein Termin im Jahr ganz wichtig, unser gemeinsames Weihnachtsingen in der Vorweihnachtszeit mit engen Freunden, das auch Bärbel immer sehr genossen hat. Als ich nach ihrem Tod das erste Mal allein zu diesen Freunden im Auto fuhr, fehlte mir meine verstorbene Frau sehr. Nie mehr würden wir diesen heiß geliebten Termin gemeinsam erleben dürfen.


Im ersten Jahr fallen solche Momente noch besonders schwer, und auch im zweiten Jahr ereignen sie sich noch häufig. Meiner Erfahrung nach braucht es drei ganze Jahre, bis sich die Trauer wirklich gelegt hat, auch wenn immer noch einmal eine Erinnerung aufkommen kann an vergangene und gemeinsame Zeiten.
In meinem Buch habe ich diese Phasen gar nicht wirklich unterschieden, mit Respekt auf die Erfahrung jedes einzelnen, der solche Trennungen zu durchleben hat. Man wird den Erfahrungen der Trauernden kaum wirklich gerecht, wenn man scheinbar festgelegte Phasen beschreibt, die doch für jeden Einzelnen ganz anders erlebt werden können.

Bemerkenswert sind vor allem die ersten Wochen nach dem Tod des vertrauten Menschen, da sich über dem Hinterbliebenen ein Berg von schier unlösbaren Aufgaben auftürmt. Dieser ist umso größer, als bei der ersten Zeit der Trauer alle Energie in die seelische Verarbeitung fließt, und für den Körper nur noch eine Art „Notstrom“ übrigbleibt. Immer war ich müde, überfordert und schleppte mich regelrecht durch den Tag. Vieles war zu erledigen, und doch, ich schaffte es nicht, und ging viele Dinge erst nach vielen Monaten an. Mein Körper wollte Ruhe, Rückzug und einfach Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Diese Zeit sollte man sich vor allem in den ersten Wochen und Monaten nach dem Tod eines vertrauten Menschen schenken.


Lebe-Liebe-Lache:
Sie haben mit Ihren Kindern daheim einen Altar für Ihre verstorbene Frau eingerichtet. Wie dürfen wir uns diesen Altar vorstellen?

Manfred Mohr: Für mich war der Tod meiner Frau die erste Gelegenheit, mich wirklich mit Trauer auseinander zu setzen. Viele Fragen stellten sich mir zu ersten Mal: wie gebe ich meiner Frau einen Raum in unserem Haus, der angemessen ist, und mit dem auch meine Kinder ihren Frieden haben?
Da wie gesagt in der ersten Zeit nach dem Tod keine Kraft ist, Vieles wirklich zu durchdenken, war der Impuls, einen Altar zu errichten, sicher intuitiv. Meine Kinder hatten nach dem Tod meiner Frau Bilder für die Mama gemalt, die nun einen Platz brauchten. Als die Beerdigung nach einigen Tagen stattfand, sollte auch im Haus ein Ort für die Trauergäste zu finden sein, wo sie noch einmal Abschied nehmen konnten.


Bärbel Mohr
© www.baerbelmohr.de
So nahm ich ein größeres Veranstaltungsplakat von Bärbel, heftete es auf eine feste Unterlage und stellte es zur Erinnerung in unser Wohnzimmer. An den Platz, der auch immer für den Weihnachtsbaum reserviert ist.

Davor legte ich auf eine Decke die Bilder meiner Kinder, eine Kerze, ein paar Bilder und einen kleinen Engel. Die Freunde und Bekannten ergänzen am Tag der Beerdigung dann diesen Ort um einige Requisiten, die sie mit Bärbel verbunden haben, Steine, einen Schreibstift, Postkarten und noch mehr Kerzen.


Als Weihnachten nahte, musste dieser „Altar“ dem Christbaum weichen, und so siedelte ich ihn in unser Büro um, wo er sich auch heute noch befindet. Er steht nun vor dem Schreibtisch, dem vielleicht angemessensten Ort für eine Schriftstellerin.

Übrigens hatte ich nie wirklich Kontakt zu Friedhöfen und würde auch mit meiner heutigen Erfahrung keinen Grabstein mehr wollen, wenn es für mich an der Zeit ist, zu gehen. Den Altar in unserem Haus empfinde ich als passend, den Grabstein von Bärbel auf dem Friedhof eher nicht. Für mich ist es ein befremdlicher Teil unserer Trauerkultur, noch 20 Jahre oder mehr ein Grab zu pflegen, um die Erinnerung an einen Verstorbenen wach zu halten. Warum braucht es solch ein Ritual, wenn doch jedem freigestellt werden sollte, wie lange und wie intensiv wir unsere Erinnerung an einen Verstobenen im Herzen wachhalten wollen? Zeigt es nicht einen merkwürdigen Umgang mit dem Tod, wenn wir mit Hilfe eines Grabsteines irgendwie noch „hier“ auf Erden sichtbar bleiben wollen?


Lebe-Liebe-Lache:
Welche Rituale waren (sind) Ihnen in der Trauerzeit besonders wichtig?

Manfred Mohr:
Zwei Dinge möchte ich dazu anführen, auch wenn sie vielleicht nicht treffend mit dem Begriff Ritual beschrieben werden können. Das erste ist der Kontakt zur Natur. Trauer und die Verarbeitung von Verlusten brauchen Zeit, die man mit sich alleine verbringt. Mir selbst hat es sehr geholfen, so gut wie täglich Spaziergänge im Wald oder am nahe gelegenen See zu machen. Mir war die Natur wie eine Art Balsam für meine Seele, und da meine Frau im November verstarb, zeigte mir nach einigen sehr dunklen und kalten Monaten die beginnende Vegetation des Frühlings, wie sich das Rad des Lebens weiter dreht. Ich kann jedem in vergleichbaren Situationen nur empfehlen, diese der Natur innewohnende Kraft zu betrachten, um selbst wieder zu Kräften zu finden. Das Leben geht weiter.


Das zweite Ritual ist der Gesang. In den Augenblicken, wo nichts mehr half und wo die Trauer manchmal schier übermächtig zu werden drohte, versuchte ich es einfach mit dem Singen. Zwar habe ich in meinem Leben bisher weder gut noch häufig gesungen, aber ich spürte, es tat mir gut und lenkte meinen Geist auf unbestimmbare Weise hin zu etwas Höherem. Ich nutze den Gesang wie ein Gebet, um mich mit meinem Gott wieder zu verbinden, von dem ich in der ersten Phase der Trauer annehmen musste, er hätte mich verlassen und hätte mich bestraft.

Überhaupt ist es meine Erfahrung, dass der Tod eines geliebten Menschen uns an die Himmelspforte anklopfen lässt mit einem verbitterten „Warum?“. Warum musste mir dies widerfahren? Aber später dann auch, was ist der Sinn? Warum lebe ich eigentlich? Der Gesang half mir sehr durch die Zeiten der Verzweiflung, und heute kann ich sagen, bin ich mehr mit meinem Gott im Reinen.

Aber nicht, weil ich eine Antwort auf diese Fragen gefunden hätte. Viele eher sogar, weil ich irgendwann, ohne es zu merken, aufgehört habe, diese Fragen zu stellen. Als ich aufhörte zu fragen, akzeptierte ich endlich den Umstand des Todes meiner Frau. Und kam damit den entscheidenden Schritt weiter. Denn es gibt wohl Fragen, auf die unser Verstand keine Antwort findet, da es keine gibt. Beim Tod geht es vielmehr um das Erleben und Fühlen, was wir in uns tun, in unserem Herzen. Und der Verstand mit seinem ewiglichen „Warum“ steht uns dabei nur im Weg und hindert uns daran.


Lebe-Liebe-Lache: In der Trauer wird uns oft das Herz sehr schwer und mitunter tut es manchmal so sehr weh, als wolle es zerspringen. An anderen Tagen scheint sich die Kraft schleichend aus unserem Herzen zurückzuziehen. In solchen Momenten kann uns Rosenöl wunderbar tröstende und stärkende Dienste erweisen. Leicht mit dem Finger auf die Herzgegend aufgetragen, hilft uns der Duft von Rosen wieder mehr bei uns zu sein und unser Herz ein wenig weiter zu öffnen. Auch Sie haben Erfahrungen mit Rosenöl gesammelt. Mögen Sie ein wenig darüber erzählen?

Manfred Mohr:
Die Heilkraft von Rosenöl war auch meinem behandelnden Arzt bekannt und er verschrieb es mir sozusagen als „Medikament“. Man sollte Wert darauf legen, ein gutes Öl zu verwenden, das eine gute Potenzierung aufweist. Ich kann aber nicht wirklich aus ganzem Herzen behaupten, wie und ob mir dieses Öl geholfen hat, denn in diesen Zeiten größter Trauer war ich wenig dazu in der Lage, wirklich eine Wirkung feststellen zu können. Was soll man tun, wenn nichts helfen kann? Wenn die Situation ausweglos erscheint?

Ich trug diese Öl etwas hilflos eher wie ein Placebo auf, in meinen dunklen Stunden, und hauptsächlich, um überhaupt etwas für mich tun zu können. Da mein Arzt mir davon Hilfe versprach, hoffte ich wohl schon alleine darum von dieser Prozedur eine Art Heilung.

Jedenfalls schenkte es mir diese Einbildung, und vielleicht war es schon alleine dies, was irgendwie weiterhalf.
Für mich war mehr als das Rosenöl die wichtigste Erkenntnis, weiter zu gehen, wenn auch langsam. Einfach nur dazuliegen, ohne irgendetwas zu tun, es war beklemmend und vollkommen erschreckend. Da ist es viel angenehmer, das Öl in die Hand zu nehmen, den Duft zu riechen, das Öl zu verreiben und aufzutragen, und auf diese Weise sinnvoll beschäftigt zu sein. In dem Glauben, man tue sich etwas Gutes dabei. Das Öl und das Handtieren damit half mir über eine weitere Nacht, und nach einer Reihe von dunklen Nächten zeigte sich dann der Frühling, und es wurde wieder heller in meinem Leben.


Lebe-Liebe-Lache:
Können Verstorbene gegenwärtig sein und noch etwas bewirken?

Manfred Mohr:
Ich persönlich habe nach Bärbels Tod eher zufällig Kontakt zu ihr erhalten, als ich am Ort unserer spirituellen Hochzeit in den Schweizer Bergen meditierte. Ohne Absicht kam mir Bärbel in den Sinn, und ich sah sie quietschlebendig tanzend und voller Freude. Für mich kam der Gedanke, sie sei nun im siebenten Himmel und wollte mir durch ihr Erscheinen sagen, es geht ihr gut, und sie macht ihre Arbeit nun weiter, anders zwar als vorher als Mensch, aber umfassender und ganzheitlicher für die ganze Erde.

Ich darf daher sagen, ich habe Bärbel nach ihrem Tod erlebt, dies scheint also wirklich möglich zu sein. Und die Tatsache, dass sie weiterhin ihrer Aufgabe nachgeht, und diese Arbeit nicht an den irdischen Körper gebunden ist, kommt mir ebenfalls sehr plausibel vor. Wir sind viel mehr, als wir allgemein glauben und verstehen können, nicht nur Körper und Geist.

Ich habe aber immer davon Abstand genommen, meine verstorbene Frau mit hinein in meine weltlichen Fragen zu ziehen. Niemals hatte ich das Gefühl, Kontakt zu ihr aufnehmen zu müssen, um bestimmte Dinge mir ihr zu besprechen, beispielsweise was die Erziehung der Kinder betrifft. Würde ich sie immerfort befragen, so ist mein Gefühl, ich würde sie hier auf der Erde festhalten, und nicht wirklich loslassen. Sie hat ihren Sinn des Erdenlebens erfüllt, und geht nun neuen Aufgaben nach. Dabei möchte ich sie frei lassen, auch frei darin, wann immer sie es für richtig hält, bei uns vorzusprechen, und sich zu melden. So wie sie es an unserem Hochzeitsplatz getan hat.

Ganz bestimmt wirkt auch weiterhin Bärbels Lebenswerk durch sich selbst. Sie ist sicher durch ihre vielen Bücher in gewisser Weise „unsterblich“ geworden, und auch heute noch sprechen mich immer wieder Menschen auf meinen Vorträgen an, um mir ihr Mitgefühl kund zu tun, und um sich für die vielen guten Anregungen aus den Büchern zu bedanken.


Manfred Mohr

Manfred Mohr:
Das, was dich am anderen stört, bleibt unverändert, bis du es akzeptierst (Chuck Spezzano). Akzeptanz und Annahme sind für mich dabei nur andere Worte für Liebe.

Manfred Mohr:
Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit dem hawaiianischen Hooponopono und besonders der von Bärbel und mir abgeleiteten Technik, dem „Hoppen“. Beim Hoppen nehme ich einfach den Teil in mir in mein Herz, der mit einem äußeren Problem korrespondiert, und schenke ihm meine Liebe. Diese Technik basiert auf dem Grundsatz der Mystiker unseres Mittelalters, dass „außen gleich innen und innen gleich außen ist“. Darum spiegelt ein scheinbar äußeres Problem nur ein verstecktes, inneres Problem in mir selbst. Nehme ich Kontakt zu meiner Liebe im Herzen und bitte sie um Heilung meines inneren Problems, dann kann es häufig geschehen, dass sie das äußere Problem verbessert oder auflöst, sei es ein Streit oder eine Ungerechtigkeit, die ich erlebt habe. Darum würde ich meine Seminare zum Hoppen oder auch zum „Wunder der Selbstliebe“ hier gern als eine Form von „Liebestat“ anführen: ich verführe die Menschen dazu, ihre Liebe im Herzen zu spüren und zum Lösen von Problemen einzusetzen.

Manfred Mohr:
Mein Sohn ist jetzt 12 und hat seit Neuestem einen eigene IPad. Als ich ihm vor kurzem erzählte, dass wir in den Sommerferien auf einer kleinen Reise alte Bekannte von mir besuchen würden, platze er heraus: „Papa, haben die auch WLAN?“ Das war seine wichtigste Frage! So ändern sich die Zeiten! Früher wollte er höchsten wissen, ob dort ein Spielplatz oder ein Schwimmbad in der Nähe wäre.
Manfred Mohr - Portrait


Lebe-Liebe-Lache:
Genauso wie unterschiedliche Rituale und Symbole Trost geben können, kann Musik auf seine einmalig emotionale Weise eine Möglichkeit sein, innere Ruhe zu finden und uns so Kraft für einen Neuanfang schenken. Welche Musikstücke haben Sie durch Ihre schwierigen Phasen getragen?

Manfred Mohr:
Wie gesagt habe ich eher selbst gesungen. Dabei waren dies zumeist Kirchenlieder, wie wir sie aus der christlichen Tradition kennen. Mein Lieblings-Mantra war jedoch „Let me do thy will, Allah“, „lass mich deinen Willen tun, Gott“- es stammt aus dem arabischen Kulturkreis und wird besonders gern im Sufismus gesungen, dem mystischen Zweig des Islam.

Ich muss aber anfügen, besonders verbunden fühlte ich mich seither mit der Musik Herbert Grönemeyers, der auch den Tod seiner geliebten Frau durchlebte und diese Zeit in Form von Liedern bewältigt hat. Genau wie ich dieses Buch „Weiterleben ohne dich“ auch für mich geschrieben habe, so hat er seine Lieder zum Tod seiner verstorbenen Frau vor allem als Verarbeitung der Erfahrungen gemacht. Er dachte gar nicht daran, sie einmal zu veröffentlichen.

Viele Menschen kommen zu mir, die auch den Verlust eines geliebten Menschen durchlebt haben, und zu ihnen verspüre ich eine große Verbundenheit, die sicher nur nachvollziehen kann, wer Gleiches durchlebt und erfahren hat. Herbert Grönemeyer hat in seiner Musik ausgedrückt, was viele spüren, in solchen Momenten der Trauer. Auf unnachahmliche Art. Immer, wenn ich „ein Stück vom Himmel“ im Radio höre, ist diese Zeit des Verlustes wieder spürbar und ganz nah.


Lebe-Liebe-Lache: Einschneidende Erlebnisse, können langfristig gesehen Chancen der Veränderung sein und uns Entwicklung und Wachstum schenken. Aus unserem Schmerz kann so etwas Kostbares entstehen. Können Sie das aus eigener Erfahrung bestätigen?

Manfred Mohr:An dieser Stelle würde ich sogar gern Bärbel selbst noch einmal zitieren. In „Der kosmische Bestellservice“ beschreibt sie im Nachwort eine Situation, als sie sich von einem früheren Beziehungspartner trennte. Sie hatte gehört, das Verdrängen von Traurigkeit zöge diese nur unnötig in die Länge. Also nahm sie sich, pragmatisch wie sie war, ein Wochenende Zeit zum Betrauern ihrer verflossenen Liebe. Sie zog die Fenster zu, stecke das Telefon aus, und legte eine Menge Taschentücher bereit.

Sie nannte das später ein „Heul-In.“ Und dann weinte sie, etwa 15 Minuten lang. Und dann- hatte sie einen furchtbaren Lachanfall, und rollte sich kugelnd am Boden. Sie wollte danach noch weiter trauern, aber da war nichts mehr, sie war einmal ganz durch die Trauer durchgegangen, ohne sie zu verdrängen. Diese wenigen Minuten waren genug. Also zog sie die Fenster wieder auf, steckte das Telefon wieder ein und ging mit einer guten Freundin zum Essen aus.

Bärbel und Manfred Mohr
© www.baerbelmohr.de
Diese Erfahrung habe ich auch in früheren Trennungen und auch beim Tod von Bärbel machen dürfen. Wenn wir einen Schmerz wirklich zulassen und fühlen, er löst sich auf, ja, er verwandelt sich in sein Gegenteil, in Glück und Freude. Das hört sich jedoch einfacher an, als es wirklich ist, denn es ist nur allzu leicht, dem Schmerz oder der Trauer auszuweichen, und sich auf vielfältige Weise abzulenken.

Darum finde ich es besonders wichtig, der Trauer Raum und Zeit zu geben, alleine in der Natur spazieren zu gehen, und einfach öfter für sich alleine mit der Trauer umgehen zu lernen.
Allgemein möchte ich sagen, gehört Lachen und Weinen zusammen, so wie auch das Leben ohne den Tod nicht vorstellbar ist. Die Freude wie der Schmerz sind Teil unseres Lebens, und wir haben ein Leben lang Zeit geschenkt bekommen, mit dieser Tatsache erwachsen umgehen zu lernen.


So wie die Jahreszeiten abwechseln und jede ihren Sinn hat, so sind auch unsere Lebensphasen von Freud und Leid sinnvoll und haben ihren Zweck. Mir hat die Zeit der Trauer eine große Demut dem Leben gegenüber geschenkt, und ich darf sagen, heute lebe ich viel bewusster und kann die Momente des Lebens viel achtsamer genießen und erfahren.

Lebe-Liebe-Lache: "Wird sind auf Erden, um die Liebe zu finden"... resümieren Sie in Ihrem Buch. Mögen Sie dazu einige Ihrer Gedankengänge mit unseren Lesern teilen ?

Manfred Mohr:
In den uralten vedischen Schriften des indischen Kulturraumes sind die Worte überliefert: „Tat tvam asi“- sie bedeuten, „das, was du wahrnimmst, und das, was du zu sein glaubst, ist ungeteilt, also eins.“ Für mich haben diese Sätze eine große Bewandtnis. So, wie ich bin, so sehe ich auch die Welt da draußen. Mein Bewusstsein entscheidet also mit darüber, wie ich die Welt erlebe und sehe. Wenn die Welt für mich falsch und schlecht und kritisierbar ist, dann zeigt mir dies nur meinen Bewusstseinszustand an, der dem entspricht. Also könnte ich dem vedischen Grundsatz folgend sagen: Ich selbst bin schlecht und falsch und projiziere dieses Falsche nur nach außen, auf die Welt.


Wir sind auf der Erde, um die Liebe zu finden. Dieser Satz kann nur im Zusammenhang mit der vedischen Tradition verstanden werden. Wenn ich mein Bewusstsein verwandeln und verbessern kann, dann merke ich dies daran, dass die Welt gar nicht mehr so falsch und schlecht für mich erscheint. Plötzlich sehe ich viel häufiger lachende Menschen, plötzlich scheint die Sonne besonders warm.

Ich registriere die Welt viel aufmerksamer, und komme immer mehr in Akzeptanz mit ihr. Im Idealfall, am Ende dieser Entwicklung, finde ich schließlich die Welt ganz in Ordnung, wie sie ist. Alles, was ist, ist dann gut. Und vielleicht, werde ich es selbst dann auch, eines Tages: richtig und ganz in Ordnung. Und dann brauche ich meinen Minderwert nicht mehr auf die Welt und andere Menschen da draußen zu projizieren. Dann habe ich in die Liebe gefunden.


Mehr von und über Manfred Mohr unter: www.manfredmohr.de


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